Deutscher Kongress für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
6. bis 9. März 2013, Kongresshaus Stadthalle Heidelberg
Kongress-Pressekonferenz, 7. März 2013, 12.30 bis 13.30 Uhr
Heidelberg - Wenn Arzt und Patient zwar dieselbe Sprache sprechen, einander aber nicht verstehen, kann dies zu falschen Diagnosen und Fehlbehandlungen führen. Dies zeigen Studien. Ein „guter Draht“ zwischen Arzt und Patient fördert hingegen die Therapietreue. In Zukunft sollen angehende Ärzte Patientengespräche daher schon ab dem ersten Semester kontinuierlich üben. Das sieht ein deutschlandweites Kommunikationscurriculum für Medizinstudenten vor, das derzeit erarbeitet wird.
Auf einer Pressekonferenz anlässlich des Deutschen Kongresses für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie am 7. März 2013 in Heidelberg stellt die Initiatorin das neue Projekt vor.
Mangelhafte Kommunikation zwischen Arzt und Patient belastet die Gesundheit aller Beteiligten. „Das Patientengespräch wurde lange Zeit unterschätzt und an den Universitäten zu wenig und zu spät gelehrt“, sagt Privatdozentin Dr. med. Jana Jünger, Oberärztin am Universitätsklinikum Heidelberg. Denn nur wenn der Patient sich verstanden fühlt und seinem Arzt vertraut, kooperiere er auch bei der Therapie. Ärzte, die keinen guten Kontakt zu ihren Patienten aufbauen, gefährden dagegen den Therapieerfolg und können seelische Schäden anrichten. Etwa wenn sie Patienten oder Angehörige auf wenig feinfühlige Art mit einer belastenden Diagnose konfrontieren. Ärzte, die nicht zuhören, gelangen zudem häufiger zur falschen Diagnose, weiß Jünger: „Die wichtigsten Hinweise für die Diagnose kommen schließlich vom Patienten selbst.“
„Zuhören und mitfühlen – Anamnese kann man nicht theoretisch lernen“, unterstreicht Privatdozent Dr. med. Jobst-Hendrik Schultz vom Heidelberger Universitätsklinikum, der mit Dr. Jünger gemeinsam das Kompetenzzentrum Prüfungen Baden-Württemberg leitet. Bereits vor einigen Jahren haben Jünger und Schultz in Heidelberg ein Modellprojekt zum Anamnesetraining gestartet. Dessen Herzstück sind simulierte Patientengespräche mit Schauspielern.
Vertreter aller deutschen medizinischen Fakultäten tragen jetzt die besten Übungen und Trainingsmöglichkeiten von allen Standorten zusammen, um gemeinsam ein durchgängiges Kommunikationscurriculum für alle Studierenden zu entwickeln. Die Patientengespräche sollen Studenten ihr ganzes Studium hindurch begleiten, wobei die Gesprächssituationen im Laufe der Zeit immer komplexer werden. Das Spektrum reicht von diagnostischen Übungen über Gespräche mit Eltern, deren Kinder behandelt werden, bis hin zum Überbringen schlechter Nachrichten und Gesprächen mit nicht-therapietreuen Patienten. Mit ihnen erarbeiten die Studenten gemeinsam Therapieziele. Parallel dazu stehen, durch die Übung mit den Schauspielpatienten gut vorbereitet, immer Gespräche mit wirklichen Patienten auf dem Lehrplan.
Unter Jüngers Federführung arbeiten derzeit Vertreter von 36 medizinischen Fakultäten an einem Mustercurriculum und den dazugehörigen Prüfungen. „Wir können somit auf eine breite Fachkompetenz und unterschiedlichste Praxis- und Unterrichtsbeispiele zurückgreifen“, freut sich Jünger. Außerdem sind mehrere medizinische Fachgesellschaften an dem Projekt beteiligt, das unter der Schirmherrschaft von Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr steht. Im Herbst 2014 soll das Kommunikationscurriculum verabschiedet werden, sodass bis spätestens 2016 alle Studierenden gut in der ärztlichen Gesprächsführung ausgebildet und geprüft werden. Das kommt dann nicht nur den zukünftigen Patienten zugute, sondern auch den Ärzten selbst. Denn auch das haben Studien ergeben: Wenn die Kommunikation mit den Patienten „rund läuft“, neigen die Ärzte weniger zu Zynismus und entwickeln seltener ein Burnout-Syndrom.
Terminhinweise:
Pressekonferenz
Termin: 7. März 2013, 12.30 bis 13.30 Uhr
Ort: Robert Schumann Zimmer, Kongresshaus Stadthalle Heidelberg
Themen und Referenten:
*Psychische Belastungen durch Krebs, Diabetes oder Herzschwäche erhöhen die Sterblichkeit Wie können wir chronisch Kranke besser behandeln?
Professor Dr. med. Wolfgang Herzog, Universitätsklinikum Heidelberg
*Blutzucker senken mit Psychotherapie?
Wie eine Kurzzeittherapie Diabetespatienten und den behandelnden Arzt unterstützt
Universitäts-Professor Dr. med. Johannes Kruse, Gießen und Marburg
*Ich glaube daran, also wirkt es? Neues aus der Placebo-Forschung
Professor Dr. med. Stephan Zipfel, Tübingen
*Komplexe Medizin trifft anspruchsvolle Patienten:
Wie angehende Ärzte und ihre Patienten einander besser verstehen
Privatdozentin Dr. med. Jana Jünger, Medizinische Fakultät Heidelberg
*Aktuelle Studienergebnisse zu sozialer Phobie:
Welche Therapien nehmen wirksam die Angst vor Menschen?
Universitäts-Professor Dr. rer. nat. Falk Leichsenring, Gießen
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Kongresseröffnung mit öffentlichem Vortrag:
Carus-Lecture: Die Krankheiten der Gesellschaft (Axel Honneth, Frankfurt)
Termin: 6. März 2013, 18.00 bis 19.00 Uhr
Ort: Großer Saal, Kongresshaus Stadthalle Heidelberg
State-of-the-Art Symposium: Arzt-Patienten-Kommunikation
Termin: 8. März 2013, 13.15 bis 14.45 Uhr
Ort: Großer Saal, Kongresshaus Stadthalle Heidelberg
• G. Gigerenzer, Berlin: Mangelnde health literacy und Risikokommunikation
• G. Jonitz, Berlin: Patientensicherheit und Kommunikation
• J. Jünger, Heidelberg: Nationales longitudinales Kommunikationscurriculum
Literaturauswahl zur Relevanz guter Arzt-Patienten-Kommunikation:
Chen, R. C., Clark, J. A., Manola, J., and Talcott, J. A. (2008): Treatment 'mismatch' in early prostate cancer - Do treatment choices take patient quality of life into account? Cancer, 2008. 112: p. 61-68.
Graham, J., H.W.W. Potts, and A.J. Ramirez: Stress and burnout in doctors. Lancet, 2002. 360(9349): p. 1975-1976.
Lang F, Floyd MR, Beine KL, Buck P: Sequenced questioning to elicit the patient's perspective on illness: effects on information disclosure, patient satisfaction, and time expenditure. Fam Med, 2002. 34(5): p. 325-30.
Kontakt für Journalisten:
Pressestelle Deutscher Kongress für
Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Christine Schoner/Kathrin Gießelmann
Postfach 30 11 20
70451 Stuttgart
Telefon: 0711 8931-573
Telefax: 0711 8931-167
schoner@medizinkommunikation.org
http://www.deutscher-psychosomatik-kongress.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Medizin
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Pressetermine
Deutsch
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