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27.05.1998 00:00

Heinz Maier-Leibnitz-Preis 1998 - TU Berlin-Preistraeger

Ramona Ehret Stabsstelle Kommunikation, Events und Alumni
Technische Universität Berlin

    Am 28. Mai 1998 erhaelt PD Dr. Marius Grundmann vom Institut fuer Festkoerperphysik der TU Berlin zusammen mit fuenf anderen Wissenschaftlern den Heinz Maier-Leibnitz-Preis 1998 fuer Nachwuchswissenschaftler. (Wir berichteten darueber in unserer Medieninformation Nr.59 vom 26.Maerz 1998.) Damit ist er der erste Nachwuchswissenschaftler in Deutschland, der gleichzeitig in das Gerhard-Hess-Foerderprogramm der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) aufgenommen und mit dem Heinz Maier-Leibnitz-Preis ausgezeichnet wird.
    Die Preisuebergabe findet am 28. Mai 1998 um 18.00 Uhr im Deutschen Museum Bonn (Wissenschaftszentrum) statt. Die Abreise von Dr. Grundmann, zusammen mit Prof. Dr. Dieter Bimberg, seinem wissenschaftlichen Mentor, ist am Donnerstag, dem 28.05 um 15.20 am Flughafen Berlin Tegel. Fuer interessierte Journalistinnen und Journalisten besteht dort die Moeglichkeit zu einem Fototermin. (Bitte lassen Sie uns wissen, ob Sie diesen Termin wahrnehmen werden, Tel.: 030/314-23 922, Ramona Ehret.)

    Wir moechten hier die Gelegenheit nutzen und noch einmal ueber die Forschungsarbeiten von Dr. Grundmann zu berichten.

