Hamburg – Um ihr Körpergewicht langfristig zu senken, entscheiden sich weitaus mehr übergewichtige Frauen für einen operativen Eingriff als dicke Männer. Der größere Wunsch, weniger zu wiegen, verbessert auch deren Therapietreue. Einige Verfahren der sogenannten Adipositaschirurgie seien deshalb bei Frauen wirkungsvoller als bei Männern. Dass bei der Wahl des Operationsverfahrens auch das Geschlecht eine Rolle spielt und welche Unterschiede es bei den Komplikationsraten zu beachten gibt, diskutieren Experten auf der Tagung „Viszeralmedizin 2012“ vom 19. bis 22. September 2012 im Congress Center Hamburg (CCH).
Nach aktuellen Daten des Robert-Koch-Instituts sind in Deutschland rund zwei Drittel der Männer und über die Hälfte der Frauen übergewichtig oder fettleibig. Ab einem Body-Mass-Index (BMI) von über 30 gilt eine Person als adipös. Hier sind die Anteile nahezu gleich verteilt: 23 Prozent der Männer und 24 Prozent der Frauen hierzulande haben Adipositas. Starkes Übergewicht führt besonders häufig zu Begleit- und Folgeerkrankungen wie Diabetes mellitus Typ 2 oder Bluthochdruck. Um diese zu verhindern und das Gewicht stark und langfristig zu reduzieren, unterziehen sich immer mehr Betroffene einer Operation.
Für eine Magen-Operation gegen die überflüssigen Pfunde entscheiden sich mehrheitlich Frauen. Wie eine Qualitätssicherungsstudie an der Universität in Magdeburg zeigt, beträgt der Frauenanteil in den letzten drei Jahren über 70 Prozent. In der Studie untersuchten Wissenschaftler die Ergebnisse und Komplikationen der Adipositaschirurgie in Deutschland. Professor Dr. med. Rudolf A. Weiner, Chefarzt der Chirurgischen Klinik am Krankenhaus Sachsenhausen in Frankfurt am Main, befasst sich dabei auch mit den geschlechtsspezifischen Unterschieden. „Frauen empfinden ihre Leibesfülle als viel belastender, als das bei Männern der Fall ist. Durch den höheren Leidensdruck entscheiden sie sich eher für die Operation“, weiß Professor Weiner. Während bei Frauen das Aussehen ausschlaggebend sei, so stünde bei Männern eher im Fokus, berufsfähig zu bleiben.
Ob Magenballon, -band, -bypass oder Schlauchmagen – was das geeignete Verfahren ist, sollten Arzt und Patient gemeinsam besprechen. Ärzte sollten dabei nicht nur anhand von Gewicht, Alter oder Begleiterkrankung entscheiden, sondern auch das Geschlecht berücksichtigen. Professor Weiner erläutert im Vorfeld der „Viszeralmedizin 2012“: „Frauen erzielen mit restriktiven Verfahren, die vor allem über eine Zügelung der Nahrungsmenge wirken wie etwa dem Magenband, eine größere Gewichtsabnahme als männlichen Patienten. Sie sind therapietreuer, das heißt, sie stellen eher ihre Nahrung um und essen kleinere Portionen.“ Keine geschlechtsbedingten Unterschiede in der Lebensqualität nach der Operation gebe es hingegen beim Magenbypass. Dabei wird die Nahrung aus einem verkleinerten Magen direkt in den Dünndarm geleitet, womit zusätzlich die Nahrung schlechter aufgeschlossen und verwertet wird. Die Komplikationen sind ebenfalls unterschiedlich: So kam es nach einer Schlauchmagen-Operation bei Männern doppelt so häufig zu Komplikationen an der Nahtstelle wie bei Frauen.
Aber auch hinsichtlich der Erwartungen an eine Operation erkennt Weiner einen weiteren Unterschied zwischen Männern und Frauen: „Während Männer nur eine drastische Reduktion ihres Körpergewichts anstreben, glauben weibliche Patienten immer noch daran, dass sie ihr Traumgewicht aus jungen Jahren erreichen können.“ Da eine Operation diese Erwartung nicht erfüllen kann, sollte der behandelnde Arzt bei Patientinnen auf die Erfolgsaussichten besonders eingehen.
