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15.07.2002 15:59

Wissenschaftsrat verabschiedet Stellungnahme zu 9 Großgeräten der naturwissensch.Grundlagenforschung

Dr. Uta Grund Geschäftsstelle
Wissenschaftsrat

    Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat den Wissenschaftsrat im Herbst 2000 gebeten, zu neun Großgeräten eine fachliche Begutachtung und wissenschaftspolitische Bewertung abzugeben, die von Institutionen der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren (HGF), der Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz (WGL) und der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) teilweise in Kooperation mit Universitäten sowie europäischen und internationalen Partnern geplant werden. Die Großgerät-Projekte betreffen weite Bereiche der Physik, Materialwissenschaften, Umwelt- und Geoforschung sowie Teile der Lebenswissenschaften.

    Eine vom Wissenschaftsrat eingesetzte Arbeitsgruppe hat die fachspezifische Begutachtung der einzelnen Projekte durch mehrere Unterarbeitsgruppen veranlasst. An den Einzelbegutachtungen nahmen neben Mitgliedern des Wissenschaftsrats 53 externe Sachverständige teil, darunter 36 aus dem Ausland. Der Wissenschaftsrat hat die einzelnen Großgeräteplanungen auf Grundlage der Begutachtungsergebnisse der jeweiligen Unterarbeitsgruppen in den Kontext der nationalen und internationalen Entwicklung der betreffenden Forschungsgebiete gestellt und in ihrer wissenschaftspolitischen Bedeutung abgewogen. Dies hat zu einer Einteilung der Großgerät-Projekte in drei Gruppen geführt:

    Die erste Gruppe von Großgeräten, mit deren Realisierung Forschungsinfrastrukturen einer neuen Qualität verfügbar werden, die in ganz entscheidendem Maße zur Weiterentwicklung des jeweiligen Forschungsgebietes beitragen und neue wissenschaftliche Erkenntnisse erwarten lassen, hält der Wissenschaftsrat ohne Vorbehalt für förderungswürdig. Forschungsprogramm und technischer Projektvorschlag liegen in überzeugender Weise vor. Zu dieser ersten Gruppe zählen:

    - Labor für gepulste, sehr hohe Magnetfelder (HLD), das vom Forschungszentrum Rossendorf (FZR) und dem Institut für Festkörper- und Werkstofforschung Dresden (IFW) geplant wird. Die Investitionskosten belaufen sich auf 25 Mio. Euro. Das geplante Labor für lang gepulste, sehr hohe Magnetfelder bis zu 100 Tesla ermöglicht einzigartig neue Untersuchungen in der Physik der kondensierten Materie und den Materialwissenschaften.

    - Forschungsflugzeug für die Atmosphärenforschung und Erdbeobachtung (HALO), das vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und der MPG geplant wird. Die Investitionskosten belaufen sich auf 97 Mio. Euro. HALO, mit seinen gegenüber derzeitigen Forschungsflugzeugen erweiterten Einsatzmöglichkeiten lässt bedeutende Beiträge zur internationalen Global-Change-Forschung und geophysikalischen Forschung erwarten.

    Bei der zweiten Gruppe von Großgeräten, mit deren Realisierung ebenfalls Forschungsinfrastrukturen einer neuen Qualität verfügbar werden, besteht noch Klärungsbedarf in bestimmten Fragen. Deshalb hält der Wissenschaftsrat die Großgeräte dieser Gruppe mit Auflagen für förderungswürdig. Er bittet den Bund, ihm die entsprechend den Auflagen konzeptionell überarbeiteten Teile der Projektvorschläge nochmals vorzulegen. Zu dieser Gruppe zählen:

    - Supraleitender Elektron-Positron Linearcollider (TESLA), der federführend vom Deutschen Elektronen-Synchrotron (DESY) in einer weltweiten Kooperation geplant wird. Die Investitionskosten belaufen sich auf 3,45 Mrd. Euro. Mit TESLA werden fundamental wichtige Fragen der Elementarteilchenphysik und der Kosmologie zugänglich und beantwortbar.

    - TESLA Freie Elektronen Röntgenlaser (TESLA X-FEL), der als Teil des internationalen TESLA-Projekts federführend von DESY geplant wird. Nach den derzeitigen Planungen belaufen sich die Investitionskosten des X-FEL auf 673 Mio. Euro. Aufgrund der hohen Leuchtstärke und zeitlichen Auflösung des X-FEL ist für viele Gebiete der natur-, lebens-, geo- und materialwissenschaftlichen Forschung eine gänzlich neue Qualität von Experimenten zu erwarten.

