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26.04.2002 09:45

Burkhard Spinnen am 15./16. Mai Gastpoet an der Universität Augsburg

Klaus P. Prem Stabsstelle Kommunikation und Marketing
Universität Augsburg

    Die Reihe "Gastpoeten an der Universität Augsburg" präsentiert im Mai zweimal den Schriftsteller Burkhard Spinnen - einen der erfolgreichsten jüngeren Autoren der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur, der vor allem durch seine präzisen, tiefgründigen Beschreibungen alltäglicher Situationen fasziniert. Am Mittwoch, dem 15. Mai 2002, liest er aus Unveröffentlichtem (Beginn um 20.00 Uhr in HS II, Universitätsstraße 10); am darauffolgenden Donnerstag, dem 16. Mai, geht es um den "Dichter als Profi": in der eineinhalbstündigen Vorlesung von Prof. Dr. Ursula Regener (Beginn 10.15 Uhr, ebenfalls in HS II) wird Spinnen zu diesem Thema referieren und mit den Hörerinnen und Hörern diskutieren. Beide Veranstaltungen sind öffentlich, der Eintritt ist frei.

    BURKHARD SPINNEN: ZUR PERSON

    1956: Burkhard Spinnen wird am 28. Dezember in Mönchengladbach geboren. Er ist das einzige Kind von Willy und Cornelia Spinnen, geb. Ophetfeld. Nach Abitur und Wehrdienst studiert er seit 1976 Germanistik, Publizistik und Soziologie an der Universität Münster.

    1989: Promotion mit einer Arbeit über Kurze Prosa: Schriftbilder. Studien zu einer Geschichte emblematischer Kurzprosa (erschienen Münster: Aschendorff Verlag 1991).

    1989-1995: Wissenschaftlicher Assistent am Germanistischen Institut der Universität Münster.

    1990: Der Essay "Zeitalter der Aufklebung. Versuch zur Schriftkultur der Gegenwart" erscheint (Münster: Waxmann Verlag).

    1991: Erste literarische Veröffentlichung: Dicker Mann im Meer. Geschichten (Frankfurt a. M.: Frankfurter Verlagsanstalt; Taschenbuchausgaben München: dtv 1993 und München: btb 1999). Der Band wird mit dem aspekte-Literaturpreis des Zweiten Deutschen Fernsehens ausgezeichnet.

    1992: Preis der Kärntner Industrie beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb in Klagenfurt.

    1994: Kalte Ente. Geschichten (Frankfurt a. M.: Schöffling & Co.; Taschenbuchausgabe Frankfurt a. M.: Fischer Tb 1996). Burkhard Spinnen gibt eine Auswahl von Erzählungen Arthur Schnitzlers heraus (Zürich: Manesse).

    1995: Langer Samstag. Roman (Frankfurt a. M.: Schöffling & Co) erreicht im Januar 1996 Platz 1 der Bestenliste des SWF. Burkhard Spinnen gibt eine Auswahl von Texten Peter Altenbergs heraus: Wiener Geschichten (Frankfurt a. M.: Schöffling & Co). Burkhard Spinnen wird Mitglied des westdeutschen PEN und erhält das Stipendium der Märkischen Kulturkonferenz.

    1996: Trost und Reserve (Frankfurt a. M.: Schöffling & Co). Burkhard Spinnen erhält den Kranichsteiner Literaturpreis.

    1997: Gastdozentur am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. Ein weiterer Band mit Texten Peter Altenbergs: Sommerabend in Gmunden (Frankfurt a. M.: Schöffling & Co) erscheint. Zum Jahreswechsel bringt der Schöffling-Verlag in einer einmaligen Auflage die Campus-Erzählung Spaghettiträger heraus (Frankfurt a. M. 1997).

    1998: In der Reihe "Kleine Philosophie der Passionen" erscheint Burkhards Spinnens Essay Modelleisenbahn (dtv: München). Seit April 1998 ist Burkhard Spinnen vertretungsweise Dozent am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig. Seit Dezember 1998 ist er Beisitzer im Präsidium des ersten gesamtdeutschen PEN.

    1999: Burkhard Spinnen erhält den Literaturpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung.

    2000: Literaturpreis der Stadt Offenbach

    2001: Oldenburger Kinder- und Jugendbuchpreis

    LITERARISCHE VERÖFFENTLICHUNGEN

    Literarische Veröffentlichungen
    Die Munstermacher. Eine satirische Szene, Selbstverlag, 1986

    Dicker Mann im Meer. Geschichten, Frankfurt/Main (ISBN 3-627-10130-8) (Taschenbuchausgabe 1999, ISBN 3-442-72207-1), 1991

    Kalte Ente. Geschichten, Frankfurt/Main (ISBN 3-89561-030-5) 1994, Taschenbuchausgabe (ISBN 3-596-12971-0), 1996

    Langer Samstag. Roman, Frankfurt/Main (ISBN 3- 89561-031-3) 1995, Taschenbuchausgabe, ISBN 3-442-72066-4, 1997

    Trost und Reserve. Kurze Prosa, Frankfurt/Main (ISBN 3-89561-032-1), 1996, Taschenbuchausgabe (ISBN 3-596-13737-3), 1998

    Modelleisenbahn. München (ISBN 3-423-20217-3), 1998

    Belgische Riesen. Roman, Frankfurt/Main (ISBN 3-89561-034-8), 2000

    Einzelveröffentlichungen in Anthologien und Zeitschriften, u.a. in "Sprache im technischen Zeitalter", "Westfalenspiegel", "Der Rabe", "Neue deutsche Literatur", "Sinn und Form", "Die Horen", "Die Weltwoche", "Berliner Zeitung", "Neue Züricher Zeitung".