Literatur:
1.Weiner RA: Adipositas permagna: geschlechtsspezifische Therapie oder „alle über einen Kamm“?, Current Congress, Sept. 2012 – Kongresszeitung zur „Viszeralmedizin 2012“
2.DEGS: Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland des Robert Koch-Instituts, http://www.degs-studie.de
3.Stroh C, Köckerling F, Weiner RA et al. Are there gender-specific aspects of sleeve gastrectomy? – Data Analysis from the Quality Assurance Study of Surgical Treatment of Obesity in Germany. Obes Surg 2012 Aug;22(8):1214-9 [Epub ahead of print]
Das ausführliche Kongressprogramm finden Sie hier: http://www.viszeralmedizin.com
Terminhinweise:
Kongress-Pressekonferenz anlässlich der Viszeralmedizin 2012
Termin: Donnerstag, 20. September 2012, 12.30 bis 13.30 Uhr
Ort: Saal 18/19, Congress Center Hamburg (CCH), Am Dammtor/Marseiller Straße, 20355 Hamburg
Themen und Referenten:
Wenn die Speiseröhre träge wird und der Magen sich nicht mehr entleert:
Neue Therapien gegen Achalasie und Gastroparese
Professor Dr. med. Peter Layer, Kongresspräsident der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS), Ärztlicher Direktor der Medizinischen Klinik, Israelitisches Krankenhaus, Hamburg
Schlüsselloch-OP ja oder nein – Wann sind minimalinvasive Verfahren offenen Eingriffen überlegen?
Professor Dr. med. Stefan Post, Kongresspräsident der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV), Direktor der Chirurgischen Klinik, Universitätsklinikum Mannheim
Neues endoskopisches Verfahren bietet komplette Entfernung von Barrett-Risiko-Schleimhaut und Frühkarzinomen
Professor Dr. med. Jürgen Hochberger, Vorsitzender Sektion Endoskopie der DGVS, Chefarzt der Medizinische Klinik III, Gastroenterologie und Allgemeine Innere Medizin, Klinikum Hildesheim
Regiert uns unsere Darmflora? Einfluss von Bakterien auf Übergewicht, Schäden durch Antibiotika und Neues aus der Mikrobiom-Forschung
Professor Dr. med. Stephan Bischoff, Direktor des Instituts für Ernährungsmedizin, Leitung des Fachgebiets Ernährungsmedizin/Prävention und Genderforschung der Universität Hohenheim, Stuttgart
Sackgasse oder Durchbruch? Kann individualisierte Medizin die Krebstherapie verbessern?
Professor Dr. med. Hartmut Juhl, Gründer und Geschäftsführer der Indivumed GmbH, Hamburg
**************************
Kongresssitzungen zum Thema:
Von der Malnutrition bis zur Adipositas:
Mechanismen und Management der gestörten Nahrungsverwertung
Donnerstag, 20. September 2012, 15.00 bis 16.30 Uhr, Saal B, CCH
Alle über einen Kamm? Die Bedeutung von Alter und Geschlecht bei GI-Erkrankungen
Freitag, 21. September 2012,15.30 bis 17.00 Uhr, Saal 7, CCH
(15.48-16.06 Uhr: Adipositas permagna: geschlechtsspezifische chirurgische Therapie?)
Adipositaschirurgie: Video
Freitag, 21. September 2012, 8.00 bis 10.00 Uhr, Saal F, CCH
Kontroversen bei adipositaschirurgischen Operationen und deren gutachterliche Bewertung
Freitag, 21. September 2012, 12.00 bis 13.30 Uhr, Saal 8, CCH
Kontakt für Journalisten:
Pressestelle Viszeralmedizin 2012
Christine Schoner, Irina Lorenz-Meyer
Pf 30 11 20, 70451 Stuttgart
Tel: 0711 8931-573
Fax: 0711 8931-167
schoner@medizinkommunikation.org
lorenz-meyer@medizinkommunikation.org
http://www.viszeralmedizin.com
http://www.dgvs.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Medizin
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Wissenschaftliche Tagungen
Deutsch
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).