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27.02.2013 11:01

Alles im Fluss – Neue Einblicke in das Verhalten von Fluiden in porösem Gestein

Dagmar Baroke Abteilung Kommunikation
Paul Scherrer Institut (PSI)

    Computertomografische Untersuchungen erlauben es erstmals, den Fluss von Öl und Wasser direkt im Gestein zu beobachten – in 3D und mit bisher unerreichter zeitlicher Auflösung. Der neue Ansatz und die daraus gewonnenen Informationen helfen besser zu verstehen, wie sich verschiedene Flüssigkeiten gegenseitig in porösen Materialien verdrängen können. Die Studie wurde gemeinsam von Forschern von Shell, dem Paul Scherrer Institut PSI (Schweiz) sowie von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz durchgeführt. Die Ergebnisse sind im renommierten Journal Proceedings of the National Academy of Sciences of America erschienen.

    Erdöl und Erdgas sind in kleinen Poren im Sedimentgestein gefangen; bei konventioneller Förderung bleiben auch bei Verdrängung durch Wasser rund 50 – 70% des Öls im Boden zurück. Die Zukunft der Öl- und Gasförderung hängt daher entscheidend davon ab, wie gut man das Verhalten von Wasser/Öl-Mischungen in Gesteinsporen versteht. Dank neuer Einblicke in die grundlegenden Vorgänge kann die ölfördernde Industrie neue Verfahren entwickeln, mit denen der Rohstoff effektiver und nachhaltiger aus vorhandenen Lagerstätten gefördert werden kann. Konventionelle Ansätze für die makroskopische Beschreibung des Fliessverhaltens mehrerer nicht miteinander mischbarer Flüssigkeiten haben viele Mängel und tragen zudem nicht zu unserem Verständnis der Vorgänge auf der Ebene einzelner Poren bei. Neue experimentelle Ergebnisse liefern nun erstmals Daten, mit denen numerische Modelle zur Beschreibung dieser Vorgänge in einzelnen Poren überprüft werden können. Die Experimente sind an der Synchrotron Lichtquelle Schweiz SLS des Paul Scherrer Instituts PSI durchgeführt worden. Sie nutzen ein neuartiges Computertomografieverfahren (CT), mit dem Fliessvorgänge im Inneren von Gesteinen „life“ in drei Dimensionen abgebildet werden können. In den Experimenten werden kleine Felsproben aus verschiedenen Richtungen mit intensiver Röntgenstrahlung durchleuchtet. Die gewonnenen Daten werden anschliessend zu 3D-Bildern zusammengefügt, die wiederum als Grundlage für Filmsequenzen dienen, in denen man die Vorgänge direkt verfolgen kann.

    Sarah Irvine, Wissenschaftlerin am PSI, hat das Experiment mitentwickelt und bei seiner Durchführung mitgewirkt: „Früher hätte man für ein einzelnes dreidimensionales Bild mit dieser Auflösung 20 Minuten oder mehr gebraucht. Mit dem Röntgenlicht aus der SLS und unserem Aufbau für ultra-schnelle Tomografie können wir einzelne Projektionen in wenigen Millisekunden erzeugen. Typischerweise erzeugt man bei einer Drehung um 180 Grad über Tausend solcher Schnappschüsse, so dass die Informationen für ein 3D-Bild in wenigen Sekunden aufgenommen werden können.“

    Michael Kersten vom Institut für Geowissenschaften der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz erläutert dazu: „Das Wichtige an dem Experiment ist, dass wir nun sehen, wie eine Mischung unterschiedlicher Flüssigkeiten durch ein komplexes Porensystem fliesst.“ Die Mainzer Forscher haben in dem Projekt vor allem zur Datenanalyse und zur Visualisierung der Ergebnisse beigetragen. Dank ihrer Software-Kompetenz und der in zehn Jahren gewonnen Erfahrung mit der Computertomografie konnten die Mitglieder der Arbeitsgruppe Kersten mehr als 10 TB hochaufgelöste Daten auf einen Film von einigen Minuten Dauer reduzieren, in dem die wesentlichen Vorgänge zu sehen sind. Die Resultate erhellen Aspekte des Verhaltens von Flüssigkeiten, die bislang nur ungenau verstanden waren. So konnten die Forscher erstmals so genannte Haines-Sprünge unmittelbar im Gestein beobachten – plötzliche Veränderungen in der Art und Weise, wie sich eine Flüssigkeit durch poröse Materialien bewegt. Die Ergebnisse widersprechen dem bisherigen Paradigma, dass solche Veränderungen auf einzelne Poren beschränkt sind, während sie sich in Wirklichkeit wie eine Kaskade gleichzeitig durch zahlreiche Poren ausbreiten.