    Es muss schon eine interessante Erfahrung sein, wenn man jahrelang versucht, einen ganz bestimmten Effekt zu vermeiden und dann merkt, dass es genau dieser Effekt ist, der einen weiterbringt. Wie oft das geschieht? Keine Ahnung. Wo so etwas geschieht? Zum Beispiel in der Physik, genauer gesagt in der Halbleiterphysik. Das ist jener Teilbereich dieser Wissenschaft, in dem die Weichen gestellt werden fuer Entwicklungen in der Informations- und Kommunikationstechnologie, vom Computer bis zu Handy und CD-Player. In dieser Branche geht es darum, nach dem Motto "immer kleiner, schneller und billiger" elektronische Bausteine wie Speicher und Mikroprozessoren fuer den Computer zu produzieren. Mikroelektronik ist out, das neue Schlagwort lautet Nanotechnologie. Ein Nanometer ist 1000 mal kleiner als ein Mikrometer. 100 Nanometer entsprechen etwa einem Tausendstel des Durchmessers eines menschlichen Haares. Und so gross oder besser so klein sollen in Zukunft die entscheidenden Strukturen in den Halbleiterbauelementen sein. Zum Beispiel in einem Laser, und damit kommen wir zurueck zum Anfang, zu den Effekten, die man vermeiden will oder auch nicht. Wir kommen zu dem Gebiet, auf dem auch Marius Grundmann forscht.
    Es geht um Quantenpunkte. Das sind winzigste Halbleiterkristalle, aus einigen hundert Atomen zusammengesetzt, nur noch wenige Nanometer breit und hoch.
    Diese Reduktion der Groesse im Vergleich zu "normalen" Kristallen hat Konsequenzen. Die Elektronen koennen sich in Quantenpunkten, anders als in einem grossen Kristall, nicht mehr frei bewegen. Sie sind in den Quantenpunkten eingesperrt - ein Kaefig fuer Elektronen. Deshalb koennen sie nur noch ganz bestimmte - diskrete - Energieniveaus besetzen, waehrend sie im Festkoerper viele verschiedene Energiewerte annehmen. Zwischen den Energieniveaus im Quantenpunkt muessen die Elektronen hin und her springen, aehnlich wie in einem einzelnen Atom. Mit einem Unterschied: die Energieniveaus in den Quantenpunkten koennen ueber deren Groesse, Form und Material beeinflusst werden. Grundmann nennt sie deshalb auch "man-made atoms".
    Und warum sind die nun so interessant? Drei Dinge fallen auf: Sie sind extrem klein, koennten also einer weiteren Miniaturisierung von Bauelementen Vorschub leisten. Sie halten einzelne Elektronen gefangen, die zwischen festen Energieniveaus hin und her springen. Damit koennten neuartige Bauelemente, sogenannte Einelektronentransitoren, realisiert werden. Diese wuerden dann mit nur einem Elektron schalten, anstatt wie heute, mit ca. 100 000. Der Schaltprozess wird schneller, braucht weniger Leistung und produziert weniger Waerme. Die Energieniveaus in den Quantenpunkten und damit die Energie, die ein Elektron beim Sprung zwischen zwei Niveaus als Licht abstrahlt, sind durch die Herstellung (in bestimmten Grenzen) beeinflussbar. Mit Quantenpunkten gebaute Laser koennten also Wellenlaengenbereiche abdecken, die mit sonst ueblichen Halbleiterlasern nicht zugaenglich sind. Laser, die mit Quantenpunkten gebaut sind, sollen schneller, temperaturunabhaengig und bei kleineren Stroemen als bisher arbeiten.
    Doch so vielversprechend die Theorie klingt, so schwierig ist die Praxis. Wie baut man zum Beispiel einen Minikristall mit 1000 Atomen, keins mehr und keins weniger? Wie baut man ganz viele davon, exakt gleich und ohne Unterschied, und wie genau haengen deren Eigenschaften nun mit Form und Groesse zusammen? Leuchtet der Laser rot, wenn die Quantenpunkte pyramidenfoermig sind und ist sein Licht rosa, wenn sie eine runde, flache Form haben?
    "Wir untersuchen alle Aspekte der Quantenpunkte, ihre Herstellung, Charakterisierung und Anwendung", erklaert Marius Grundmann, "wir schauen nach, ob diese Nanostrukturen die erwarteten Eigenschaften auch haben."
    Das heisst zuerst: Herstellung. Hier haben Grundmann und seine Kollegen an der TU gezeigt, dass man einen Effekt nutzen kann, der das Wachstum qualitativ guter Halbleiterschichten verhindert. Schon 1937 hatten die Physiker Iwan Stranski (der zwischen 1949 und 1954 Prorektor bzw. Rektor der TU Berlin war) und Leo Krastanow festgestellt: Wenn man einen Kristall auf einen anderen aufwaechst, ist dies nur dann problemlos moeglich, wenn beide die gleiche Gitterkonstante haben (sprich ihre Atome exakt im gleichen Abstand angeordnet sind). Ist das nicht der Fall, entstehen Spannungen, irgendwann reisst die Schicht auf. Was bleibt sind Kristallfehler und Versetzungen. Als Grundlage fuer ein Bauelement ist solch eine Kristallschicht nicht mehr zu gebrauchen. Oder? Nun, eine glatte Schicht entsteht nicht, durch geschickte Wahl der Wachstumsbedingungen kann man aber etwas anderes erreichen: Die Schicht reisst auf und bildet viele kleine Inseln. "Man kann ausrechnen, dass die Verspannung dann am geringsten wird, wenn alle diese Inseln eine ganz bestimmte Groesse haben" erklaert Grundmann diese Methode zur Herstellung von Quantenpunkten. Die Fachleute nennen das selbstorganisiertes Wachstum, unter welchen Bedingungen dies am besten geschieht, wird weltweit erforscht. Allein an der TU Berlin beschaeftigen sich mehrere Arbeitsgruppen im Rahmen eines Sonderforschungsbereiches (Sfb 296) mit diesem Thema. Prof. D. Bimberg von der TU Berlin ist Sprecher dieses Sfb's.
    Marius Grundmann hat auch genau berechnet, wie sich die Ladungstraeger, die Elektronen, in solchen Quantenpunkten verhalten. Dies ist wohl ein massgeblicher Grund, warum er den Heinz Maier-Leibnitz-Preis erhaelt. "Modelle dafuer gibt es eigentlich schon seit etwa 15 Jahren" erklaert er, doch diese beachten nicht die kleinen Abmessungen des Quantenpunktes. Sie tun haeufig so, als ob er auch ein grosser Volumenkristall waere. Formeln, die dann richtig sind, koennen aber nicht einfach uebernommen werden und Naeherungen treffen nicht mehr zu. "Da muss man genau aufpassen, was man tut" erklaert Grundmann das Vorgehen, wenn man dieses System irgendwo zwischen Festkoerper und Atom theoretisch beschreiben will.
    Bliebe noch die Frage nach der Anwendung. Erste funktionsfaehige Laser hat die Arbeitsgruppe um Dieter Bimberg und Marius Grundmann zusammen mit Wissenschaftlern in St. Petersburg schon entwickelt. Dazu werden mehrere Schichten von Quantenpunkten in ein anderes Halbleitermaterial eingebettet und in rund 15 weiteren Prozessschritten fertiggestellt. "Durch UEbergang von Schichten zu Quantenpunkten konnten wir mit dem selben Material neue Farben erzeugen" erklaert Grundmann die Vorteile dieses Prinzips. Beim Galliumarsenid, ein oft verwendetes Halbleitermaterial, gelang es, die Wellenlaenge des Lichtes soweit zu vergroessern, dass sie nun fuer die Datenuebermittlung in Glasfaserkabeln deutlich besser geeignet ist. Kaufen kann man die Quantenpunktlaser allerdings noch nicht. Bis dahin ist noch einiges an Forschungsarbeit zu tun, die Haltbarkeit und Zuverlaessigkeit der kleinen Leuchten zu erforschen. Doch innerhalb der naechsten zehn Jahre sollten sie schon auf den Markt kommen. "Wenn nicht", so Grundmann pragmatisch, "hoeren wir damit auf".

    Weitere Informationen erteilt Ihnen gern: Dr. Marius Grundmann, Institut fuer Festkoerperphysik der TU Berlin, Tel: 030/314 22072 oder -22082, Fax: -22569


    Weitere Informationen:

    http://www.tu-berlin.de/presse/pi/1998/pi125.htm


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Elektrotechnik, Energie, Mathematik, Physik / Astronomie, Werkstoffwissenschaften, fachunabhängig
    überregional
    Forschungsprojekte, Personalia, Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

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