Mediendienst Nr. 10 - 1996
Thema 4
Daemmstoffe auf dem Pruefstand
Nicht nur Asbest, auch Glas-, Stein- und Keramikfasern koennen gefaehrlich werden, wenn sie in die Lunge geraten. Fraunhofer-Forscher haben einen In-Vitro-Test entwickelt, mit dem sich das Gesundheitsrisiko schnell, billig und ohne Tierversuche abschaetzen laesst.
Bauherren koennen ein Lied davon singen: Geeignetes Daemmaterial zu finden ist nicht einfach. Styropor ist nicht hitzebestaendig und nicht luftdurchlaessig. Asbest ist voellig out, seit man weiss, dass die feinen Fasern in der Lunge aufspleissen und Krebs verursachen. Mittlerweile sind auch Glas-, Keramik- und Steinwolle in den Verdacht geraten, gesundheitsschaedlich zu sein: Sie sind zwar nicht so gefaehrlich wie Asbest, koennen aber mit der Atemluft in die Lunge gelangen und das Gewebe reizen. Um dies nachzuweisen sind Tierversuche unumgaenglich. Das muss aber nicht sein: Der Fasertest, den Dr. Klaus Sebastian und seine Kollegen vom Fraunhofer-Institut fuer Silicatforschung ISC in Wuerzburg einsetzen, macht Tierversuche ueberfluessig: Denn beim "Acellulaeren-In-Vitro-Test" werden die Bedingungen einer menschlichen Zelle - spezielle Temperatur und Zusammensetzung der physiologischen Modelloesung mit definiertem pH-Wert - simuliert. In die Testzelle werden Fasern aus Daemmstoffen eingetragen. Charakteristische Veraenderungen sind bereits nach sechs bis acht Wochen unter einem Rasterelektronenmikroskop zu erkennen. Diese Veraenderungen zeigen an, bei welcher Temperatur und bei welchem pH-Wert sich Fasern verschiedener Dicke und Zusammensetzung am schnellsten aufloesen. Aus den Messergebnissen koennen die Forscher mit Hilfe einer komplizierten Formel die Geschwindigkeit dieses Prozesses berechnen, die Halbwertszeit. "Diese Halbwertszeit wiederum ist ein Indiz fuer Kanzerogenitaet", erklaert Sebastian. Um festzustellen, ob ein Daemmstoff nun wirklich toxikologische Auswirkungen auf Menschen hat, sind Vergleichsdaten aus In-Vivo-Tests notwendig. Diese werden in Kooperation mit dem Fraunhofer-Institut fuer Toxikologie und Aerosolforschung ITA in Hannover durchgefuehrt.
Der Haeuslebauer, der nach einem geeigneten Daemmaterial sucht, kann sich schon einmal an den vorliegenden Zwischenergebnissen orientieren: Glasfasern werden vom Koerper am schnellsten abgebaut. Steinwolle ist bestaendiger, sie ueberlebt in der Lunge einige Monate. Am langlebigsten sind Keramikfasern. Hersteller in den USA und Europa haben den neuen In-Vitro-Test schon erfolgreich bei ihren Entwicklungsarbeiten eingesetzt.
Ihr Ansprechpartner fuer weitere Informationen: Dr. Klaus Sebastian, Telefon 09 31/41 00-3 03, Telefax 09 31/41 00-1 99, Fraunhofer-Institut fuer Silicatforschung ISC, Neunerplatz 2, D-97082 Wuerzburg, email: sebast@isc.fhg.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Bauwesen / Architektur, Biologie, Chemie, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch
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