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20.11.2012 10:39

Das Kino in der Hosentasche

Sebastian Hollstein Stabsstelle Kommunikation/Pressestelle
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Experten diskutieren vom 22.-24. November 2012 an der Universität Jena über „Orte des Films“

    Wer früher einen Film sehen wollte, konnte sich gegen ein Entgelt in einen dunklen Raum begeben und dort auf einer in der Regel riesigen Leinwand bewegte Bilder bestaunen. Kino nannte man diese Paläste der Unterhaltung, in denen man in weichen Sesseln versunken, süße oder salzige Knabbereien in der Hand, für einige Stunden den Alltag verlassen und in andere Welten abtauchen konnte.

    Natürlich gibt es sie auch heute noch, die Lichtspielhäuser, doch das allgemeine Filmerleben ist ein anderes geworden. Heute flimmert es an jeder Ecke. Spätestens durch das Internet, tragbare Computer und moderne Mobiltelefone hat sich der Konsum und der Umgang mit dem Medium Film deutlich verändert. Zu jeder Zeit und an jedem Ort können wir bewegte Bilder konsumieren. „Sie müssen nur mal mit einem ICE fahren, um die Bandbreite an Kinoerlebnis und filmischer Erfahrung beobachten zu können“, sagt Prof. Dr. Steffen Siegel von der Friedrich-Schiller-Universität Jena in Anspielung an die Passagiere, die sich die Fahrzeit mit einem Notebook vertreiben. Für Kunsthistoriker und Filmwissenschaftler wie ihn ist das ein spannendes Phänomen, das derzeit sowohl in der Wissenschaft als auch in der Öffentlichkeit intensiv diskutiert wird.

    Deshalb hat Siegel gemeinsam mit seinen Kollegen Prof. Dr. Karl Sierek, ebenfalls von der Universität Jena, und Dr. Simon Frisch von der Bauhaus-Universität Weimar Expertinnen und Experten aus dem In- und Ausland zu einer öffentlichen Tagung nach Jena eingeladen. Vom 22. bis 24. November wollen sie gemeinsam mit etwa 80 Gästen im Senatssaal des Universitätshauptgebäudes (Fürstengraben 1) über das Thema „Orte des Films – Von der Kino-Ontologie zur Medientopologie“ diskutieren. Finanzielle Unterstützung erhalten sie von der Fritz Thyssen Stiftung.

    „Uns geht es nicht darum, nostalgisch das Kino zu beweinen – im Gegenteil“, sagt Simon Frisch. „Wir setzen uns eher mit der Spannung zwischen den Bewegtbildern und ihren – mitunter neuen – Rahmungen auseinander.“ Entscheidend dabei seien die Orte, an denen Filme konsumiert werden oder etwa die, die sich während des Betrachtens im Geiste auftun. Was etwa bedeutet es für den Film und seine Wirkung, wenn ein Monumentalepos auf einem Bildschirm geschaut wird, der in jede Hosentasche passt.

    Elementar für die Diskussionen ist die Frage danach, was überhaupt ein Film ist. Denn ebenso wie die Abspielgeräte hat sich auch das Spektrum dessen geändert, was als Film bezeichnet wird. „Wir meinen damit nicht nur die typischen Anfang-Höhepunkt-Schluss-Streifen, sondern beziehen so ziemlich jedes bewegte Bild mit in diese Kategorie ein“, sagt Siegel. „Selbst wenn sich zukünftige Eltern ihr ungeborenes Kind während der Ultraschalluntersuchung auf einem Bildschirm anschauen ist das ein filmisches Erlebnis.“

    Dass eine solche Tagung in Jena stattfindet, ist kein Zufall. Denn die enge Verzahnung zwischen Geschichte, Kunst und Filmwissenschaft, wie sie am Kunsthistorischen Seminar der Friedrich-Schiller-Universität existiert, ist im deutschsprachigen Raum einzigartig und liefert eine hervorragende Grundlage für interdisziplinäre Diskussionen auf diesem Feld. Bei der Beobachtung des vorliegenden Phänomens kann beispielsweise ein Abstecher in die Kunstgeschichte helfen. „Dort herrschte die gleiche Auseinandersetzung ab der 1950er Jahre“, sagt Simon Frisch. „Es ging um die Frage, ob man ein Kunstwerk – etwa ein Gemälde – nur dann komplett erfassen kann, wenn man vor dem Original steht, oder ob dafür eine Abbildung in einem Katalog ausreicht.“ Müssen wir also Kinofilme wirklich im Kino erleben, um sie begreifen zu können und fasziniert zu sein?

    Ein Abgesang auf die Lichtspielhäuser wäre wohl übertrieben. Schließlich lässt sich jeder abends gern mal auf die Couch fallen, schaltet das Licht aus und startet den Film – im Heimkino.

    Nähere Informationen zum Programm zur Tagung sind zu finden unter: http://www.dsla.uni-jena.de/Aktuelles/Veranstaltungen/Orte+des+Films.html.

    Kontakt:
    Prof. Dr. Steffen Siegel
    Kunsthistorisches Seminar der Universität Jena
    Bachstraße 18k, 07743 Jena
    Tel.: 03641 / 944978
    E-Mail: steffen.siegel[at]uni-jena.de


    Weitere Informationen:

    http://www.dsla.uni-jena.de/Aktuelles/Veranstaltungen/Orte+des+Films.html


    Bilder

    Wie wirkt großes Kino auf dem Handy? Mit dieser Frage und verwandten Themen wird sich die Tagung „Orte des Films – Von der Kino-Ontologie zur Medientopologie“ vom 22.-24. November 2012 an der Universität Jena befassen.
    Wie wirkt großes Kino auf dem Handy? Mit dieser Frage und verwandten Themen wird sich die Tagung „Or ...
    Foto: Jan-Peter Kasper/FSU
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Kunst / Design, Medien- und Kommunikationswissenschaften
    überregional
    Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

    Wie wirkt großes Kino auf dem Handy? Mit dieser Frage und verwandten Themen wird sich die Tagung „Orte des Films – Von der Kino-Ontologie zur Medientopologie“ vom 22.-24. November 2012 an der Universität Jena befassen.


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