Die vom Bundesrat vergangene Woche beschlossene pauschale Vorratsspeicherung von Internet-Kommunikationsdaten verletzt das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, warnt der Präsident der Gesellschaft für Informatik.
Bonn, 7. Juni 2002 "Das geht viel zu weit", sagte Heinrich C. Mayr, Präsident der Gesellschaft für Informatik e.V. (GI), zu dem vergangene Woche vom Bundesrat verabschiedeten Gesetzantrag, der eine pauschale Vorratsspeicherung aller Internet-Kommunikationsdaten ermöglicht.
"Die Herstellung und Verbreitung von Kinderpornografie muss verhindert werden, dabei ist mit aller Härte durchzugreifen", betonte Mayr, selbst Vater von zwei Kindern. Der erforderliche Schutz vor Kinderpornografie werde hier aber zum Anlass genommen, eine lückenlose Erfassung und unbefristete Speicherung aller Kommunikationsdaten der Internetgemeinde einzuführen. Die Maßnahmen, die der Bundesrat durch den "Gesetzantrag zur Verbesserung der Ermittlungsmaßnahmen wegen des Verdachts sexuellen Missbrauchs von Kindern" bezwecke, gingen weit über die Ermittlungsmöglichkeiten in Strafsachen hinaus.
Mayr: "Was hier geplant ist, ist genauso, als würden die Telefonbetreiber dazu verpflichtet, jedes Telefongespräch, jeden Wählversuch und im Fall des Mobiltelefonats den jeweiligen Aufenthaltsort von Anrufer und Angerufenen aufzuzeichnen und sofort an die Sicherheitsbehörden weiterzuleiten. Orwell lässt hier wieder mal schön grüßen!"
Solche Verbrechen seien an der Quelle zu verhindern. Hier sei eine präventive Erziehungs- und Sozialpolitik gefragt und nicht zuletzt auch die volle Nutzung des Strafrahmens. Außerdem müsse man verstärkt Werkzeuge entwickeln, die verdächtiges Material erkennen, sagte Mayr. Derartige Maßnahmen zu fördern, sei im Kampf gegen die Verbreitung strafbarer Inhalte sicher wirksamer und nachhaltiger als die willkürliche Speicherung sämtlicher Kommunikationsdaten. "Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Einzelnen darf nicht geopfert werden, nur weil die Technik es ermöglicht, und das mit einem ungeheuren Aufwand, den letztendlich die Verbraucher zahlen müssten", so Mayr. Er appelliere deshalb an den Bundestag, diesem Gesetzesantrag nicht zuzustimmen.
Mit der Neufassung der Telekommunikations-Überwachungsverordnung (TKÜV) und der Aufnahme biometrischer Daten in den Personalausweis habe man begründeten Sicherheitsbedürfnissen voll Genüge geleistet. Eine Verschärfung wie die vom Bundesrat vorgeschlagene führe endgültig zum gläsernen Bürger. "Dies kann und darf in einer freiheitlichen Demokratie niemand wollen."
Bei Abdruck Belegexemplar erbeten. Vielen Dank!
Cornelia Winter, 0228-302147, winter@gi-ev.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Gesellschaft, Informationstechnik, Medien- und Kommunikationswissenschaften
überregional
Wissenschaftspolitik
Deutsch
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