Berlin – Einige häufig verordnete Medikamente, die Herzkranke vor tödlichen Blutgerinnseln in den Arterien schützen sollen, erhöhen bei Magen- oder Darmspiegelungen das Risiko von Blutungen. Die Gefahr bestehe auch bei neueren Gerinnungshemmern, warnt die Deutsche Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS). Handelt es sich um endoskopische Magen- oder Darmuntersuchungen mit hohem Blutungsrisiko sollte der Patient die Gerinnungshemmer absetzen.
In jedem Fall sollten Betroffene sich darüber gründlich mit ihrem Arzt abstimmen, rät die DGVS. Einerseits sei der Schutz vor Herz- und Kreislauf-Komplikationen zu beachten, andererseits gelte es, lebensbedrohliche Blutungen zu vermeiden.
Besondere Aufmerksamkeit gilt demnach bei der Einnahme „oraler Antikoagulanzien“. Diese Tabletten verhindern, dass das Blut gerinnt und sich ein Blutpfropf bildet. Ein solcher Thrombus könnte ein Blutgefäß verstopfen und dadurch einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall auslösen. Patienten mit Herz-Rhythmus-Störungen und dem sogenannten Vorhofflimmern oder nach Herzklappenoperationen nehmen diese Medikamente dauerhaft ein. „Ist bei ihnen eine endoskopische Untersuchung geplant, bei der Polypen entfernt werden müssen, erfordert dies in der Regel, mit dem Gerinnungshemmer zu pausieren“, empfiehlt Professor Wolfgang Fischbach, Chefarzt am Klinikum Aschaffenburg, im Fachmagazin „Gastroenterologie. up2date“ (Thieme Verlag, Stuttgart).
Denn die Kehrseite der Präparate mit dem Wirkstoff „Phenprocoumon“ ist: Sie erhöhen die Blutungsneigung. Muss der Arzt bei einer Darmspiegelung Polypen entfernen, ist das Blutungsrisiko erhöht. Die kleinen Verletzungen der Schleimhaut können dann starke Blutungen nach sich ziehen. „Sollte die Gefahr einer Thrombose sehr hoch sein, kann der Patient die Marcumar-Pause mit Heparin-Injektionen überbrücken“, so der DGVS-Experte. Denn die gerinnungshemmende Wirkung der Heparinspritzen lässt sich leichter steuern als Phenprocoumon. Bei einer akuten Magen-Darmblutung müsse auch Heparin sofort abgesetzt werden, so der Experte.
Vermutlich sicherer als Phenprocoumon seien die in den letzten Jahren neu eingeführten Gerinnungshemmer Apixaban, Dabigatran und Rivaroxaban, berichtet Professor Fischbach. Nach dem Absetzen gerinnt das Blut schneller wieder in normalem Maße. Die Erfahrungen sind nach Auskunft des Experten allerdings noch gering, sodass Patienten auch diese Mittel bei einem erhöhten Blutungsrisiko während der Endoskopie vorsichtshalber absetzen sollten.
Die Deutsche Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) empfiehlt Patienten vor einer Magen- oder Darmspiegelung stets, mit ihrem Arzt zu besprechen, welche Medikamente sie einnehmen. Das Absetzen der Mittel auf eigene Faust könne tödliche Folgen haben, warnt die Fachgesellschaft. Welche Arzneistoffe im Einzelfall ausgesetzt werden müssen, sollte der Gastroenterologe in Absprache mit dem verschreibenden Arzt entscheiden.
Die Deutsche Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) wurde 1913 als wissenschaftliche Fachgesellschaft zur Erforschung der Verdauungsorgane gegründet. Heute vereint sie mehr als 5000 Ärzte und Wissenschaftler aus der Gastroenterologie unter einem Dach. Die DGVS fördert sehr erfolgreich wissenschaftliche Projekte und Studien, veranstaltet Kongresse und Fortbildungen und unterstützt aktiv den wissenschaftlichen Nachwuchs. Ein besonderes Anliegen ist der DGVS die Entwicklung von Standards und Behandlungsleitlinien für die Diagnostik und Therapie von Erkrankungen der Verdauungsorgane – zum Wohle des Patienten.
http://www.dgvs.de
Literatur:
Antikoagulation und endoskopische Intervention
W. Fischbach; Gastroenterologie. up2date 2012; 08(04): 313–32
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