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10.05.2002 12:21

Junge Wissenschaftlerin der Uni Essen erhält angesehenen Augsburger Wissenschaftspreis

Monika Roegge Pressestelle Standort Essen
Universität Essen (bis 31.12.2002)

    Fünfmal ist der bundesweit ausgeschriebene Augsburger Wissenschaftspreis für Interkulturelle Studien bisher vergeben worden - zweimal kam er an die Universität Essen. Nachdem Yasemin Karakasoglu-Aydin den Preis vor zwei Jahren für ihre Dissertation über religiöse Orientierung und Erziehungsvorstellungen erhalten hatte, kann sich diesmal Gaby Straßburger über die hohe Auszeichnung freuen. Sie wird sie am kommenden Dienstag (14. Mai) im Goldenen Saal des Augsburger Rathauses entgegen nehmen. "Heiratsverhalten und Partnerwahl im Einwanderungsland: Eheschließungen der zweiten Migrantengeneration" heißt die Dissertation, für die der jungen Wissenschaftlerin der Preis zuerkannt wurde. Der von Helmut und Marianne Hartmann gestiftete, mit 5 000 Euro dotierte Preis wird gemeinsam von der Universität und der Stadt Augsburg sowie vom Forum Interkulturelles Leben und Lernen (FILL) e. V. getragen.

    Die preisgekrönte Arbeit

    Die von der Sozialpädagogin und Orientalistin Gaby Straßburger in ihrer Dissertation gewonnenen Einsichten fasst der Vorsitzende der Jury für die Preisvergabe, Professor Dr. Dr. h. c. mult. Wolfgang Frühwald, so zusammen:

    "Das Heiratsverhalten von Zuwanderern, so lautet ein beliebtes Stereotyp, gibt Auskunft über den Grad der Integration in oder in die Separation von der Mehrheitsbevölkerung. Gaby Straßburger zeigt in ihrer Dissertation, dass dies ein Vorurteil ist, weil es entschieden auf den jeweiligen ,Heiratsmarkt' ankommt und darauf, wie er besetzt ist. Dass türkische Männer in Deutschland häufig Frauen aus der Heimat ihrer Eltern, dass sie also 'transnational' heiraten, liegt weniger daran, dass sie sich in die eigenen Herkunftsgruppe zurückziehen, als vielmehr daran, dass es in der türkischen Migranten-Bevölkerung in Deutschland nur halb so viele ledige Frauen wie Männer gibt und eine Heirat über die Grenzen der Religion hinaus noch immer zu Familienkonflikten führt. Statistisch ist zu belegen, dass ein Großteil der von der zweiten Generation geschlossenen Ehen ,transnational' ist, also in der Türkei lebende Personen betrifft. Ein wesentlich kleinerer Teil von Menschen dieser zweiten Generation heiratet Partner aus der Migranten-Bevölkerung selbst; ,interethnische' Ehen, also Ehren mit deutschen oder anderen nicht-türkischen Partnern, sind verhältnismäßig selten. Diese Statistik aber verweist nicht auf den Willen zur Abgrenzung und zur Spaltung, sondern vor allem auf die Möglichkeiten, attraktive und gleichgestimmte Lebenspartner zu finden.

    Gaby Straßburger verbindet die Auswertung nationaler und regionaler Statistiken mit biographischen Untersuchungen zu 14 unterschiedlichen Ehen (der zweiten Migranten-Generation) aus einer deutschen Stadt mir 70 000 Einwohnern. Die Wissenschaftlerin gelangt dadurch nicht nur zur Auflösung verbreiteter Vorurteile, sondern auch zu einem differenzierten Einblick in die Wertvorstellungen junger Türkinnen und Türken in Deutschland. ,Wer in Deutschland das Zusammentreffen mit der Frau oder dem Mann seines Lebens nicht dem Zufall überlässt', heißt es in dieser Dissertation, ,handelt gegen die soziale Norm.' Bei jungen Deutschen gilt es demnach als altmodisch, die Wahl eines Ehepartners und die Entscheidung zu heiraten, als eine Angelegenheit der ganzen Familie zu betrachten. Junge Türkinnen und Türken dagegen betrachten Selbstbestimmung und Familienorientierung keineswegs als Gegensätze; sie sind immer darum bemüht, eine Balance zwischen den Ansprüchen der Familie und den eigenen Wünschen herzustellen. Ob es dabei zu Konflikten kommt und wie heftig diese Konflikte sind, hängt davon ab, welcher Umgangston in diesen Familien herrscht, wie die Mitglieder der Familie miteinander umgehen.

    Das komplizierte Geflecht der Partnerschaft und vor allem der Art und Weise, wie Partner gesucht und gebunden werden, kurz das Geflecht der unterschiedlichen Heiratsmuster, gibt einen ungewöhnlichen Einblick in die gesamtgesellschaftliche Entwicklung. Es zeigt, inwiefern die Gesellschaft ,nach ethnisch-national oder religiös definierten Zugehörigkeiten gespalten ist und wie sich das Ausmaß dieser Spaltung entwickelt'. Wenn wir Gaby Straßburgers Studie folgen, ist Heirat (auch wenn sie mit Partnern aus dem Herkunftsland der Eltern-Generation vollzogen wird), ein Zeichen der Integration, kein Zeichen der Trennung."

    Die Preisträgerin

    Gaby Straßburger, Jahrgang 1963, hat in Bamberg, Ankara und Amman studiert und 1989 die Prüfung als Diplom-Sozialpädagogin abgelegt. 1994 folgte in Bamberg die Diplom-Prüfung als Orientalistin. Im März 2002 wurde sie in Osnabrück am Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien promoviert; für ihre Arbeit erhielt sie die Note "summa cum laude". Seit Juli vorigen Jahres arbeitet Gaby Straßburger als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Essen an der unter Federführung von Professorin Ursula Boos-Nünning entstehenden Studie "Lebenssituation ausländischer Mädchen und junger Frauen sowie der jungen Aussiedlerinnen" mit. Gaby Straßburger spricht Türkisch, Englisch, Niederländisch, Französisch und Arabisch. Mit ihrem Erfolg im Wettbewerb um den Augsburger Wissenschaftspreis für Interkulturelle Studien setzte sie sich gegen 27 Mitbewerberinnen aus dem ganzen Bundesgebiet durch.

    Hinweis für die Redaktionen: Ein Porträfoto von Frau Dr. Gaby Straßburger steht Ihnen als jpg-Datei im Internet unter der Adresse http.//www.uni-essen.de/pressestelle/fotos/ zur Verfügung.

    Redaktion: Monika Rögge, Telefon (02 01) 1 83 - 20 85
    Weitere Informationen: Dr. Gaby Straßburger,
    Telefon (02 01) 1 83 - 22 39 oder 1 83 - 21 63

    Universität Essen, Pressestelle, 45117 Essen
    Telefon: (02 01) 1 83-20 88 - Telefax: (02 01) 1 83 - 30 08
    e-mail: pressestelle@uni-essen.de - Internet: http://www.uni-essen.de/pressestelle
    Besucheranschrift: Universitätsstraße 2, 45141 Essen, Gebäude T01, 6. Etage, Raum B13
    Verantwortlich: Monika Rögge, Telefon: (02 01) 1 83 - 20 85


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Gesellschaft
    regional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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