Vom 23. bis zum 25. November 2012 treffen sich rund 60 Fachleute aus Zoologie, Botanik und Paläontologie zum 54. Phylogenetischen Symposium an der Universität Greifswald. Während des Symposiums wird über Möglichkeiten der Überprüfbarkeit von Hypothesen zur stammesgeschichtlichen Entwicklung (Phylogenese) im Zusammenhang mit evolutionären Szenarien diskutiert. Außerdem wird mit dieser Veranstaltung das wissenschaftliche Vermächtnis des Zoologieprofessors Günther Osche gewürdigt.
Die von Willi Hennig (1913 – 1976) begründete Phylogenetische Systematik (Kladistik) ist heute die weithin anerkannte und praktizierte Methode zur Ermittlung stammesgeschichtlicher Verwandtschaftsbeziehungen. Es vergeht wohl kein Tag, an dem nicht eine neue phylogenetische Hypothese mithilfe dieser Methode erstellt und publiziert wird. Allerdings ist mit dem Ergebnis einer solcherart durchgeführten phylogenetischen Analyse, einem Kladogramm, noch nicht gezeigt oder wahrscheinlich gemacht, unter welchen realen Bedingungen sich die zu fordernden Änderungen in Körperbau und Lebensweise der untersuchten Organismen eingestellt haben, ja es bleibt häufig offen, welche solche Änderungen mit den ermittelten Aufspaltungen der Abstammungslinien einhergegangen sein sollen.
Da die Stammesgeschichte ein historischer Prozess ist, muss ihr Ablauf prinzipiell widerspruchsfrei beschrieben – „erzählt“ – werden können. Diese Forderung hat der 2009 verstorbene Freiburger Zoologie-Professor Günther Osche stets nachdrücklich erhoben. Er ist der Zoologie an der Universität Greifswald durch seine Freundschaft mit dem hiesigen Professor Lothar Kämpfe und der Entwicklung der Evolutionsbiologie in der damaligen DDR durch seine Zugehörigkeit zur Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina eng verbunden gewesen.
Wenn es gelingt, ein gut begründetes Kladogramm in ein plausibles evolutives Szenario einzubetten, wird die zugrundeliegende phylogenetische Hypothese wohl leicht akzeptiert werden. Wenn aber eine phylogenetische Hypothese zur Annahme völlig unplausibler Evolutionsschritte zwingt, oder wenn es nicht gelingt, die geforderten Merkmals-Umwandlungen mit als gesichert geltenden Erkenntnissen aus Ökologie, Paläontologie, Physiologie usw. einleuchtend zu erklären, dann erhebt sich die Frage nach der erkenntnistheoretischen Relevanz solcher Unvereinbarkeiten. Diese Frage stellt sich insbesondere, wenn ein alternatives Kladogramm den Entwurf eines plausiblen evolutiven Szenarios erlaubte, aber „länger“ als das unvereinbare „kürzeste“ Kladogramm ist. Es stehen dann Parsimonie und Kompatibilität gegeneinander.
Kladogramme und evolutive Szenarien – Wer kann wen testen? In memoriam Günther Osche
23. – 25. November 2011
Alfried Krupp Wissenschaftskolleg, Martin-Luther-Straße 14, 17487 Greifswald
Zoologisches Institut und Museum, Johann-Sebastian-Bach-Straße 11/12, 17487 Greifswald
Weitere Informationen
Prof. Michael Schmitt http://www.mnf.uni-greifswald.de/institute/fr-biologie/institute-und-forschung/zool-institut-museum/allgemeine-und-systematische-zoologie/personal-staff/prof-dr-michael-schmitt.html
Ausführliches Programm http://tinyurl.com/d7at9av
Ansprechpartner an der Universität Greifswald
Prof. Dr. Michael Schmitt
Allgemeine und Systematische Zoologie
Anklamer Straße 20, 17489 Greifswald
Telefon 03834 86-4242
Telefax 03834 86-4098
michael.schmitt@uni-greifswald.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wissenschaftler
Biologie
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
Deutsch
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