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29.04.1998 00:00

Weltkongress für Mathematik

Ramona Ehret Stabsstelle Kommunikation, Events und Alumni
Technische Universität Berlin

    2. Vorankuendigung: KNUELLERLISTE

    International Congress of Mathematicians

    Weltkongress Berlin ist vom 18. bis 27. August 1998 das Zentrum der mathematischen Welt

    Mit unserer Medieninformation Nr. 19 vom 19. Januar 1998 haben wir Sie in einer ersten Ankuendigung darueber informiert, dass die groesste und wichtigste, alle vier Jahre veranstaltete mathematische Tagung weltweit, der "International Congress of Mathematicians" in Berlin stattfindet. (Die Medieninformation senden wir Ihnen gern noch einmal zu: Tel.: 030/314-22919.)

    Natuerlich wird es auf dem Kongress viele mathematische Themen geben, die nur unter Fachleuten Aufmerksamkeit erregen. Doch sowohl im wissenschaftlichen Programm als auch im populaerwissenschaftlichen Tagungsprogramm an der Berliner Urania finden sich allgemein zugaengliche Themen. Fuer Ihre Berichterstattung haben wir Ihnen deshalb schon jetzt eine Liste von Themen zusammengestellt, die - bei der Schwere des Metiers - allgemein verstaendliche Themen sind. Wir hoffen, mit dieser "Knuellerliste" Fragen und Probleme der Mathematik einem breiten Publikum naeherzubringen:

    In den vergangenen Jahren hat die Mathematik bereits oefters das Interesse der Oeffentlichkeit geweckt. Folgende Themenbereiche, die auch waehrend des Kongresses in Berlin eine Rolle spielen werden, spiegeln aktuelle Entwicklungen der mathematischen Forschung wider:

    Kryptologie: Man denke an digitale Unterschriften und die sichere Verschluesselung der Internet-Kommunikation. Wavelets: Sie werden vor allem zur Kompression von Daten benutzt, um diese schneller uebertragen oder speichern zu koennen. Chaos: Die aesthetischen Bilder der Fraktale hat vor einigen Jahren grosse Aufmerksamkeit hervorgerufen. Die Anwendungen der "Chaostheorie" reichen ueber die Physik bis zur Medizin (s.u.). Optimierung: Mit mathematische Methoden lassen sich Busplaene optimieren, Lager effizienter verwalten und Stewardessen kostenguenstig und gemaess der komplizierten Arbeitsbedingungen fuer Fluege einteilen. Millionenbetraege werden dadurch eingespart. Komplexitaet: Klassisches Beispiel fuer den Versuch, die Natur durch mathematische Modelle zu beschreiben, ist die Wettervorhersage. Auch beim Testen neuer Materialien oder dem Bau leiserer Flugzeuge kommen Computersimulationen zum Einsatz. Immer wieder zeigt sich die Natur als komplexer als erwartet, so dass stets neue mathematische Modelle entwickelt werden muessen, um den Anwendungen in Naturwissenschaft und Technik gerecht zu werden.

    Zu den folgenden fuenf Themen werden in Berlin hochrangige Wissenschaftler - in einer durchaus verstaendlichen Form - vortragen:

    Evolution und Mathematik

    1. Die Spielplaene der Natur

    Foerdert die Evolution die Kooperation unter den Lebewesen, oder haben die Ausnuetzer und Falschspieler per Naturgesetz die Oberhand? Eine Frage, der Spieltheoretiker bereits Ende der 70er Jahre nachgingen. Beruehmt geworden ist das von Robert Axelrod initiierte Turnier unter Computerprogrammen. Gewonnen hat damals die Strategie "Tit-for-Tat": Kooperiere, wenn auch der andere kooperiert - breche die Zusammenarbeit ab, wenn der andere sich unkooperativ zeigt. Lange wurde angenommen, "Tit-for-Tat" spiegele die Wirklichkeit gut wider. Doch die reale Welt ist bedeutend komplizierter: Zufaelle stoeren die Kommunikation, Mutationen sind zu beruecksichtigen. Werden sie modelliert, entsteht bei einer Tit-for-Tat-Population eine Kultur der Kooperation, die durch neue Lebewesen schnell ausgenutzt werden kann. In einer Reihe von Veroeffentlichungen in "Nature" stellten Karl Sigmund aus Wien und Martin Nowak aus Oxford 1992/93 verfeinerte Modelle und eine Strategie vor, die der Umwelt besser zu entsprechen scheint: die sogenannte Pavlov-Strategie. Scientific American hat die Ergebnisse von Sigmund als "mindestens so interessant wie das Computer-Turnier von Axelrod" bezeichnet (Ausgabe Oktober 1993, Seite 12). In Deutschland sind diese neuen Theorien bislang wenig beachtet worden.

