Mit Enttäuschung hat die Leitung der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität die Nachricht aufgenommen, dass die Bonner Hochschule nach dem Willen von NRW-Bildungsministerin Gabriele Behler vorerst nicht am Modell-versuch einer gestuften Lehrerausbildung teilnehmen darf. Dies bedeutet das faktische Aus für die Lehramtsausbildung an der Universität, denn die Landesregierung hatte im vergangenen Jahr bereits die Einstellung der Lehrerausbildung nach altem Muster am Standort Bonn verfügt. "Das ist ein schmerzhafter Verlust für unsere Universität und ein rabenschwarzer Tag für die Schullandschaft in Nordrhein-Westfalen", kommentierte Prorektor Professor Dr. Matthihias Herdegen die Mitteilung. "Die Landesregierung hätte den Schülern des Landes die Chance geben sollen, von unserem Ausbildungskonzept zu profitieren."
Das Ministerium und die Bonner Universität hätten sehr unterschiedliche Vorstellungen von einer guten Lehrerausbildung, urteilte der Prorektor. "Wir halten fachwissenschaftliche Exzellenz auch bei der Lehramtsausbildung für unverzichtbar!" Die Universität hatte in ihrem Konzept zwar eine ganze Reihe neuer Fachdidaktikstellen vorgesehen, was dem Ministerium aber nicht reichte: Es habe von der Bonner Universität verlangt, noch mehr Ressourcen für die Fachdidaktik bereitzustellen, sagte Professor Herdegen. Dies könne die Universität aber nicht leisten; sie muss infolge des sogenannten Qualitätspaktes in den nächsten Jahren 158 Stellen abbauen.
Seit ihrer Gründung im Jahr 1818 hat die Bonner Universität immer auch Lehrkräfte für den Schuldienst ausgebildet. Die Lehramtsfächer Ernährungs- und Hauswirtschaftswissenschaft sowie Lebensmitteltechnologie konnten in Nordrhein-Westfalen sogar nur in Bonn studiert werden, wo die einzige Landwirtschaftliche Fakultät angesiedelt ist. Die Zukunft der Ausbildung von katholischen und evangelischen Religionslehrern in Bonn ist noch unklar, denn hier gelten andere rechtliche Grundlagen als für die übrigen Lehramtsfächer. Professor Herdegen: "Dafür scheint jedenfalls die Spitze der Landesregierung sensibilisiert zu sein."
Die Bonner Universität sieht in dem Verlust eines traditionellen Unterrichtszweigs auch eine Chance, sich auf ihre Stärken zu konzentrieren und sich weiter als Forschungsuniversität zu profilieren. Der Dekan der von der heutigen Entscheidung besonders betroffenen Philosophischen Fakultät, Professor Dr. Georg Rudinger, betonte: "Die Strategie der Universität zur Schärfung ihres Profils liegt in der Bildung von interdisziplinären Zentren. Damit machen wir den Schritt von der Qualität zur Exzellenz!" Dazu sollen auch neue attraktive Studiengänge im Zuge der Zentrenbildung beitragen, mit denen der Verlust von Studierenden, der mit dem Wegfall der Lehrerausbildung einher geht, ausgeglichen werden soll.
Hintergrund
Zentren schärfen das Profil der Universität Bonn
Die Universität Bonn versteht sich selbst als eine international ausgerichtete Forschungsuniversität. Im Sinne einer Profilbildung hat die Universität als besondere Stärken die Bereiche Mathematik, Lebenswissenschaften, Erforschung der Materie, Europawissenschaften, Ökonomie, Asienwissenschaften und Entwicklungsforschung, Umweltwissenschaft, Kommunikationswissenschaft und bestimmte Bereiche der Medizin identifiziert. Um die Zusammenarbeit ihrer Wissenschaftler über Fächer- und Institutsgrenzen zu fördern, setzt die Bonner Universität verstärkt auf die Bildung von interdisziplinären Zentren. Viele Zentren erweitern gleichzeitig das Lehrangebot um neue interdisziplinäre Studienangebote. Hier einige Beispiele:
Besonders groß ist die Zentren-Dichte an der Philosophischen Fakultät: Zusammenschlüsse mit regionaler Orientierung wie das Bonner Asienzentrum und das Nordamerika-programm sind bereits seit Jahren eine feste Größe in Forschung und Lehre. Sie ergänzen das Lehrangebot der Universität durch regional bezogene und internationale Studiengänge. Hierzu zählt auch das bilaterale Programm Deutsch-italienische Studien.
Die Fachkompetenz der sprachlichen und musischen Fächer der Philosophischen Fakultät bündelt das Zentrum für Kommunikations- und Medienwissenschaft (ZfKM). Es schlägt eine Brücke zwischen den traditionellen Fächern der Fakultät und mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern, schafft eine Basis für gemeinsame Forschungsprojekte und bietet die stark nachgefragten Studiengänge "Kommunikationsforschung und Phonetik" und "Medienwissenschaft" an.
Das Zentrum für Evaluation und Methoden (ZEM) plant und verwirklicht empirische Studien mit Partnern innerhalb und außerhalb der Universität. Dazu wendet es qualitative und quantitative Methoden an, um Evaluationsaufgaben praxisnah zu lösen. In den nächsten Jahren wird das ZEM eine Harmonisierung der empirischen Methoden- und Statistikausbildung an der Universität verwirklichen.
Auch über Fakultätsgrenzen hinweg tragen Zentren an der Universität Bonn zur Profilbildung bei. So wurde im vergangenen Jahr ein Technologiezentrum Geoinformation ins Leben gerufen; es vereint Geodäten, Kartographen und Geographen, aber auch Informatiker und Agrarwissenschaftler. Eine weiteres Zentrum wurde 2001 auf einem ebenfalls apparativ aufwendigen Forschungsfeld gegründet: Geographen, Agrarwissenschaftler und Entwicklungsforscher nutzen im Rahmen des Zentrums für Fernerkundung der Landoberfläche gemeinsam Ressourcen für die Forschung und kooperieren auf dem Gebiet der Lehre. Diese Beispiele stehen für andere.
In dem Centre of Excellence "LIMES" (Life and Medical Sciences Bonn) arbeiten Experten aus Biologie, Chemie, Pharmazie und Medizin systematisch zusammen, um komplexe Lebensvorgänge zu entschlüsseln und neue Behandlungsstrategien von Erkrankungen zu entwickeln. Auch ein interdisziplinärer Studiengang "Molekulare Biomedizin" befindet sich in der Planung. LIMES arbeitet aufs engste mit "Life & Brain" zusammen, einem Projekt, das auch aus Ausgleichsmitteln gefördert werden wird.
Merkmale dieser Pressemitteilung:
fachunabhängig
überregional
Studium und Lehre, Wissenschaftspolitik
Deutsch
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