Bestimmte Immunzellen sorgen für die Bildung von Antikörpern, also von Eiweißen, die Fremdstoffe im Körper spezifisch erkennen. Die Antikörper sitzen zunächst auf der Oberfläche dieser Zellen. Daran bindende Fremdstoffe führen zur Aktivierung, daran bindende körpereigene Stoffe zum Selbstmord der entsprechenden Zellen. Weil dieser Mechanismus auch im Hinblick auf Autoimmunkrankheiten von Interesse ist, wird er an der Universität Würzburg erforscht.
Der zellgebundene Antikörper wird Antigenrezeptor genannt und befindet sich auf der Oberfläche von B-Lymphozyten. Mit dieser Klasse von Immunzellen beschäftigt sich die Arbeitsgruppe von Dr. Lars Nitschke am Institut für Virologie und Immunbiologie.
Trifft ein eingedrungener Fremdstoff zum Beispiel in einem Lymphknoten oder in der Milz auf B-Lymphozyten, dann bindet er an den Antigenrezeptor. Dadurch wird die Reifung der B-Zellen stimuliert. Sie entwickeln sich weiter zu Plasmazellen, die große Mengen von löslichen Antikörpern gegen den Fremdstoff bilden und damit die Abwehrreaktion in Gang setzen. Ob der Angriff jedoch tatsächlich eingeleitet wird, hängt von der Stärke des Signals ab, das vom Antigenrezeptor ausgeht.
Der Antigenrezeptor spielt auch in der Kindheit der B-Lymphozyten, die im Knochenmark gebildet werden, eine Rolle. Dort kann bei denjenigen B-Lymphozyten, deren Antigenrezeptor sich gegen Strukturen des eigenen Körpers richtet, ein Signal ausgelöst werden, das ein Selbstmordprogramm der B-Zellen in Gang setzt.
Wie diese "schlechten", weil gegen den eigenen Körper gerichteten B-Lymphozyten im Knochenmark aussortiert werden, ist laut Dr. Nitschke bislang nicht genau bekannt. Vermutlich hängen aber auch diese Vorgänge von der Stärke des Antigenrezeptor-Signals ab. Läuft bei der Auswahl etwas schief, dann bleiben die gegen den eigenen Organismus gerichteten B-Lymphozyten unversehrt - das kann die Entstehung von Autoimmunkrankheiten auslösen.
In der Membran von B-Lymphozyten sind nun Moleküle vorhanden, die in die Signalleitung eingreifen. Dr. Nitschke hat gezeigt, daß ein Eiweiß namens CD22 das Signal des Antigenrezeptors abschwächt. Der Nachweis gelang ihm mit Mäusen, welche dieses Eiweiß nicht mehr produzieren können. In den B-Lymphozyten dieser Tiere stieg die Kalzium-Konzentration an, nachdem der Antigenrezeptor stimuliert worden war. Zudem war eine höhere Zelltodrate zu verzeichnen als bei Zellen von normalen Mäusen. "Damit ist klar, daß CD22 zentral in die Regulation des Antigenrezeptor-Signals und der damit verbundenen biologischen Prozesse eingreift", folgert Dr. Nitschke.
In einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projekt untersuchen die Würzburger Immunbiologen jetzt, auf welche Weise CD22 das Kalzium-Signal von B-Lymphozyten abschwächt. Dazu sollen biochemische Botenstoffe identifiziert werden, die zwischen CD22 und dem Antigenrezeptor eingeschaltet sind. Weitere Erkenntnisse erhoffen sich die Wissenschaftler durch die Züchtung genetisch veränderter Mäuse, bei denen das Eiweiß CD22 nicht komplett fehlt, sondern die nur kleine Defekte an dem ins Zellinnere hineinragenden "Schwanz" des CD22-Moleküls tragen. Und zwar Defekte, aufgrund derer die entsprechenden Botenstoffe nicht mehr binden können. So soll herausgefunden werden, welcher Bereich von CD22 für welchen biologischen Effekt verantwortlich ist.
Neue Erkenntnisse über den Mechanismus, mit dem die Signalstärke in B-Lymphozyten gesteuert wird, sind nach Angaben von Dr. Nitschke wichtig, um zum Beispiel Autoimmunkrankheiten, die durch fehlgeleitete, gegen den eigenen Körper gerichtete Immunreaktionen verursacht sind, besser zu verstehen.
Kontakt: Dr. Lars Nitschke, Telefon (0931) 201-3957, Fax (0931) 201-2243, E-Mail:
nitschke@vim.uni-wuerzburg.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Medizin
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch
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