    Prof. Dr. Karl Sigmund haelt einen der Plenarvortraege auf dem Kongress (Adresse: Universitaet Wien, Institut fuer Mathematik, Boltzmanngasse 9, A-1090 Wien). Prof. Sigmund veroeffentlichte ein populaerwissenschaftliches Buch zum Thema "Spielplaene", erschienen 1997 als Knaur-Taschenbuch. Beachten Sie auch den Beitrag "The Arithmetics of Mutual Help" von Martin Nowak, Robert May und Karl Sigmund, in Scientific American, Band 272 Nr. 6 (Juni 1995), Seiten 50 - 55.

    2. Die Gene verraten unsere Abstammungsgeschichte

    Um den Stammbaum der Lebewesen zu ermitteln, sammeln Biologen vor allem die aeusseren Merkmale der Tiere und Pflanzen. Doch auch die Analyse ihres genetischen Materials kann deren Stammesgeschichte verraten und erlaubt teilweise sogar weitreichendere Schlussfolgerungen als die bisherigen Methoden. Das Problem: Die in dem Erbmaterial gespeicherte Information ist so gross, dass die Auswertung nur mit Computern und effizienten Algorithmen moeglich ist. Andreas Dress aus Bielefeld hat (zusammen mit Nobelpreistraeger Manfred Eigen, Goettingen, und Hans-Juergen Bandelt aus Hamburg) mathematische Methoden entwickelt, um aus dem enormen Datenmaterial der mikrobiologischen Institute Stammbaeume - beispielsweise von Bakterienarten - zu rekonstruieren. Dabei entstand eine ueberraschend geschlossene und inhaltsreiche mathematische Theorie. Sie erlaubt es, Sequenzdaten als UEberlagerung elementarer Strukturen aufzufassen (vergleichbar der Fourier-Analyse, die Signale in ihre periodischen Bestandteile zerlegt).

    Prof. Dr. Andreas Dress traegt in der Abteilung "Angewandte Mathematik" auf dem Kongress vor. Er ist vor einigen Jahren durch die Klassifizierung der Pflasterungen der Ebene bekannt geworden (Adresse: Universitaet Bielefeld, Postfach 10 01 31, 33501 Bielefeld). Bitte beachten Sie den Beitrag "Die Formensprache der Natur als Gegenstand der Mathematik" von Andreas Dress, in dem Heft Forschung an der Universitaet Bielefeld, Nr.5/1992.

    Mathematik und Alltag Populaerwissenschaftliche Vortraege an der Berliner Urania

    3. Die Mathematik des CD-Players

    Beim Abtasten einer CD koennen Fehler auftauchen: Der Laser kann sich verstellen, Schmutz oder Kratzer koennen das Licht ablenken. Daher ist die Musik auf der CD so gespeichert, dass der CD-Player trotz fehlerhaftem Lesen die Musik richtig wiedergeben kann. Dafuer sorgen mathematische Codierungsverfahren, die der ISBN-Nummer bei Buechern vergleichbar ist. Hier ist die letzte Ziffer eine Pruefziffer; passt sie mit den vorangegangenen Zahlen nicht zusammen (was mit einer einfachen Formel auszurechnen ist), so muss ein Abschreib- oder Druckfehler vorliegen. Die Codierung der CD ist nun so geschickt gewaehlt, dass Fehler nicht nur erkannt, sondern auch automatisch korrigiert werden koennen.

    Referent: Jacobus H. van Lindt, Techische Universitaet Bos 513, NL-5600 MB Eindhoven.

    4. Finanzmathematik

    Seit den 70er Jahren wird an den Finanzmaerkten mit sogenannten Derivaten gehandelt - eine Art Versicherung fuer den Aktien- oder Waehrungshandel: Kunden koennen gegen eine Gebuehr bei der Bank die Garantie kaufen, bestimmte Wertpapiere zu einem bestimmten Zeitpunkt zu einem vorher festgelegten Preis zu erstehen oder abzugeben. So schuetzt man sich gegen unvorhersehbare Kursschwankungen. Mit Hilfe der sogenannten Black-Scholes-Formel kann der Preis dieser Derivate berechnet werden. Im vergangenen Jahr wurden die Erfinder dieser mathematischen Formel mit dem Wirtschaftsnobelpreis ausgezeichnet. Um einen realistischen Wert zu finden, versucht man, das zugrundeliegende mathematische Modell weiter der komplexen Finanzwelt anzupassen - ein boomendes Gebiet innerhalb der mathematischen Finanzwissenschaften.

