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06.03.2013 10:15

Mieter oder Hausbesetzer? Fledermäuse auf Borneo schlafen in fleischfressenden Pflanzen

Jan Meßerschmidt Presse- und Informationsstelle
Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald

    Forscher der Universitäten Greifswald und Brunei Darussalam haben herausgefunden, dass die auf Borneo vorkommende Hardwicke-Wollfledermaus zwei Arten von fleischfressenden Kannenpflanzen als Schlafplatz nutzt. Doch nur eine der Kannenpflanzenarten hat Vorteile von dieser Beziehung, da sie Nährstoffe aus dem Kot ihrer Bewohner gewinnt. Sie bietet den Fledermäusen auch das qualitativ hochwertigere Heim. Die Ergebnisse dieser Studie wurden nun in der biologischen Fachzeitschrift Oecologia veröffentlicht.

    Fledermäuse sind bei der Suche ihrer Schlafplätze durchaus wählerisch. Wie viele Tiere benötigen sie eine Unterkunft, die Schutz vor Räubern, schlechtem Wetter oder Parasiten bietet. Als nachtaktive Tiere sind sie außerdem darauf angewiesen, dass ihr Tagesquartier auch klimatischen Ansprüchen gerecht wird, um etwa einer zu hohen Erhitzung aufgrund von Sonneneinstrahlung vorzubeugen. Ein besonderes Tagesquartier hat sich die Hardwicke-Wollfledermaus auf der südostasiatischen Insel Borneo gesucht. Sie verbringt den Tag in den Kannen fleischfressender Pflanzen der Gattung Nepenthes.

    Nun konnten die Biologen Caroline und Michael Schöner von der Arbeitsgruppe Angewandte Zoologie und Naturschutz am Zoologischen Institut der Universität Greifswald in einer Studie nachweisen, dass die Fledertiere neben der Kannenpflanzenart Nepenthes hemsleyana noch eine weitere Spezies für ihre Quartierbedürfnisse verwenden, Nepenthes bicalcarata. Diese Kannen sind aber im lebenden Zustand für die Fledermäuse nicht nutzbar, da sie nahezu vollständig mit Verdauungsflüssigkeit gefüllt sind. Daher gehen die Tiere bei dieser fleischfressenden Pflanzenart ausschließlich in abgestorbene oder beschädigte Kannen, aus denen die Flüssigkeit bereits ausgelaufen ist. „Unsere Studien zeigen, dass in den Kannen von Nepenthes hemsleyana ein stabileres Klima herrscht, was sehr vorteilhaft für die Fledermäuse sein dürfte. Außerdem können sich in diesen Kannen keine Fledermausparasiten an den Wänden festhalten“, erklärt Michael Schöner.

    Bereits in einer früheren Studie hatte das internationale Forscherteam der Universitäten Greifswald und Brunei Darussalam nachgewiesen, dass eine der beiden verwendeten Kannenpflanzenarten, Nepenthes hemsleyana, eine Symbiose mit den Fledermäusen eingeht. Die Tiere werden von den Pflanzen nicht verdaut, sondern finden in den Kannen ein sicheres Schlafquartier. „Nepenthes hemsleyana ist eine ziemlich schlechte Falle für Insekten“, so Professor Grafe von der Universität Brunei. „Daher hat sie sich an ihre Bewohner angepasst, um – sozusagen als Miete – Nährstoffe aus dem in der Kannenflüssigkeit hinterlassenen Fledermauskot zu gewinnen.“

    Und sein Greifswalder Kollege Professor Gerald Kerth ergänzt: „Wir konnten nun zeigen, dass die andere Kannenpflanzenart, Nepenthes bicalcarata, keinen Nutzen mehr aus dem Kot und Urin der Fledermäuse ziehen kann, da die nötige Verdauungsflüssigkeit fehlt. Zum anderen ist die Unterkunft in diesen Kannen aber auch für die Fledermäuse nicht mehr so vorteilhaft.“
    Dies sind vermutlich auch Gründe, warum Tiere, die vorwiegend in abgestorbenen Kannen von Nepenthes bicalcarata gefunden wurden, in schlechterer körperlicher Verfassung waren als Artgenossen, die Nepenthes hemsleyana bevorzugen.

    Die Studie zeigt, dass die einem Mietverhältnis gleichende Beziehung der Fledermäuse mit Nepenthes hemsleyana positive Auswirkungen für beide Partner hat. Der Einzug der Fledermäuse in die Kannen der Nepenthes bicalcarata dagegen bringt keinerlei Nutzen für die Pflanzen und hat Nachteile für die Tiere. Dass die Fledermäuse dennoch auch in diesen qualitativ schlechteren Quartieren schlafen, erklärt Caroline Schöner mit dem höheren Vorkommen von Nepenthes bicalcarata. Illegale Hausbesetzung ist demnach selbst in den Sümpfen Borneos ein probates Mittel der Wohnungssuche.

    Weitere Informationen
    DOI 10.1007/s00442-013-2615-x
    Link zu Oecologia http://link.springer.com/article/10.1007%2Fs00442-013-2615-x

    Das Foto kann für redaktionelle Zwecke im Zusammenhang mit der Pressemitteilung kostenlos heruntergeladen und genutzt werden. Dabei ist der Name des Bildautors zu nennen.
    Download http://www.uni-greifswald.de/informieren/pressestelle/download-presseinformationen/pressefotos-2013/pressefotos-maerz-2013.html

    Ansprechpartnerin an der Universität Greifswald
    Caroline Regina Schöner
    Angewandte Zoologie und Naturschutz
    Zoologisches Institut und Museum
    Johann-Sebastian-Bach-Straße 11/12, 17487 Greifswald
    Telefon 03834 86-4273
    schoenerc@uni-greifswald.de


    Bilder

    Hardwicke-Wollfledermäuse schlafen nicht nur in fleischfressenden Kannenpflanzen, manchen zahlen sie dafür sogar Miete.
    Hardwicke-Wollfledermäuse schlafen nicht nur in fleischfressenden Kannenpflanzen, manchen zahlen sie ...
    Foto: Michael Gerhard Schöner
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Studierende, Wissenschaftler
    Biologie
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Hardwicke-Wollfledermäuse schlafen nicht nur in fleischfressenden Kannenpflanzen, manchen zahlen sie dafür sogar Miete.


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