In der Geschichte Deutschlands klaffte ein Loch. Während viele Nationen in den letzten Jahrzehnten intensiv Völkerkunde betrieben, war über die Ethnologie in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg wenig bekannt. Diese Lücke schloss Prof. Dr. Dieter Haller mit seinem Werk „Die Suche nach dem Fremden“, das im März im Campus-Verlag erschienen ist. Der Sozialwissenschaftler der Ruhr-Universität beschreibt in dem Buch, wie sich die Wissenschaft vom kulturell Fremden zwischen 1945 und 1990 in der Bundesrepublik entwickelte. Das Opus Magnum-Programm der VW-Stiftung ermöglichte die Veröffentlichung.
Das Fremde in Deutschland
RUB-Sozialwissenschaftler schließt Lücke in der Geschichte der Bundesrepublik
Opus Magnum: Ethnologie zwischen 1945 und 1990
In der Geschichte Deutschlands klaffte ein Loch. Während viele Nationen in den letzten Jahrzehnten intensiv Völkerkunde betrieben, war über die Ethnologie in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg wenig bekannt. Diese Lücke schloss Prof. Dr. Dieter Haller mit seinem Werk „Die Suche nach dem Fremden“, das im März im Campus-Verlag erschienen ist. Der Sozialwissenschaftler der Ruhr-Universität beschreibt in dem Buch, wie sich die Wissenschaft vom kulturell Fremden zwischen 1945 und 1990 in der Bundesrepublik entwickelte. Das Opus Magnum-Programm der VW-Stiftung ermöglichte die Veröffentlichung.
„Ethnologie fehlt das Gesicht“
„Der Ethnologie in Deutschland fehlt das öffentliche Gesicht“, stellt Haller fest. Anders als zum Beispiel in Großbritannien oder den Vereinigten Staaten wurde die Völkerkunde in den letzten 65 Jahren in der Bundesrepublik kaum beachtet und hatte so gut wie keinen Einfluss auf politische oder gesellschaftliche Debatten. Wissenschaftler beschäftigten sich vor allem mit der Zeit des Nationalsozialismus. In seinem Werk zeichnet Haller ein ausführliches Bild der Ethnologie, das in den Trümmern der Nachkriegszeit beginnt, die radikalen Veränderungen durch die 68er-Bewegung verdeutlicht und bis zur Wende reicht. Zusätzlich behandelt er kurz die Jahre nach 1990 sowie die Anfänge der Ethnologie am Ende des 19. Jahrhunderts.
Nachkriegstrümmer und 68er-Bewegung
Nach dem Zweiten Weltkrieg lagen völkerkundliche Institute, Bibliotheken und Museen ebenso in Schutt und Asche wie der Rest der Städte, doch der Lehrbetrieb ging weiter. Haller erläutert, wie die Ethnologen in Deutschland in den Nachkriegsjahren den Anschluss an die internationale Forschergemeinschaft suchten. Sie widmeten sich zunächst den Völkern in Übersee und blendeten die problemorientierte Forschung, etwa zur Entwicklungspolitik, vollkommen aus. Erst mit der 68er-Bewegung kam ein radikaler Wandel. Die Wissenschaft wurde problemorientierter und völlig neue Themen wie Hexerei, Schamanismus und Geschlecht traten auf den Plan. „Trotzdem handelt es sich bei der Ethnologie in Deutschland nach wie vor um ein kleines Fach“, sagt der Autor und fordert am Ende seines Werkes: Wir müssen uns der eigenen Traditionen bewusst werden.
Interviews im Internet
Haller befragte für seine Arbeit über 60 Ethnologen – emeritierte Professoren sowie Museums- und Institutsleiter –, die zwischen 1945 und 1990 in der Bundesrepublik geforscht hatten. Einige der Zeitzeugen-Interviews machte der RUB-Wissenschaftler als Videos im Internet verfügbar (http://www.germananthropology.com), unterstützt von der Deutschen Forschungsgemeinschaft. „Über die Interviews versuchte ich, Erinnerungen an zeittypische Erfahrungen wachwerden zu lassen“, schreibt Haller. Um die Darstellungen der Befragten zu überprüfen und allgemeine Aussagen abzuleiten, bezog der Sozialwissenschaftler aber auch schriftliche Quellen wie Publikationen zur Fach- und Zeitgeschichte mit ein und recherchierte in verschiedenen Archiven.
Opus Magnum-Förderung
Das Opus Magnum-Programm der VW-Stiftung entbindet Teilnehmerinnen und Teilnehmer für zwei Jahre von ihren universitären Pflichten, so dass sie sich ganz einem Forschungsthema widmen und eine Monographie verfassen können. Damit der Lehrstuhlbetrieb weiter reibungslos läuft, finanziert die Stiftung für die Zeit einen Stellvertreter oder eine Stellvertreterin. Prof. Haller trat dem Programm 2009 bei, nachdem er sich schon mehrere Jahre mit der Ethnologie in der Bundesrepublik beschäftigt hatte.
Titelaufnahme
Dieter Haller (2012): Die Suche nach dem Fremden. Geschichte der Ethnologie in der Bundesrepublik 1945 – 1990, Campus Verlag, Frankfurt am Main, ISBN: 978-3-593-39600-2
Weitere Informationen
Prof. Dr. Dieter Haller, Lehrstuhl für Sozialanthropologie, Fakultät für Sozialwissenschaft der Ruhr-Universität, 44780 Bochum, Tel.: 0234/32-23192
Dieter.Haller@rub.de
Angeklickt
Online verfügbare Interviews
http://www.germananthropology.com
Homepage des Verlags
http://www.campus.de/wissenschaft/kulturwissenschaften?skip=8
Redaktion
Dr. Julia Weiler
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Gesellschaft, Kulturwissenschaften
überregional
Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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