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20.05.1998 00:00

Wie der Golfstrom unser Ökosystem beeinflußt

Dr. Wolfgang Hirsch Abteilung Hochschulkommunikation/Bereich Presse und Information
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Jenaer Ökologen an EU-Projekt beteiligt

    Jena. (20.05.98) An dem europaweiten Forschungsprojekt EWVAR zur globalen Klimaveränderung sind Ökologen der Universität Jena beteiligt. 14 Wissenschaftlerteams wollen vor allem durch internationalen Datenabgleich und Datenmodellierung herausfinden, wie weit Lageänderungen des nordatlantischen Golfstroms das Klima auf dem europäischen Kontinent und damit auch naturnahe sowie Agrarökosysteme beeinflussen.

    Die Europäische Union finanziert das Vorhaben, das von der englischen University of Sheffield aus koordiniert wird, zweieinhalb Jahre lang mit rund 160.000 Mark. Ökologen, Botaniker, Ozeanographen, Geographen, Meteorologen und Statistiker arbeiten interdisziplinär zusammen.
    "Wir müssen davon ausgehen, daß sich das Weltklima in den nächsten 50 Jahren durch Anreicherung von CO2 und anderen Treibhausgasen spürbar verändern wird", befürchtet Dr. Winfried Voigt vom Jenaer Institut für Ökologie. "Falls sich dadurch der Golfstrom als Europas Warmwasserheizung dauerhaft verlagern sollte oder gar eine andere Richtung nimmt, könnte das für uns besonders unangenehme Folgen haben."

    Um Szenarien für diese globale Klimaverschiebung zu entwerfen, müssen zunächst die bestimmenden Faktoren erkannt und bewertet werden. Wie sensibel das natürliche Gleichgewicht austariert ist, erläutert der Wissenschaftler an einem einfachen Beispiel: "Driftet der Golfstrom in einem Winter mehr nach Norden ab, verringert sich die Zooplanktonproduktion in englischen Seen. Das hat Einfluß auf die Nahrungskette. Englische Kollegen konnten auch nachweisen, daß Biomasseertrag und Zusammensetzung der Vegetation auf südenglischen Wiesen mit Golfstromschwankungen hochkorelliert sind."

    Genau diese Effekte werden seit 25 Jahren im Leutratal und in anderen Gebieten um Jena untersucht. Dort haben die Ökologen Meßsonden und Fanggeräte installiert und sind mit Käscher und "Staubsauger" unterwegs, um Pflanzen, Insekten, Spinnen und andere Wirbellose zu erfassen. "Das steckt viel Handarbeit drin, die man nicht automatisieren kann", schmunzelt Voigt, weiß aber, daß sich die Mühe lohnt. Ohne diesen voluminösen Datenbestand über Vegetation und Fauna wäre sein Team kaum um Teilnahme am EWVAR-Projekt gebeten worden.

    Noch aufwendiger als die Datenerhebung ist der statistische Datenabgleich. "Mehr als die Hälfte ihrer Zeit verbringen moderne Ökologen am Computer", desillusioniert Voigt Öko-Romantiker. In komplexen mathematischen Verfahren werden Störfaktoren aus den Klimamodellen herausgerechnet. Manchmal muß man schon bei den Datenquellen vorsichtig sein. Bei den Angaben über die Biomasse von Getreide etwa verlassen sich die Jenaer lieber auf die Angaben des Statistischen Bundesamtes für Hessen und Bayern: "Die Erntedaten für Thüringen fielen zu DDR-Zeiten nicht selten recht optimistisch aus."

    Die Datenerhebung der 14 Projektteams in Europa und Kanada muß nachträglich methodologisch angeglichen und standardisiert werden. Erst dann entstehen jene Modelle, in denen etwa die Verlaufskurven von Temperatur- und Niederschlagsverteilung mit Veränderungen in der Tier- und Pflanzenwelt in Zusammenhang gebracht werden können. Regelmäßig finden dazu virtuelle Konferenzen via Internet statt.

    "Jeder weiß, daß der Golfstrom das Klima - und damit auch Vegetation und Fauna - für die Britischen Inseln bestimmt", erklärt Winfried Voigt, "aber wie groß der Einfluß auf unsere Breiten oder auf Ungarn ist, versuchen wir erst herauszufinden." Als ein Ergebnis des Projekts werden Prognosen für das Naturschutzmanagement, möglicherweise auch für die Landwirtschaft erwartet.

    Ansprechpartner: Dr. Winfried Voigt, Institut für Ökologie der Universität Jena, Tel.: 03641/949414, e-mail: b5wivo@rz.uni-jena.de


    Friedrich-Schiller-Universität
    Referat Öffentlichkeitsarbeit
    Dr. Wolfgang Hirsch
    Fürstengraben 1
    07743 Jena
    Tel.: 03641/931031
    Fax: 03641/931032
    e-mail: h7wohi@sokrates.verwaltung.uni-jena.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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