    Steffen Berg, Mitglied des Forschungsinstituts der Shell Global Solutions Internation B.V. in Rijswijk, Niederlande: „Diese Arbeit wird unsere Sicht auf die Vorgänge in porösen Medien ändern. Dieses neue Verständnis könnte helfen, einige der wichtigsten Herausforderungen der Energieindustrie zu lösen. Die neuen quantitativen Daten helfen uns, Computermodelle zu entwickeln und zu validieren, mit denen die Bewegung von Flüssigkeiten in porösem Gestein beschrieben wird. Vor allem befähigen sie uns, das makroskopische Verhalten vorauszusagen und entsprechend die Technologien der Ölgewinnung zu optimieren.“

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    Über das PSI
    Das Paul Scherrer Institut entwickelt, baut und betreibt grosse und komplexe Forschungsanlagen und stellt sie der nationalen und internationalen Forschungsgemeinde zur Verfügung. Eigene Forschungsschwerpunkte sind Materie und Material, Mensch und Gesundheit, sowie Energie und Umwelt. Mit 1500 Mitarbeitenden und einem Jahresbudget von rund 300 Mio. CHF ist es das grösste Forschungsinstitut der Schweiz.

    Institut für Geowissenschaften, Johannes Gutenberg-Universität (JGU), Mainz
    Das Institut auf dem Campus der JGU Mainz umfasst vierzehn Arbeitsgruppen mit unterschiedlichen Ausrichtungen, von Geophysik und Petrologie über Paläoklima-Forschung bis hin zur Umweltmineralogie. Mit seiner ausgewiesenen Expertise im analytischen Bereich, als Teil des rheinland-pfälzischen Forschungszentrums Erdsystem ‚Geocycles‘ und mit führenden Forschungsinstitutionen als Kooperationspartner vor Ort bietet das Institut sowohl eine vielseitige Ausbildung im Bereich der Geologie als auch innovative interdisziplinäre Forschungsmöglichkeiten.

    Royal Dutch Shell plc
    Die Royal Dutch Shell plc ist in England und Wales eingetragen, hat Ihren Hauptsitz in Den Haag und wird an den Börsen in London, Amsterdam und New York gehandelt. Shell-Unternehmen sind in über 80 Ländern und Gebieten aktiv mit Aktivitäten im Bereich der Erkundung und Förderung von Öl und Gas, Produktion und Vertrieb von verflüssigtem Erdgas, Herstellung, Vertrieb und Transport von Erdölprodukten und Chemikalien sowie Projekten auf dem Gebiet der erneuerbaren Energien.

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    Kontakt/Ansprechpartner

    Dr. Sarah Irvine, Labor für Makromoleküle und Bioimaging
    Paul Scherrer Institut, 5232 Villigen PSI, Schweiz,
    Telefon: +41 56 310 5422; E-Mail: sarah.irvine@psi.ch
    http://www.psi.ch/sls/tomcat/tomcat

    Prof. Dr.-Ing. Michael Kersten; Institut für Geowissenschaften,
    Johannes Gutenberg-Universitä; 55099 Mainz; Deutschland
    Tel.: +49 6131-3924366; E-Mail: kersten@uni-mainz.de
    http://www.geowiss.uni-mainz.de/583_DEU_HTML.php

    Dr. Steffen Berg, Shell Global Solutions International B.V.
    2288 GS Rijswijk, Niederlande
    Tel.: +31 70 447 6161, E-Mail: steffen.berg@shell.com
    http://www.shell.com

    Originalveröffentlichung
    Real-time 3D imaging of Haines jumps in porous media flow
    Steffen Berg, Holger Ott, Stephan A. Klapp, Alex Schwing, Rob Neiteler, Niels Brussee, Axel Makurat, Leon Leu, Frieder Enzmann, Jens-Oliver Schwarz, Michael Kersten, Sarah Irvine, and Marco Stampanoni
    Proceedings of the National Academy of Sciences
    Published online before print February 19, 2013, DOI: 10.1073/pnas.1221373110 http://dx.doi.org/10.1073/pnas.1221373110


    Bilder

    Befüllung einer einzelnen Pore über die “Flaschenhals-Öffnung am unteren Ende. Die Startsequenz
    Befüllung einer einzelnen Pore über die “Flaschenhals-Öffnung am unteren Ende. Die Startsequenz
    Grafik: PSI/JGU/Shell
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    Befüllung einer einzelnen Pore über die “Flaschenhals-Öffnung am unteren Ende. Eine Aufnahme nach 16.8 Sekunden
    Befüllung einer einzelnen Pore über die “Flaschenhals-Öffnung am unteren Ende. Eine Aufnahme nach 16 ...
    Grafik: PSI/JGU/Shell
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler, jedermann
    Energie, Geowissenschaften, Physik / Astronomie
    überregional
    Forschungsprojekte, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Befüllung einer einzelnen Pore über die “Flaschenhals-Öffnung am unteren Ende. Die Startsequenz


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    Befüllung einer einzelnen Pore über die “Flaschenhals-Öffnung am unteren Ende. Eine Aufnahme nach 16.8 Sekunden


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