Zwei wesentliche Ziele sind beim ersten bundesweiten Kongress für Kinder- und Jugendarbeit erreicht worden: "Endlich ist ein Dialog zwischen Praxis, Politik und Wissenschaft in die Wege geleitet", freut sich Prof. Dr. Thomas Rauschenbach, Initiator der Veranstaltung über die Aufbruchstimmung, die vom Kongress ausgehe. "Außerdem ist die gesamte Kinder- und Jugendarbeit ins Gespräch gekommen." Das sei kein leichtes Unterfangen bei fast
50 000 hauptberuflich und darüber hinaus mehr als 200 000 ehrenamtlich Beschäftigten diesen Sektors, betont Erziehungswissenschaftler Rauschenbach am dritten Kongresstag.
Eine ähnliche Veranstaltung hatte es zuletzt 1927 im Schloss Bellevue in Berlin gegeben. Damals noch unter dem Titel: "Das junge Deutschland". Das Motto 75 Jahre später: "Kinder- und Jugendarbeit - Wege in die Zukunft". Dass der Versuch geglückt sei, alle Verantwortlichen nach so langer Zeit wieder an "einem Tisch" zu versammeln, schreibt Rauschenbach der Universität als übergeordnetem Ausrichter zu. "Das hat keine andere Organisation geschafft."
Der Kongress war nicht zuletzt wegen des so nicht erwarteten Andrangs ein voller Erfolg. "Ursprünglich hatten wir nur 800 Teilnehmer eingeplant", erklärt Erich Sass, Mitglied des Organisations-Teams. Dass es am Ende fast 1300 Teilnehmer waren, freut ihn und Rauschenbach sehr, "doch damit sind wir auch an unsere Kapazitätsgrenzen gestoßen. Bei noch größerem Interesse wären wir mit einem Kongress nicht mehr ausgekommen und hätten eine Messe veranstalten können", so Rauschenbach.
Mehr als 50 Projekte wurden im Laufe der Veranstaltung präsentiert. Ein sächsischer Verein stellte Kooperationsmöglichkeiten zwischen Unternehmen und Jugendeinrichtungen vor, das englische "Youth Office Rochdale Council" erklärte Details britischer Jugendforschung. Für die Teilnehmer bot sich eine Vielzahl von Möglichkeiten, sich über kreative und vor allem praxisnahe Projekte fortschrittlicher Jugendarbeit zu informieren. Einen regen Meinungsaustausch provozierten zahlreiche Pro- und Contra-Debatten: "Verliert die Jugendarbeit im Sozialraum die Orientierung?", "Was ist gute Jugendarbeit?", "Wird Jugendarbeit überhaupt gebraucht?" Die Vielzahl vertretener Verbände und Organisationen aus allen Teilen der Republik bot ideale Voraussetzungen, um auch Fragen grundsätzlicher zu debattieren.
Für Gesprächsstoff sorgte zudem eine am Dienstagabend ausgetragene Podiumsdiskussion mit Vertretern der Bundestagsparteien. In der ganz im Zeichen des Wahlkampfes stehenden Debatte unterstrich Gitta Trauernicht (SPD), Jugendministerin des Landes Niedersachsens: "Die Jugend selbst wird von der Politik nicht vernachlässigt." Klammere man hier die Jugendarbeit allerdings aus, ließen sich Defizite feststellen.
Der stellvertretende PDS-Parteivorsitzende Peter Porsch forderte mehr Einfluss für Jugendliche, vor allem in der Politik. In Bezug auf Jugendarbeit machte er deutlich, "dass diese kein Reparaturbetrieb ist. Jugendarbeit ist ein Bestandteil von Bildung." Auch die Jugendministerinnen von Schleswig-Holstein und Hessen, Anne Lütkes (Grüne) und Silke Lautenschläger (CDU), sowie der FDP-Bundestagsabgeordnete Hildebrecht Braun (FDP) nahmen an der Diskussion teil.
Weniger emotional wurde während des Kongresses etwa die Zukunft der Ganztagsschule beleuchtet. Während Helmut Wittmann, Mitarbeiter des bayerischen Kultusministeriums, Wert auf ein freiwilliges zusätzliches Angebot legte, wurde durchaus auch die Frage nach dem Sinn einer zu sehr "durchpädagogisierten" Jugendzeit gestellt.
Dass es eine solche Veranstaltung bereits in einem Jahr wiedergeben wird, ist fraglich. "Dann müsste jetzt direkt mit den neuen Vorbereitungen begonnen werden", merkte Rauschenbach an. Jetzt werde der Kongress erst einmal dokumentiert und die Reaktion ausgewertet. Erst dann sei es wirklich sinnvoll, über einen neuen Termin nachzudenken. "Ich stehe dazu aber nicht mehr zur Verfügung", sagte Rauschenbach, seit kurzem Direktor des Deutschen Jugendinstituts in München, erschöpft, aber lächelnd. Zweifel daran, dass sich der enorme Aufwand für ihn gelohnt hat, plagen ihn indes nicht: "Die Resonanz bis jetzt war überwältigend."
Unter www.netzprojekt.de/dortmund ist eine Dokumentation des Kongresses veröffentlicht.
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Weitere Informationen: Wiebken Düx, Erich Sass, Tel. 0231- 755-6554, E-Mail: duex@fb12.uni-dortmund.de
Internet: www.fachkongress-jugendarbeit.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Gesellschaft, Pädagogik / Bildung, Politik, Recht
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
Deutsch
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