Katalyseforschung stärkt Wettbewerbsfähigkeit
Die Katalyse ist ein altbewährtes Konzept, um chemische Prozesse zu beschleunigen und dabei eine hohe Ausbeute gewünschter Produkte zu erzielen. Waren solche Verfahren ursprünglich auf die chemische Industrie begrenzt, werden sie heute in zunehmendem Maße in der Elektronik-, Computer- und Umwelttechnologie eingesetzt. Schätzungsweise 20 % des Bruttosozialprodukts der Welt werden durch katalytische Prozesse erwirtschaftet - mit stark steigender Tendenz. In Nordrhein-Westfalen hat man den Wachstumsmarkt, der hinter dieser Schlüsseltechnologie steckt, erkannt. Das Ministerium für Wissenschaft und Technologie unterstützt diese "sanfte Chemie" durch ein Förderprogramm, das 1996 zur Gründung des "NRW-Forschungsverbundes Katalyse" geführt hat. Eine dieser Gruppen arbeitet am Institut für Physikalische und Theoretische Chemie der Universität Bonn unter Leitung von Prof. Joachim Bargon. Die von dieser Gruppe entwickelte Methode erhielt in der letzten Woche erneut wissenschaftliche Bestätigung: Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) bewilligte Geräte und Fördermittel in Höhe von knapp einer halben Million DM.
Die Bonner Methode nutzt den Umstand, daß Elektronen und bestimmte Atomkerne magnetisch aktiv sind. Beim Wasserstoff können die aus den beiden Atomen resultierenden magnetischen Momente entweder gleich- oder entgegengerichtet sein. Im ersteren Fall spricht man von Ortho-, im letzteren Fall von Parawasserstoff. Die Bonner Methode verwendet nur den Parawassserstoff, der sich - wiederum katalytisch - durch Kühlung mit flüssiger Luft anreichern läßt. Das Verfahren arbeitet somit enorm kostenkünstig. In Kombination mit der magnetischen Kernspinresonanz resultiert aus dieser spektroskopischen Methode ein Laserartiger Verstärkungseffekt, der eine wesentlich empfindlichere und damit genauere Untersuchung katalytischer Reaktionen gestattet, als dies bisher möglich war.
Schwerpunkt der aktuellen Anwendungen ist die Optimierung katalytischer Reaktionen, die zur selektiven Synthese von rechts- und linksdrehenden Formen eines Wirkstoffs führen. Es war Louis Pasteur, der erkannte, daß Substanzen in spiegelbildlichen Formen vorkommen. Diese Eigenschaft verleiht den beiden Formen einer Substanz entweder unterschiedliche Aromen oder unterschiedliche pharmazeutische Wirkungen. So kommt die eine Form des Wirkstoffes Limonen im Citronenöl, die andere im Pfefferminzöl vor. Im Falle des Schmerzmittels Contergan rief nur eine Form die bekannten Nebenwirkungen hervor. Die durch technische Synthese gleichzeitig erhaltenen alternativen Formen können beispielsweise durch Röntgenstrukturanalyse oder - ganz aktuell - durch eine Kombination von Optischer Spektroskopie und einer in der Gruppe Theoretische Chemie im gleichen Bonner Institut von Dr. Stefan Grimme entwickelte und mit dem Bennigsen-Foerder-Preis ausgezeichnete Methode zur Berechnung und Interpretation der optischen Spektren unterschieden werden. Die von Bargon optimierten Katalysatoren gestatten es dagegen, ausschließlich die gewünschte links- oder rechtsdrehende Komponente einer Substanz zu synthetisieren.
Da diese Optimierungsmethode umweltverträglich, frei von unerwünschten Nebenprodukten und preiswert ist, haben sich in den letzten Wochen und Monaten unterschiedliche industrielle Kooperationspartner und Nutzer gefunden. So eignet sich die Bonner Methode unter anderem auch - als teilweiser Ersatz für radioaktive Markierungsverfahren - dafür, neue Medikamente in deutlich kürzerer Zeit zu qualifizieren und somit früher auf den Markt zu bringen. Ein Heidelberger Pharmaunternehmen möchte das Know-how des Instituts in der Galenik, der Kunst der Einbettung eines Wirkstoffes, nutzen, um so die "Bioverfügbarkeit" eines Schmerzmittels zu beschleunigen.
Man hofft, so in Zukunft Kopfschmerzen schneller und mit geringerer Dosierung lindern zu können.
Ferner wurde auf der Envitec '98 eine elektronische Nase vorgestellt, die die Überwachung und Messung von Gasen erlaubt, die als biogene Emissionen in der Landwirtschaft anfallen.
Ansprechpartner:
Prof. Dr. Joachim Bargon, Tel. 0228 - 73 22 61 (ab 22. 6. 98)
oder
Wiss. Ass. Dr. Klaus Woelk, Tel. 0228 - 73 7871
e-mail: woelk@rs1.thch.uni-bonn.de.
http://pcgate.thch.uni-bonn.de/pc/bargon.html
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Chemie
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch
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