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29.05.2002 16:53

"Des Teufels Komödiant" - Verstrickung zweier Lebensläufe

Ramona Ehret Stabsstelle Kommunikation, Events und Alumni
Technische Universität Berlin

    Uraufführung des Schauspiels zum 60. Todesjahr der jüdischen Dichterin Getrud Schloß und zum 100.Geburtstag des Schauspielers Ferdinand Marian

    Das Schauspiel "Des Teufels Komödiant" von Jutta Schubert wird am 2. Juni 2002 im Theater Trier in der Reihe "Trierer Persönlichkeiten" uraufgeführt. Die Regisseurin würdigt damit die jüdische Dichterin Gertrud Schloß im 60. Todesjahr und den 100. Geburtstag des Schauspielers Ferdinand Marian, den man zeit seines Lebens mit der 1940 gespielten Rolle "Jud Süß" identifizierte.

    Den Stoff für diese fatale Kreuzung der beiden Lebenswege entnahm die Autorin und Regisseurin Jutta Schubert, Jahrgang 1959, der Biographie "Ich war Jud Süß. Die Geschichte des Filmstars Ferdinand Marian" des emeritierten TU-Professors Friedrich Knilli. Sie machte daraus mit Elementen des barocken Jesuitendramas ein spannendes Lehrstück für das Jugendtheater: Sie entlarvt das antisemitische Klischee vom Juden als Sittenverderber. Ob es Jutta Schubert dabei gelingt, die beiden Verfemten und Vergessenen aus dem Totenreich auferstehen zu lassen und zum Leben zu erwecken, wird sich spätestens bei der Premiere zeigen, auf die wir Sie hiermit aufmerksam machen wollen:

    Zeit: am Sonntag, dem 2. Juni 2002 um 20.00 Uhr
    Ort: Theater Trier, Studio, Am Augustinerhof, 54290 Trier

    Süß war nicht die erste große Judenrolle des heute völlig vergessenen Ferdinand Marian. Bereits 1928 spielte er auf der Bühne in Trier den "Ahasver" von Gertrud Schloß. Für Marian war der Ahasver so etwas wie eine Einübung in den katholischen Antisemitismus. Auf Ahasver lastet bekanntlich ein christlicher Fluch. Er muss bis zum Ende aller Tage ruhelos durch die Welt irren, ohne sterben zu können, weil er dem Heiland bei dessen Schmerzensgang auf den Kalvarienberg das Ausruhen auf der Schwelle seines Hauses verweigert hat. Ferdinand Marian spielte diesen Ewigen Juden nicht im orientalischen Kaftan, sondern im Frack und Pelzmantel. Sein Ahasver ist ein moderner Zerrissener, der mit Geldspielen und Raubmorden an der Cote d'Azur zum Petroleummagnaten in Manhattan aufsteigt. Auf dem Höhepunkt seiner Kapitalistenkarriere aber rührt das Elend der Ausgebeuteten den reichen Juden, er zerstört seine Fabrik und wütet als jüdisch-bolschewistischer Arbeiterführer für die Weltrevolution, allerdings auch ohne Erfolg. Die Welturaufführung dieser "Ahasver"-Version am 27. Januar 1928 in Trier war ausverkauft. Publikum und Kritik waren begeistert.

    Gertrud Schloß war Fabrikantentochter, promovierte Historikerin, Journalistin, SPD-Funktionärin, Jüdin und eine bekannte Lesbierin. Im Jahr der Machtergreifung 1933 änderte diese "Frau in Männerkleidern" ihren Namen in Mary Eck-Troll und lebte in Frankfurt dürftig von den Honoraren für triviale Frauenromane, die sie im "Glücks-Verlag" unter dem Namen Alice Carno veröffentlichte. Schließlich emigrierte sie nach Luxemburg, von wo sie 1941 in das Ghetto Lodz verschleppt und 1942 im Vernichtungslager Kulmhof ermordet wird. Es sei nicht auszuschließen, dass ihre SS-Mörder sich von Marians "Jud Süß" animieren ließen, so Prof. Friedrich Knilli.

    Weitere Informationen erteilen Ihnen gern em. Prof. Dr. Friedrich Knilli, Tel.: 030/80903821, E-Mail: friedrichknilli@hotmail.com oder das Institut für Sprache und Kommunikation, Fachgebiet Medienwissenschaft/Medienberatung, Tel.: 030/314-22992, Fax: -26346.


    Weitere Informationen:

    http://www.tu-berlin.de/presse/pi/2002/pi106.htm


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geschichte / Archäologie, Kunst / Design, Medien- und Kommunikationswissenschaften, Musik / Theater, Philosophie / Ethik, Religion, Sprache / Literatur
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Organisatorisches
    Deutsch


     

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