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10.04.2002 12:10

Reformierung statt Modellversuch: Universität Essen bleibt bei Integrierter Lehrerbildung

Monika Roegge Pressestelle Standort Essen
Universität Essen (bis 31.12.2002)

    Nicht erst seit der Veröffentlichung der Ergebnisse der internationalen Vergleichsstu-die PISA zum Leistungsstand deutscher Schülerinnen und Schüler herrscht breiter Konsens über den Reformbedarf der Lehrerbildung. Das gilt auch für die Fachöffent-lichkeit in Nordrhein-Westfalen. Eine der Konsequenzen: An zwei Universitäten des Landes - in Bochum und Bielefeld - wird ab Herbst eine neue Art der Lehrerbildung erprobt. Sie folgt dem Bachelor/Master-Modell, ist also konsekutiv aufgebaut. Die Universität Essen geht einen anderen Weg. Bewusst setzt sie auch in Zukunft auf das Integrierte Modell, aber es wird in entscheidenden Punkten reformiert. Darüber berichteten Mitarbeiter des im Oktober vorigen Jahres an der Hochschule entstandenen Zentrums für Lehrerbildung (ZLB) gestern (Dienstag, 9. April) in einem Pressegespräch.

    Zum Hintergrund

    Ausgangspunkt der Debatte um die Reform der Lehrerbildung sind vor allem die Empfehlungen der Expertenkommission, die mit ihrem Abschlussbericht für die Neustrukturierung der Hochschulen in Nordrhein-Westfalen im Rahmen des sogenannten Qualitätspakts im Februar 2001 auch ein Konzept zur Reform der Lehrerbildung vorgelegt hatte. Kritisiert werden in diesem Bericht sowohl die inhaltliche als auch die strukturelle Vernachlässigung der Lehrerbildung in den vergangenen Jahren. Vor diesem Hintergrund vertritt der Expertenrat die Auffassung, "dass die augenblickliche Ausrichtung des Lehramtsstudiums auf eine frühzeitige schulbezogene Professionalisierung in mehrfacher Hinsicht unbefriedigend ist."

    Planung der Landesregierung

    Die Landesregierung plant daher für die Lehrerbildung die Erprobung konsekutiver Studienstrukturen mit den polyvalenten Abschlüssen des Bachelors (BA) und des Masters (MA). In der BA-Phase werden vornehmlich fachwissenschaftliche Inhalte vermittelt, in der MA-Phase folgt die erziehungswissenschaftliche und fachdidaktische postgraduale Spezialisierung für den Lehrberuf. Varianten dieses Entwurfs werden ab Herbst 2002 in einem Modellversuch des Ministeriums für Schule, Wissenschaft und Forschung (MSWF) mit ausgewählten Universitäten erprobt.

    Eigener Weg in Essen

    Die Universität Essen wird sich an diesem Modellversuch nicht beteiligen, weil die Vorschläge des Expertenrats die konstatierten Defizite der derzeitigen Lehrerausbildung nicht beheben - im Gegenteil: Die weitgehende Auslagerung der didaktisch-pädagogischen Studien aus der Bachelor-Phase mag einer scheinbaren Polyvalenz der Abschlüsse entgegenkommen, eine Professionalisierung der Lehrerausbildung bewirkt sie nicht, da die erforderliche Verbindung von fachwissenschaftlichen Inhalten mit fachdidaktischen und erziehungswissenschaftlichen Fragestellungen auf diese Weise nicht angemessen erfolgen kann. Die Antwort auf den steigenden Erziehungsbedarf an Schulen kann nicht die Minderung der pädagogischen Ausbildung sein. Das ist die einhellige Meinung einer aus Erziehungswissenschaftlern und Fachdidaktikern der Universität vor einem Jahr gegründeten Arbeitsgruppe Lehrerbildung, in der unter Vorsitz des Bildungsforschers Professor Klaus Klemm auch die Vorsitzende des Vorstands des ZLB, die Chemiedidaktikerin Professorin Dr. Elke Sumfleth, und die Geschäftsführerin des ZLB, Dr. Anja Pitton, mitarbeiten. Essen strebt, so erläuterten sie gestern vor der Presse, eine Reformierung der integrierten Lehrerausbildung an. Die ineinandergreifende fachwissenschaftliche und berufsbezogene Ausbildung soll erhalten bleiben - allerdings unter Berücksichtigung von organisatorischen Empfehlungen des Expertenrats.

    Module - Credit Points - Kerncurricula

    Das Studium soll modularisiert werden, also die Studienstruktur im Kontext einer steigenden nationalen und internationalen Mobilität reorganisiert werden. Dabei wer-den innovative thematische Einheiten - Module - entwickelt, denen konkrete Lehrveranstaltungen zugeordnet werden.

    Parallel dazu wird ein Credit-Point-System (CPS) eingeführt. Es gibt also studienbegleitende Prüfungen, damit die Studierenden kontinuierliche Rückmeldungen über ihren Leistungsstand erhalten. Da dieses System auf europäischer Ebene bereits exis-tiert (ECTS), sind die erbrachten Credits bei einem Wechsel der Universität anrechenbar.

    Darüber hinaus werden Kernbestandteile der Ausbildung sowohl in den Fachwissenschaften als auch in den Fachdidaktiken sowie in den Erziehungswissenschaften definiert, um die Beliebigkeit für Lehrende und Lernende zu begrenzen.

    Eine derartig reformierte integrierte Lehrerausbildung hat den entscheidenden Vorteil, dass im Gegensatz zum konsekutiven Modell der Bezug zum Berufsfeld 'Schule' von Studienbeginn an besteht. Die Studieninhalte können in Abhängigkeit vom Studienziel ausgewählt und vor dem Hintergrund der späteren Anforderungen in der Schule reflektiert werden.

    Fazit

    Die Empfehlungen des Expertenrats enthalten Anregungen zur organisatorischen Weiterentwicklung der Lehrerausbildung. Ein modularer Aufbau der Lehramtsstudiengänge sowie die Einführung von studienbegleitenden Prüfungen nach dem Credit-Point-System sind allerdings unabhängig von konsekutiven Studiengängen möglich. Nach Meinung des ZLB vermag daher eine Reformierung der grundständigen Ausbildung eine nachhaltigere Professionalisierung und Verbesserung der derzeitig heftig in die Diskussion geratenen Lehrerbildung eher zu realisieren als die BA/MA- Ausbildung.

    Zentrum für Lehrerbildung der Universität Essen

    Vorstand:
    Vorsitzende Professorin Dr. Elke Sumfleth, Didaktik der Chemie
    Vorstandsmitglieder:
    Dr. Gabriele Bellenberg, Arbeitsgruppe Bildungsforschung/-planung
    Professor Dr. Rudolf Englert, Katholische Theologie/Religionspädagogik
    Professor Dr. Klaus Echtle, Prorektor für Entwicklungsplanung
    Professor Dr. Bernd Rüschoff, Anglistik, Didaktik - Technologie-gestütztes Fremdsprachenlernen
    Professor Dr. Erich Sauer, Technologie und Didaktik der Technik
    Geschäftsführerin:
    Dr. Anja Pitton
    Mitarbeiter:
    Heike Haakmann, Christian Reintjes, Tanja Tarbiat
    Kontakt:
    Zentrum für Lehrerbildung (ZLB), Schützenbahn 70, Universität Essen, 45117 Essen
    e-mail: zlb@uni-essen.de
    http://www.uni-essen.de/zlb

    Redaktion: Monika Rögge, Telefon (02 01) 1 83 - 20 85


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Pädagogik / Bildung
    regional
    Studium und Lehre
    Deutsch


     

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