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16.02.2012 09:00

Schritt für Schritt – Massereiche Sterne in W3Main wurden nicht gleichzeitig geboren

Dr. Klaus Jäger Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für Astronomie

    Mit Hilfe des LUCI-1-Instruments am größten Teleskop der Welt, dem Large Binocular Telescope (LBT), haben Astronomen deutscher Institute erstmals entdeckt, dass die massereichen Sterne in der Sternentstehungsregion W3Main nicht gleichzeitig geboren wurden. Diese Entdeckung hat wichtige Folgen für unser Verständnis der Sternentstehung und stellt das bisherige Bild in Frage, nachdem sich solche Sterngruppen in einem einzigen Ereignis bilden. Schon in den letzten Jahren häuften sich Hinweise, dass dieser Prozess meistens offenbar komplexer abläuft. Dank der neuen Beobachtungen wissen wir nun, dass Sterne sich nacheinander über einen Zeitraum von mehreren Millionen Jahren bilden können.

    Massereiche Sterne – also Sterne mit 10 bis 100 Sonnenmassen – bilden sich immer zusammen in Gruppen oder Haufen innerhalb von dichten Wolken aus Gas und Staub – so genannten Molekülwolken. Ein Beispiel einer solchen Umgebung in unserer eigenen Galaxie, der Milchstraße, ist W3Main in einer Entfernung von 6000 Lichtjahren. W3Main ist Teil einer größeren Sternentstehungsregion im nördlichen Sternbild Kassiopeia. Die Annahme, dass alle Sterne in solchen Gebieten gleichzeitig entstehen, ist seit langem in Frage gestellt. Vielmehr ist denkbar, dass eine zuerst entstandene Generation von Sternen die Bildung einer späteren Generation erst bewirkt oder zumindest beeinflusst. Der einzige Weg, die tatsächliche Geschichte und den Zeitraum der Sternentstehung zu bestimmen, besteht darin, das genaue Alter der Sterne zu messen.

    Solche Beobachtungen sind eine Herausforderung, weil sich massereiche Sterne tief eingebettet in Molekülwolken bilden und deshalb versteckt sind hinter einem dichten und scheinbar undurchdringlichen Vorhang aus Gas und Staub. Dies macht ihre Geburt und die Frühphasen ihres Lebens unbeobachtbar für Teleskope, die im sichtbaren Licht arbeiten. Glücklicherweise kann man mit Beobachtungen bei längeren Wellenlängen im Nahinfrarot durch den Staub hindurch sehen und die versteckten Sterne beobachten.

    Das neue LUCI-1 Instrument am LBT – ein Vielzweckinstrument für Spektren und Bilder im Nahinfrarot – ist perfekt geeignet um solche jungen und kürzlich entstandenen massereichen Sterne zu studieren und deren Alter zu messen.
    Zum Vergleich zeigt Abb. 1 das LUCI-1 Bild von W3Main im Nahinfrarot (oben links) und ein Bild im sichtbaren Licht (oben rechts). Während das normale Bild nur wenige Sterne zeigt, enthüllt das LUCI-1 Bild eine reiche Gruppe junger Sterne.

    Bilder liefern jedoch nur Informationen zu den Helligkeiten und Farben der Sterne und sind deshalb nur begrenzt nützlich, um genaue stellare Eigenschaften zu ermitteln. Spektren hingegen sind wie Fingerabdrücke und erlauben eine viel bessere Charakterisierung. Dort wird das Licht wie bei einem Regenbogen in seine individuellen Farben (Wellenlängen) zerlegt und es zeigen sich dabei eine Menge Spektrallinien die Aufschluss über den chemischen und physikalischen Zustand geben. Dies erlaubt die Bestimmung ihres Spektraltyps und damit eine genaue Messung der Leuchtkraft und Temperatur. Daraus wiederum kann im Vergleich mit Sternentwicklungsmodellen das Alter präzise bestimmt werden.
    Spektren von einer repräsentativen Zahl der fernen und damit lichtschwachen Sterne in W3Main zu erhalten erfordert jedoch lange Beobachtungszeiten, um die notwendige Menge an Licht zu sammeln – auch mit den größten Teleskopen.
    Doch jetzt gelang es einer Gruppe von Wissenschaftlern unter der Leitung von Dr. Arjan Bik vom Max-Planck Institut für Astronomie in Heidelberg, hochqualitative Spektren von 16 der massereichsten Sterne in W3Main gleichzeitig zu messen (vgl. Abb. 2). Dies war möglich durch die Verwendung des Multi-Objekt-Spektroskopie-Modus (MOS) von LUCI-1 am LBT.

    »Zum ersten Mal waren wir in der Lage, das Alter von verschiedenen Sternen innerhalb von W3Main und die Zeitspanne ihrer Entstehung zu bestimmen«, so Dr. Arjan Bik, der Erstautor der zugehörigen wissenschaftlichen Publikation aus der Januarausgabe des renommierten Astrophysical Journal. »Die ältesten Sterne in dieser Region sind offenbar bereits zwei Millionen Jahre alt, während andere Sterne deutlich jünger sind und sich gerade erst tief im Innern ihrer Staubhülle bilden.«

    Das Ergebnis bestätigt, dass die Sternentstehung massereicher Sterne tatsächlich sehr viel komplexer und kein einmaliges Ereignis sein kann, sondern über Millionen Jahre andauern kann. Wir wissen nun, dass die Sternentstehung in W3Main vor zwei Millionen Jahren begann und bis heute andauert. Dies deutet darauf hin, dass die gegenseitige Wechselwirkung zwischen den zuerst entstandenen Sternen und denen, die momentan entstehen, sehr wahrscheinlich ein wichtiger Faktor bei Sternentstehungsprozessen ist.

    Kontakt

    Dr. Arjan Bik
    Telefon: (+49|0) 6221 – 528 460
    E-Mail: abik@mpia.de

    Prof. Dr. Thomas Henning
    Telefon: (+49|0) 6221 – 528 201
    E-Mail: henning@mpia.de

    Dr. Klaus Jäger
    Telefon: (+49|0) 6221 – 528 379
    E-Mail: pr@mpia.de

    Dr. Markus Pössel
    Telefon: (+49|0) 6221 – 528 261
    E-Mail: pr@mpia.de

    alle am
    Max-Planck-Institut für Astronomie
    Königstuhl 17
    69117 Heidelberg


    Weitere Informationen:

    http://www.mpia.de/Public/menu_q2.php?Aktuelles/PR/2012/PR120216/PR_120216_de.ht... - Webversion dieser Pressemitteilung (inklusive Hintergrundinformationen und weiterer Bilder)


    Bilder

    LUCI-1 Aufnahme von W3Main im Nah-Infrarot
    LUCI-1 Aufnahme von W3Main im Nah-Infrarot
    Bild: Bik et al., ApJ, 744, 87 2012
    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wissenschaftler, jedermann
    Physik / Astronomie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    LUCI-1 Aufnahme von W3Main im Nah-Infrarot


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