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06.05.2002 14:56

Zum ersten Mal ein englischsprachiger Autor: Mike Nicol ist poet in residence an der Uni Essen

Monika Roegge Pressestelle Standort Essen
Universität Essen (bis 31.12.2002)

    Mit dem Südafrikaner Mike Nicol (51) wird im Sommersemester 2002 zum ersten Mal ein englischsprachiger Autor als poet in residence an die Universität Essen berufen. Bislang war die 1975 aus der angelsächsischen Universitätstradition übernomme-ne Einrichtung der Gastprofessur Autoren aus dem deutschsprachigen Raum vorbehalten. Nicol, der als freier Schriftsteller und Journalist in Kapstadt lebt, eröffnet seine Veranstaltungsreihe in der Uni Essen am Mittwoch, 8. Mai, 12 Uhr, im Hörsaal D16 des Universitätsgebäudes 11, 6. Etage (R11 T06 D16). "Cape Town: a city in trauma" ist sein Thema.

    Durch vier Romane international bekannt

    Neben einem Gedichtband und journalistischen Arbeiten hat Nicol in den vergangenen zehn Jahren vier Romane geschaffen. Er ist damit international bekannt geworden. Im weitesten Sinne kann man seine fiktionalen Texte als historische Romane bezeichnen, die sich mit mehr oder weniger bekannten gesellschaftlich-politischen Aspekten Südafrikas befassen: der Allgewalt der Polizei im Apartheidsstaat des 1985 verhängten "state of emergency" ("The Powers That Be", 1989, deutsch: "Die Feuer der Macht", Hamburg 1992) den chiliastischen Erweckungsbewegungen der von schwarzen Visionären gegründeten Free Churches und ihrer brutalen Vernichtung in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts ("This Day and Age, 1992, deutsch: "Seit Jahr und Tag", Hamburg 1993), der ausufernden Gewalttätigkeit und Gesetzlosigkeit, die der gold rush der achtziger Jahres des 19. Jahrhunderts im Witwatersrand, der Gegend um Johannesburg, auslöste ("Horseman", 1994, deutsch: "Der Reiter", Hamburg 1993) und schließlich den in jüngster Zeit im Gefolge der Aufarbeitung von Regierungsverbrechen ans Licht gekommenen dirty tricks und Waffenschiebereien des südafrikanischen Geheimdienstes ("The Ibis Tapestry", 1998, auf deutsch bisher nicht erschienen).

    Realistische Erfahrungen zu Allegorien ausgeweitet

    Mit dieser historisch-politischen Thematik steht Nicol nicht in einer Reihe mit vielen anderen südafrikanischen Romanciers, die - ob aus weißer oder schwarzer Sicht - engagiert-realistische Texte zu bekannten Problemen verfasst haben und gerade aufgrund dieser Einengung ihres Appells eher selten über ihr Ursprungsland hinaus bekannt geworden sind. Der internationale Erfolg des Gastpoeten an der Universität Essen - seine Texte sind alle bei renommierten britischen und amerikanischen Verlegern erschienen sowie in viele Sprachen übersetzt worden - beruht demgegenüber darauf, dass er seiner Schreibweise, die Parallelen zum lateinamerikanischen magischen Realismus aufweist, solche Begrenztheiten überwindet, indem er - ähnlich wie sein berühmter, von ihm selbst sehr geschätzter Schriftstellerkollege J. M. Coetzee - die spezifisch südafrikanischen Geschichtserfahrungen zu Allegorien über die Verführung der Macht, der rassischen Intoleranz, der Universalität des Bösen sowie dessen Mediokrität stilisiert, verfremdet und ausweitet. Der mit der historischen Problematik vertraute südafrikanische Leser sieht den faktischen Hintergrund durchscheinen, während der internationale Leser von einem gewalttätig-düsteren Erzähluniver-sum gefangengenommen wird, dessen Raum-Zeit-Koordinaten und ihre Situierung in Südafrika ihm eher in indirekter Brechung bewusst werden. Ein Studierender der Anglistik hat Nicols Romane - durchaus treffend - als "geschriebene Italo-Western" bezeichnet.

    Veranstaltungen in englischer Sprache

    Mike Nicols hat für seine Veranstaltungen, die er in englischer Sprache hält, einen interessanten Themenmix aus journalistischer Gegenwartsbeobachtung und Überlegungen zum Verhältnis von Historie und Literatur sowie von Lesungen aus seinen Romanen angeboten. Nach der Eröffnung am Mittwoch liest er im einwöchigen Abstand bis zum 12. Juni jeweils von 12 bis 14 Uhr in R11 T06 D16. Am Mittwoch, 15. Mai, heißt das Thema "The Powers That Were - political conditions during the writing auf "The Powers That Be". Zwei weitere Veranstal-tungen bietet Nicol im Kulturwissenschaftlichen Institut, Goethestraße 31, an: am Dienstag, 7. Mai. sowie am Dienstag, 28. Mai, ab 18 Uhr.

    Redaktion: Monika Rögge, Telefon (02 01) 1 83 - 20 85
    Weitere Informationen: Professor Dr. Erhard Reckwitz, Telefon (02 01) 1 83 -34 27


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    Sprache / Literatur
    regional
    Buntes aus der Wissenschaft, Studium und Lehre
    Deutsch


     

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