    Referent: Walter Schachermayer, Institut fuer Statistik und Operations Research der Universitaet Wien, Bruenner Str. 72, A-1210 Wien.

    5. Frueherkennung von Brustkrebs

    Mathematik und Medizin sind enger verflochten, als man gemeinhin annimmt. Klassisches Beispiel ist die Computertomographie: Mathematische Verfahren, die Schnittbilder des Kopfes eines Menschen zu einem Gesamtbild zusammensetzen, bilden den Kern dieser Technik. Neuere medizinische Anwendungen der Mathematik kommen aus dem Institut von Prof. Hans-Otto Peitgen in Bremen. Er stellt Methoden zur computerunterstuetzten Leberchirugie und zur Frueherkennung von Brustkrebs vor.

    Referent: Hans-Otto Peitgen (Centrum fuer Medizinische Diagnosesysteme und Visualisierung GmbH, Universitaetsstr.29, 28359 Bremen).

    Die weiteren Vortraege in der Berliner Urania gehen der kulturellen Rolle der Mathematik nach. Wir freuen uns besonders, dass der Schriftsteller Hans-Magnus Enzensberger sein Kommen zugesagt hat. Ein Schwerpunkt der Urania-Vortraege liegt bei der Beziehung von Mathematik und Musik. Peter Hoffmann vom Xenakis-Institut in Paris berichtet von den mathematischen Spuren in der Musik von Xenakis. Der Komponist und Direktor des Instituts fuer Neue Musik der Hochschule der Kuenste Berlin, Orm Finnendahl, spricht ueber die mathematischen Verfahren in seinen Kompositionen; eine Auffuehrung einer Auswahl seiner Stuecke ist geplant.

    Dass Mathematik im woertlichen Sinne erlebbar sein kann, moechte die Ausstellung "Mathematik zum Anfassen" beweisen, die waehrend des Kongresses in der Urania zu sehen sein wird. Sie wurde von dem Giessener Mathematik-Professor Albrecht Beutelsbacher initiiert und war bereits im Maerz in Giessen zu sehen, wo sie grosses Lob von Mathematikern, Lehrern, Schuelern und Journalisten erhielt. Die Exponate reichen vom meterhohen Zylinder aus Seifenhaut, ueber Geheimschriften, bis zu einem Kaleidoskop, in das man hineinkrabbeln kann. Prof. Beutelspacher plant in Giessen ein eigenes Mathematik-Museum, bei dem Spass und Ausprobieren genauso im Vordergrund steht.

    Uebrigens eine der Urania-Veranstaltungen wird das Verhaeltnis von Mathematik und Medien beleuchten. "Geisterfahrer des Journalismus - Wie kommt die Mathematik in die Zeitung?" ist der Vortrag von Gero von Randow ("Die Zeit") ueberschrieben. Antworten, Anregungen und vor allem aktuelle Beispiele in gedruckter oder gesendeter Form sind herzlich willkommen.

    Vasco Alexander Schmidt Deutsche Mathematiker-Vereinigung

    Anfang August erhalten Sie weitere Informationen zum Kongress, das vollstaendige Programm des populaerwissenschaftlichen Beiprogramms sowie die Einladung zur Pressekonferenz (Termin: voraussichtlich 18. August - bitte vormerken!).

    Weitere Informationen erteilen Ihnen

    - Prof. Dr. Martin Groetschel, Fachbereich Mathematik der TU Berlin und Vizepraesident Konrad-Zuse-Zentrum fuer Informationstechnik Berlin (ZIB), Tel.: (030) 84185-210, E-Mail: groetschel@zib.de,

    - Prof. Dr. Martin Aigner, Oeffentlichkeitsarbeit zum Kongress, Tel.: (030)838-75443, E-Mail:aigner@math.fu-berlin.de sowie Dr. Kristina Zerges, Leiterin des Presse- und Informationsreferates der TU Berlin, Tel.: 030/314-22919, Fax: 23909, E-Mail: pressestelle@tu-berlin.de.

    Weitere Informationen zum Kongress finden Sie auch im Internet: http://elib.zib.de/ICM98.

    Medieninformation ist im WWW: http://www.tu-berlin.de/presse/pi/1998/pi95.htm


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Mathematik, Medizin, Physik / Astronomie
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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