Jenaer Medienwissenschaftler stellten Akzeptanzanalyse an:
Entwarnung in Sachen Gentechnik
Jena. (19.05.98) Mit der Fragestellung "Machen die deutschen Medien die Gentechnik mies?" hat sich ein Team von Medienwissenschaftlern der Universität Jena in einer umfangreichen Studie befaßt. Über fünf Jahre hinweg - vom 1. Juli 1991 bis zum 30. Juni 1996 - haben Prof. Dr. Georg Ruhrmann, Dr. Matthias Kohring und Dr. Alexander Görke alle Beiträge zum Themenkomplex Gentechnologie in je zwei deutschen, US-amerikanischen, britischen und französischen meinungsführenden Wochenzeitungen analysiert und bewertet. Ihr Ergebnis: Es gibt keinen ,deutschen Sonderweg' in der Gentechnik-Berichterstattung. Ruhrmann: "Wenn sich speziell die deutsche Berichterstattung über moderne Gentechnologie durch etwas auszeichnet, dann ist es ihre Normalität."
Die Studie wurde mit Unterstützung des Bundeswissenschaftsministeriums und in Kooperation mit der badenwürttembergischen Akademie für Technikfolgenabschätzung angestellt und steht im Rahmen eines größeren Verbundprojekts, das als das weltweit ausführlichste zur Gentechnik-Akzeptanz in den Medien gilt. Prof. Ruhrmann selbst arbeitet seit über zehn Jahren auf diesem Gebiet; unter anderem habilitierte er sich über Risikokommunikation am Beispiel der Gentechnologie.
Seine aktuelle Studie konzentriert sich in der Bundesrepublik auf den "Spiegel" und die "Zeit"; daneben wurden "Time" und "Newsweek", "The Economist" und "The Sunday Times" sowie "Le Nouvel Observateur" und "L'Express" ausgewertet. Insgesamt 1.180 Artikel in den acht Zeitungen analysierten die Jenaer Wissenschaftler in ihrer Vollerhebung nach 96 Variablen à zehn Ausprägungen. Dabei entstand ein sehr differenziertes Bild von der Gentechik-Berichterstattung in den Medien. Ruhrmann-Mitarbeiter Kohring: "Es gibt nicht die Akzeptanz der Gentechnik. Wir haben festgestellt, daß medizinische Forschungen etwa zu Krebs und AIDS sehr positiv dargestellt wurde, während die Akzeptanz bei Themenfeldern wie Novel Food oder Keimbahntherapie nicht robust ist."
Im Vordergrund stehen in Deutschland wie in den drei anderen Ländern gentechnische Themen aus der Grundlagenforschung und der Genomanalyse. Ruhrmann: "Das dürfte auch für die BioRegio Jena bedeutsam sein." Auch Biologen der Universität Jena sind am "HuGo"-Projekt beteiligt. Knapp dahinter folgt die sogenannte "grüne Gentechnik", also der Themenkomplex Landwirtschaft/Umwelt, der vor allem in Deutschland mit besonders wachen Augen in der Öffentlichkeit verfolgt wird. "Die Gentomate ist bei uns ein viel größeres Reizthema als etwa in den USA, wo die Novel-Food-Entwicklungen sehr viel gelassener aufgenommen wird", bemerkt Georg Ruhrmann.
Die wichtigsten Anlässe in der Berichterstattung aller acht Zeitungen gab die Wissenschaft selbst (in D: 50%); Politik (D: 18%), und Wirtschaft (8%) waren dagegen kaum Auslöser für Presseaufmerksamkeit. "Das ändert sich mit Sicherheit in den nächsten Jahren", wagt Ruhrmann eine Prognose, "Gentechnik wird immer stärker zu einem Wirtschaftsthema werden." In der Risikobilanz sind deutsche Zeitungsberichte weitaus weniger skeptisch als etwa französische, englische hingegen weitaus positiver gestimmt. "Wenn man akzeptiert, daß Medien warnen, aber nie entwarnen", so Ruhrmann, "dann können wir heute in Sachen Gentechnik-Berichterstattung Entwarnung geben."
Ansprechpartner: Prof. Dr. Georg Ruhrmann, Tel.: 03641/944931
Friedrich-Schiller-Universität
Referat Öffentlichkeitsarbeit
Dr. Wolfgang Hirsch
Fürstengraben 1
07743 Jena
Tel.: 03641/931031
Fax: 03641/931032
e-mail: h7wohi@sokrates.verwaltung.uni-jena.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Medien- und Kommunikationswissenschaften
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch
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