Eine Forschergruppe der Universitäten Leipzig und Greifswald startet die erste Studie zum psychischen Befinden von Besatzungskindern des Zweiten Weltkrieges. Als Besatzungskinder werden all jene Kinder bezeichnet, die von deutschen Müttern und ausländischen (französischen, russischen, amerikanischen und britischen) Soldaten gezeugt wurden. Dazu zählen auch Kinder, die bei Kriegsvergewaltigungen entstanden sind. Ziel der Studie ist, deren aktuelles psychisches Befinden sowie ihre Erfahrungen als Besatzungskinder zu beschreiben. Die aktuelle Befragung erfolgt in schriftlicher Form, im Anschluss sind biographische Interviews geplant.
Die Auswertung der Daten erfolgt ausschließlich anonymisiert. Betroffene, die teilnehmen möchten, sind herzlich eingeladen, sich bei der Diplompsychologin Marie Kaiser, Telefon 0341 9718843 oder per E-Mail an marie.kaiser@medizin.uni-leipzig.de zu melden.
In der Geschichte der Kriege sind schon immer Kinder geboren worden, die von ausländischen Soldaten mit einheimischen Müttern gezeugt wurden. Dennoch gibt es nur wenige Themen, über die so viel geschwiegen wird, wie über die Kinder des Krieges. Zu dieser Gruppe zählen sowohl Kinder, die aus Vergewaltigungen, als auch solche, die aus mehr oder weniger freiwilligen Beziehungen mit Besatzungssoldaten entstanden sind. Auch am Ende des Zweiten Weltkrieges und in der Nachkriegszeit wurden in Deutschland viele solcher Kinder geboren. Auch wenn es keine genauen Zahlen gibt, geht man heute davon aus, dass mindestens 200.000 Kinder mit diesem Schicksal in Deutschland auf die Welt gekommen sind. Dies betrifft die gesamte Bundesrepublik, unabhängig von der Zuordnung zu den ehemaligen Besatzungszonen.
In den vergangenen Jahren gab es einige kulturwissenschaftliche und zeitgeschichtliche Studien zu dem Thema, die die schwierigen Bedingungen beschreiben, unter denen diese Kinder aufgewachsen sind. Untersuchungen zu den psychosozialen Aspekten fehlen für Deutschland bislang völlig, und auch international wurde dieses Thema bisher so gut wie nicht untersucht.
„Wir erhoffen uns von der Studie, dass die Dimensionen der psychischen Belastung der Besatzungskinder erstmals aufgeklärt und dokumentiert werden“, so Dr. Philipp Kuwert, Mitarbeiter der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsmedizin Greifswald. „Diese Ergebnisse sollen insbesondere der Betreuung und Therapie heutiger Besatzerkinder zur Verfügung gestellt werden und zusätzlich ein Stück psychohistorischer Aufarbeitung leisten.“
Bei Nachfragen stehen auch die Leiter der Studie, Frau PD Dr. Heide Glaesmer sowie Herr PD Dr. Philipp Kuwert gern zur Verfügung.
Weitere Informationen
Zeitschriftenartikel: Die Kinder des Zweiten Weltkrieges in Deutschland – Ein Rahmenmodell für die psychosoziale Forschung. Trauma und Gewalt 6(4): 318-327.
Ansprechpartner an der Universität Greifswald
PD Dr. Philipp Kuwert
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Universitätsmedizin Greifswald
kuwert@uni-greifswald.de
Ansprechpartnerin der Universität Leipzig
PD Dr. Heide Glaesmer
Abteilung für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie
Philipp-Rosenthal-Straße 55, 04103 Leipzig
Telefon 0341 09718811
heide.glaesmer@medizin.uni-leipzig.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, jedermann
Medizin, Psychologie
überregional
Buntes aus der Wissenschaft
Deutsch
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