    WISSENSCHAFTLICHE UND ESSAYISTISCHE ARBEITEN

    Zeitalter der Aufklebung. Versuch zur Schriftkultur der Gegenwart, Münster/New-York, 1990

    Schriftbilder. Studien zu einer Geschichte emblematischer Kurzprosa, Münster 1991

    Bewegliche Feiertage. Essays über Literatur und Verwandtes, Frankfurt a.M. 2000

    Wissenschaftliche und essayistische Texte, insbesondere über die zeitgenössische Medienkultur, u.a. in "Neue Rundschau", "Freibeuter", "Der Alltag", "Sprache im technischen Zeitalter", "Die Weltwoche", "Schreibheft", "Literaturwissenschaft und Linguistik", szenische Essays für den Hessischen und den Süddeutschen Rundfunk. Rezensionen und Glossen, vornehmlich für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung".

    LESEPROBE: PLÖTZLICHE UNSICHERHEIT (AUS: TROST UND RESERVE, 1998)

    Mit Überraschung, beinahe mit einem Anflug von Panik, bemerkt ein unverheirateter Mann eines Morgens in der S-Bahn, daß er nicht auf Anhieb sagen kann, ob er - rein theoretisch natürlich! - mit der Frau ihm gegenüber würde schlafen wollen. Bislang hat er das stets gekonnt. Das heißt sogar: meistens, wenn er ein Abteil, einen Warteraum oder dergleichen betritt, stellt sich der Mann sofort und vollkommen beiläufig die Frage und beantwortet sie im Zuge einer raschen Musterung aller anwesenden Frauen jeweils eindeutig mit Ja oder Nein.

    Nun darf kein Irrtum aufkommen! Der Mann ist alles andere als ein Don Juan. Seine allgemeine Haltung zu Frauen durchschnittlicher Art, weder könnte man ihn besonders draufgängerisch noch übertrieben schüchtern nennen. Und letztlich ist seine Angewohnheit womöglich bloß eine harmlose Marotte.

    Was aber, andererseits, nichts ändert an seiner Fassungslosigkeit jetzt. Vier Stationen sind es, bis er aussteigen muß aus der S-Bahn. Ihm gegenüber sitzt noch immer die junge Frau mit der randlosen Brille und dem kurzen Rock. Und von seiner Seite kein annähernd sicheres Urteil! Vielleicht, denkt der Mann, ist ihm mittlerweile die Routine verlorengegangen; man wird immerhin älter. Außerdem nimmt ihn tageweise der Beruf vollkommen ein und geht er abends früh zu Bett. Und überhaupt, es ist eigentlich zum Lachen!

    Indessen mustert der Mann, um wenigstens, wenn schon die Intuition ihn verlassen hat, System in die Sache zu bringen, die junge Frau von Kopf bis Fuß: Ihre Haut scheint glatt und gesund, ebenso die Haare, regelmäßige Gesichtszüge hat sie, blaue Augen, an ihrer Kleidung wäre das eine oder andere auszusetzen, aber darauf kommt es ja eigentlich nicht an. Der Busen ist, soweit man das schließen kann, rund und groß; und die Beine sind, das ist nun ganz gut auszumachen, ziemlich gerade und schlank.

    Und? - Der Mann weiß nicht, was soll er denken. Das könnte jetzt, fühlt er, immer so weitergehen und nähme doch nie ein Ende. Fast ist er drauf und dran, die junge Frau anzusprechen. Oder, weiß Gott! Sie gleich zu entführen oder immerhin sie unter falschem Vorwand sonstwohin zu locken. Eine ganze Woche mit ihr zu verbringen. Vielleicht in Venedig, in einem alten Hotel. Das Zimmer wäre riesig. Sie lägen auf seidenem Bettzeug, und vom Kanal her stiege die Hitze eines Spätsommertages herauf. Irgendwo läuteten Glocken.

    Drittletzte Station. Die junge Frau steht auf und steigt aus, ein Mädchen setzt sich auf ihren Platz. Von seiner rechten Wange herab bis in den Halsausschnitt zieht sich ein großer, unregelmäßiger roter Fleck, wahrscheinlich eine Verbrennung, vielleicht auch eine angeborener Blutschwamm. Und den Mann, da er das sieht, überkommt mit großer Macht ein ihm bislang unbekanntes Mitleid. So daß er an der nächsten Haltestelle, also eine zu früh, aussteigen und den Rest des Weges zur Arbeit zu Fuß gehen muß, beinahe unter Tränen.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Sprache / Literatur
    regional
    Buntes aus der Wissenschaft
    Deutsch


     

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