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30.07.2002 09:31

Fermionen kommen nicht gern zusammen an

Michael Seifert Hochschulkommunikation
Eberhard Karls Universität Tübingen

    Fermionen kommen nicht gern zusammen an

    Versuche von Hanbury Brown und Twiss mit Elektronen wiederholt - Tübinger Veröffentlichung in 'Nature'

    Die Physiker und Pioniere der Quantenoptik Robert Hanbury Brown und Richard Twiss machten im Jahre 1956 eine merkwürdige Entdeckung: Wenn von unterschiedlichen Orten eines Sterns, beispielsweise den gegenüberliegenden Rändern, jeweils ein Photon (Lichtteilchen) ausgestrahlt wird, verhalten sich die Teilchen, wie man es erwarten würde, zunächst unabhängig voneinander. Doch je weiter sich die Teilchen ausbreiten, desto stärker treten sie in Korrelation zueinander. Auf der Erde konnten die Physiker messen, dass zwei solcher Photonen sehr häufig genau gleichzeitig an einem Punkt zusammen ankamen - doppelt so häufig, wie das in einem entsprechenden Experiment mit Regentropfen der Fall gewesen wäre ("Bunching"). Damals erklärten viele Forscherkollegen die Entdeckung von Hanbury Brown und Twiss, dass zwei ursprünglich unkorrelierte Photonen an einem weit von der Quelle entfernten Punkt korreliert ankommen, für absurd. Doch inzwischen ist der Effekt unter Physikern längst als richtig anerkannt.

    Dr. Harald Kiesel, Dipl.-Phys. Andreas Renz und Prof. Franz Hasselbach vom Institut für Angewandte Physik der Universität Tübingen haben die Versuche von Hanbury Brown und Twiss in einem entsprechenden Experiment mit freien Elektronen durchgeführt. Weltweit haben das mehrere Forschergruppen ebenfalls versucht. Doch den Tübinger Physikern ist es nun als ersten gelungen nachzuweisen, dass bei freien Elektronen eine entgegengesetzte Korrelation wie im Experiment von Hanbury Brown und Twiss bei Photonen auftritt. Wenn Elektronen unabhängig voneinander ausgestrahlt werden, finden sie im Gegensatz zu den Photonen auch in weiter Entfernung von der Elektronenquelle nicht zusammen, sondern meiden einander sogar. Die Ergebnisse der Tübinger Forscher sind auch in der Fachzeitschrift Nature vom 24. Juli 2002 (Band 418, Seite 392) veröffentlicht worden.

    Zwischen Photonen und Elektronen besteht ein prinzipieller Unterschied. Sie bewegen sich nach unterschiedlichen Verteilungsstatistiken im Raum. Sowohl bei der Teilchengruppe der Bosonen, zu denen die Photonen zählen, als auch bei den Fermionen, zu denen die Elektronen gehören, kann es zu Überlagerungen der zugehörigen Wellen kommen. Von Physikern wird dieses Phänomen Interferenz genannt. Die Wellen können sich dabei gegenseitig verstärken oder auch auslöschen. Bei den Fermionen muß jedoch bei der Interferenz das Paulische Ausschlussprinzip, benannt nach dem Physiker Wolfgang Pauli, eingehalten werden. Dieses Prinzip besagt, dass sich zwei gleichartige Fermionen nicht im gleichen Zustand befinden können. Aus diesem Grund können zwei Elektronen nicht gleichzeitig ankommen. Die Tübinger Physiker nutzten die Spitze einer Wolframnadel als Elektronenquelle - in Analogie zu Hanbury Brown und Twiss, die einen Stern als Photonenquelle verwendeten. Mit ausgeklügelter Technik konnten die Tübinger die Ankunftszeiten der Elektronen an zwei Detektoren genau registrieren. Tatsächlich war nach ihren Messungen die Wahrscheinlichkeit sehr gering, dass zwei Elektronen extrem kurz nacheinander eintrafen ("Antibunching"-Effekt). Damit wird die Aussage der Quantenoptik bestätigt, dass der Elektronenstrom gleichmäßiger ist als der Photonenstrom in den Experimenten von Hanbury Brown und Twiss und sogar gleichmäßiger als ein Strom klassischer Teilchen (z.B. Regentropfen).

    Doch die Forschungen gehen weiter: Hasselbach und seine Kollegen wollen eine polarisierte Elektronenquelle bauen, bei der die Elektronen aufgrund des von ihnen nachgewiesenen "Antibunching"-Effekts streng getrennt eins nach dem anderen ausgestrahlt werden. Dadurch kommen sich die Elektronen nicht so nahe, dass sie viel Energie austauschen könnten, die Energieverteilung des Elektronenstrahls bleibt somit schmal. Damit ließe sich die Auflösungsgrenze von Elektronenmikroskopen weiter verbessern. Noch kleinere Strukturen als bisher schon könnten sichtbar gemacht werden.

    Nähere Informationen:

    Prof. Franz Hasselbach
    Institut für Angewandte Physik
    Auf der Morgenstelle 10
    72076 Tübingen
    Tel. 0 70 71/2 97 63 28
    Fax 0 7 071/29 50 93
    e-mail: franz.hasselbach@uni-tuebingen.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Mathematik, Physik / Astronomie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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