Zweiter Teil der Ringvorlesung der Universität Rostock
"Der Mensch und sein Tod - am Ende des Lebens möglichst alles oder alles Mögliche?" Auf diese Frage versuchte Prof. Michael Herbst am vergangenen Donnerstag im Rahmen der Ringvorlesung eine Antwort zu geben. Eingebettet waren die Thesen des Professors für Praktische Theologie an der Universität Greifswald in das aktuelle Thema "Sterbehilfe und Sterbebegleitung" der Veranstaltungsreihe des laufenden Sommersemesters.
In der erneut voll besetzten Aula des Universitätshauptgebäudes hinterfragte Prof. Herbst das Thema aus theologischer Sicht und wies auf die Gefahren aktiver Sterbehilfe hin. Seiner Meinung nach darf eine von vielen erwünschte Liberalisierung der Sterbehilfe in Deutschland nicht dazu führen, dass sich die Gesellschaft und die im medizinischen Bereich Tätigen an "den Tod gewöhnen." Ihm seien Fälle aus den Niederlanden bekannt, wo auch Kindern und psychisch Kranken Sterbehilfe gewährt werde. "Hier muss der Zeitgeist abgewägt werden."
Dies führte zur Kernfrage seines Referates: Darf der Patient alles verlangen, muss der Arzt alles ausführen? "Nein", so der Theologe. Der Willen des Patienten habe zwar immer im Mittelpunkt zu stehen, doch sei der Arzt derjenige, welcher letztendlich mit entscheiden solle, was das Richtige sei.
Einen weiteren ethischen Konflikt der Moderne sieht der Theologe im medizinischen Fortschritt. "Es gibt eine Janusköpfigkeit in der Medizin: Vielen, die früher rasch gestorben sind, kann heute geholfen werden. - doch sind die meisten danach in einem bejammernswerten Zustand." Die Würde des Menschen - und damit sein Selbstbestimmungsrecht - bleibe aber: "Wir haben Würde ohne Rücksicht auf das Vorhandensein oder Fehlen von Qualitäten."
In einem Gutachten für die Pommersche Evangelische Kirche kam der Theologe daher zu folgenden Schlüssen: Gesellschaft und Gesetzgebung haben auch weiterhin "Nein zur Herbeiführung des Todes" zu sagen. Hier "drohen Unfreiwilligkeit und Dammbrüche". In diesem Zusammenhang wies Prof. Herbst auf die Bedeutung der Seelsorge hin. Diese solle dem eigentlichen Patienten genauso wie dessen Angehörigen zur Verfügung stehen. Gleichermaßen sein Plädoyer für Hospize. Dort sei "der Umgangs mit Sterbenden erlernbar." Trotz Zeitnot und Arbeitsbelastung verdienen es Patienten, "begleitet statt alleingelassen zu werden." Eine weitere Konsequenz ist seiner Ansicht nach ein "Ja zur Änderung der Therapieziele". "Änderung, nicht Abbruch der Therapie!", stellt der Wissenschaftler dabei klar. Ebenso solle "Vorsicht vor gelenkter Sterblichkeit" und "Vorsicht vor dem mutmaßlichen Willen" gelten. Ein so genannter "milder Paternalismus" - die Ansicht, "dass ein Arzt schon alles richtig mache" - schütze hier gar vor unfreiwilligen Tötungen.
Am kommenden Donnerstag wird Dr. Jaap J. F. Visser, Leiter der für Sterbehilfe zuständigen Abteilung im niederländischen Gesundheitsministerium zu "Aktive Sterbehilfe in den Niederlanden - ein Modell für Deutschland?" sprechen. Beginn ist wiederum um 19.00 Uhr in der Aula im Universitäts-Hauptgebäude.
Michael Lüdtke
Presse- und Informationsstelle
der Universität Rostock
Für Rückfragen: 0172/ 80 36 127
Merkmale dieser Pressemitteilung:
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überregional
Buntes aus der Wissenschaft
Deutsch
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