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12.03.2012 20:00

Warum die Spinne acht Beine hat

Dr. Ute Schönfelder Stabsstelle Kommunikation/Pressestelle
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Genetiker der Universität Jena erforscht Grundlagen der Evolution von Spinnen

    Die Evolution geht vielfältige Wege. Dabei kommt sie erstaunlich oft zu ganz ähnlichen Ergebnissen. So sind nach Jahrmillionen natürlicher Selektion etwa die Flughäute von Flugsauriern und Fledermäusen oder der stromlinienförmige Körperbau von Walen, Fischen und Pinguinen ganz unabhängig voneinander entstanden. „Auch die äußere Erscheinung von Insekten und Spinnen hat sich unabhängig voneinander entwickelt“, sagt Prof. Dr. Wim Damen von der Friedrich-Schiller-Universität Jena und verweist auf die Ähnlichkeiten des bein- und flügellosen Hinterleibs dieser Tiere. „Obwohl Insekten und Spinnen, aber auch Krebse und Tausendfüßer, rund 550 Millionen Jahre Evolution voneinander trennen, ist die Natur zum immer gleichen Ergebnis gekommen“, so der Professor für Genetik weiter.

    Wie sich diese Form der konvergenten Evolution der Gliederfüßer – wissenschaftlich Arthropoden – auf genetischer Ebene widerspiegelt, das haben Wissenschaftler der Universitäten in Göttingen und Jena und der Harvard University jetzt in der Fachzeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences“ veröffentlicht (DOI: 10.1073/pnas.1116421109). „Wir konnten zeigen, dass dieselben Gene in unterschiedlichen Organismen unterschiedliche Prozesse steuern, die aber zum selben Ergebnis führen“, erläutert Prof. Damen, der einer der Autoren der aktuellen Studie ist, die heute (12. März) online erscheint.

    Die für die Arthropoden typische Segmentierung des Körpers in Kopf, Brust und Hinterleib wird von den sogenannten Hox-Genen gesteuert. Während die Aktivität eines bestimmten Hox-Gens (Antennapedia) bei Insekten im Brustbereich Beine wachsen lässt, verhindert die Aktivität eines anderen Hox-Gens das Wachstum von Beinen am Hinterleib. „Auch Spinnen verfügen über solche Hox-Gene“, so Prof. Damen. Allerdings: das Gen, das bei den Insekten für das Wachstum der Beine verantwortlich ist, ist bei den Spinnen vor allem im Hinterleib aktiv. „Also dort, wo eben keine Beine wachsen.“ Der beinlose Hinterleib von Insekten und Spinnen müsse folglich das Ergebnis unterschiedlicher genetischer Prozesse sein.

    Dem sind die Wissenschaftler am Beispiel der heimischen Gewächshausspinne (Achaearanea tepidariorum) auf den Grund gegangen. Als sie bei Spinnenembryos das Gen, das normalerweise im Hinterleib der Spinnen aktiv ist ausschalteten, wuchsen den Tieren – statt der üblichen acht – insgesamt zehn Beine, die zwei zusätzlichen am sonst beinlosen Hinterleib. „Das Hox-Gen Antennapedia fördert bei Spinnen also das Beinwachstum nicht, sondern unterdrückt es normalerweise“, schlussfolgert Prof. Damen.

    Da es sich aber um die gleiche genetische Information handelt, müssten andere Faktoren für die unterschiedliche Wirkung ausschlaggebend sein. So unterscheiden sich bei Insekten und Spinnen die molekularen Mechanismen, die durch die Hox-Gene reguliert werden, ebenso wie das Zusammenspiel mit weiteren nachgeschalteten Genen. Diese Erkenntnisse, so das Fazit der Wissenschaftler, illustrieren beispielhaft, wie sich die Rolle von Genen im Laufe der Evolution grundlegend wandeln kann.

    Original-Publikation:
    Khadjeh S. et al. Divergent role of the Hox gene Antennapedia in spiders is responsible for the convergent evolution of abdominal limb repression. Proceedings of the National Academy of Sciences 2012, DOI: 10.1073/pnas.1116421109

    Kontakt:
    Prof. Dr. Wim Damen
    Lehrstuhl für Genetik der Friedrich-Schiller-Universität Jena
    Philosophenweg 12, 07743 Jena
    Tel.: 03641 / 949566
    E-Mail: wim.damen[at]uni-jena.de


    Weitere Informationen:

    http://www.uni-jena.de


    Bilder

    Als Untersuchungsobjekt haben die Wissenschaftler die heimische Gewächshausspinne (Achaearanea tepidariorum) ausgewählt.
    Als Untersuchungsobjekt haben die Wissenschaftler die heimische Gewächshausspinne (Achaearanea tepid ...
    Foto: Jan-Peter Kasper/FSU
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    Der Genetiker Prof. Dr. Wim Damen von der Universität Jena.
    Der Genetiker Prof. Dr. Wim Damen von der Universität Jena.
    Foto: Jan-Peter Kasper/FSU
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Biologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Als Untersuchungsobjekt haben die Wissenschaftler die heimische Gewächshausspinne (Achaearanea tepidariorum) ausgewählt.


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    Der Genetiker Prof. Dr. Wim Damen von der Universität Jena.


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