    - Beschleunigeranlage zur Erzeugung energetischer Ionenstrahlung hoher Intensität und Qualität, die von der Gesellschaft für Schwerionenforschung in Darmstadt (GSI) geplant wird. Die Investitionskosten belaufen sich auf 675 Mio. Euro. Die geplante Anlage eröffnet neue Wege in der grundlagen- und anwendungsorientierten Forschung, vor allem in den Bereichen Kern-, Hadronen-, Atom- und Plasmaphysik.

    Zur dritten Gruppe von Großgeräten gibt der Wissenschaftsrat aus unterschiedlichen Gründen spezifische Stellungnahmen ab. Sollte eine Fortführung der Arbeiten am Forschungsprogramm und am technischen Projektvorschlag dieser Großgeräte zu erweiterten Erkenntnissen und zu einem neuen Projektvorschlag führen, ist eine erneute Begutachtung erforderlich. Zu dieser Gruppe zählen:

    - Freie Elektronen Laser für weiche Röntgenstrahlung (Soft X-ray-FEL), der von der Berliner Elektronenspeicherring-Gesellschaft für Synchrotronstrahlung mbH (BESSY) geplant wird.

    - Europäische Spallations-Neutronenquelle (ESS), die in einer europäischen Kollaboration unter Beteiligung des Forschungszentrums Jülich (FZJ) und des Hahn-Meitner-Instituts (HMI) geplant wird.

    - Hochfeldmagnetanlage für Strukturuntersuchungen mit Neutronen, die vom Hahn-Meitner-Institut (HMI) geplant wird.

    - Europäisches eisbrechendes Forschungsbohrschiff (Aurora Borealis), das in einer europäischen Kollaboration unter Federführung des Alfred-Wegener-Instituts für Polarforschung in Bremerhaven (AWI) geplant wird.

    Der Vorsitzende des Wissenschaftsrates, Professor Dr. Karl Max Einhäupl, hebt die besondere Bedeutung der fünf förderungswürdigen Großgerät-Projekte sowohl für den Wissenschaftsstandort Deutschland als auch für die europäische wie internationale Wissenschaft hervor. "Allerdings", so Einhäupl, "übersteigen die notwendigen Finanzmittel zum Bau der betreffenden Großgeräte (insgesamt 4,9 Mrd. Euro) deutlich alle bisherigen Einzelinvestitionen dieser Art in Deutschland." Deshalb ist es erforderlich, dass sowohl Bund und Länder als auch die beteiligten Forschungsorganisationen innerhalb ihrer Förderprogramme und -strukturen Umschichtungen vornehmen. Zudem sollten einige Großgeräte als europäische bzw. internationale Einrichtungen angelegt und finanziert werden (eine Tabelle hierzu ist unter www.wissenschaftsrat.de/Pressemitteilungen/ abrufbar).

    Einhäupl betont: "Auch künftig kommt es darauf an, die Beschaffung von Großgeräten zentral zu koordinieren und geeignete Initiativen nach einheitlichen wissenschaftlichen und forschungspolitischen Kriterien zu begutachten. Die Förderung von Großgeräten der hier betrachteten Dimension ist ein kontinuierlich fortzusetzender Prozess. Entsprechend bildet die verabschiedete Stellungnahme die Grundlage weiterer Förderentscheidungen." Der Wissenschaftsrat wird im Herbst 2002 auf Grundlage der vorgelegten Stellungnahme und unter Berücksichtigung der sich anschließenden wissenschaftspolitischen Debatte über Ziele und Finanzierung der Großgeräte konkrete Empfehlungen zu den mit Vorrang zu realisierenden Großgeräten vorlegen. Er bietet an, künftig sowohl die Förderung der positiv bewerteten Großgeräte zu begleiten als auch neue bzw. erneut vorgelegte Planungen zu begutachten.

    Hinweis: Die Stellungnahme zu den Großgeräten der naturwissenschaftlichen Grundlagenforschung (Drs. 5363/02) wird im Netz als Volltext (www.wissenschaftsrat.de) veröffentlicht. Sie kann aber bei der Geschäftsstelle des Wissenschaftsrates auch per eMail (post@wissenschaftsrat.de) angefordert werden.


    Weitere Informationen:

    http://www.wissenschaftsrat.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    fachunabhängig
    überregional
    Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

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