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23.04.2013 10:24

Aminosäure Glutamin schadet Intensivpatienten mit Multiorganversagen

Oliver Grieve, Pressesprecher, Stabsstelle Integrierte Kommunikation
Universitätsklinikum Schleswig-Holstein

    UKSH-Arzt koordiniert internationale Multicenter-Studie in Europa

    Die Gabe von Glutamin ist verantwortlich für eine höhere Sterblichkeit bei Patienten mit Organversagen. Dieses überraschende Ergebnis einer aktuellen internationalen Multicenter-Studie, die kürzlich im renommierten New England Journal of Medicine (Heyland et al., 2013;368:1489-97) publiziert wurde, beantwortet eine wichtige Frage, ob eine frühzeitige Gabe von Glutamin und/oder Antioxidanzien zusätzlich zur Standardernährung einen Effekt auf das Überleben und den Heilungsverlauf von kritisch kranken Patienten hat. In Kooperation mit der weltweit renommierten Studiengruppe der „Canadian Critical Care Trials Group“ leitete Dr. Gunnar Elke, Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH), Campus Kiel, die Studie in Europa, stellvertretend für den internationalen Initiator, Prof. Daren Heyland (Kingston General Hospital, Queen‘s University Kingston, Kanada).

    Sechs Jahre beobachteten die Forscher 1223 Patienten in Kanada, den USA und Europa. Anhand eines verblindeten, 2x2 faktoriellen Studiendesigns wurden zusätzlich zur Standardernährungstherapie entweder Glutamin, Antioxidanzien, Glutamin+Antioxidanzien oder Placebo gegeben. Dabei zeigte sich eine im Vergleich zu Placebo 6,5 Prozent höhere Sterblichkeit in der Glutamingruppe nach einer Beobachtungszeit von sechs Monaten. Die Gabe von Antioxidanzien hatte keinen Effekt, weder negativ noch positiv auf die untersuchten Studienendpunkte. Auch hatten Patienten unter Glutamingabe eine längere Beatmungsdauer sowie einen verlängerten Aufenthalt auf der Intensivstation und im Krankenhaus.

    „Bei der Entstehung von Organversagen während einer kritischen Erkrankung muss dem oxidativen Stress eine große Bedeutung beigemessen werden“, sagt Dr. Gunnar Elke, „da bei Minderdurchblutung und Sauerstoffunterversorgung Krankheitserreger und sogenannte Radikale freigesetzt werden – Glutamin unterstützt diesen negativen Effekt. Wir hatten die Hoffnung, mit der frühzeitigen und hochdosierten Gabe dieser Substrate in der Population der schwerstkranken Patienten einen schützenden Effekt zu erzielen. Diese Hoffnung hat sich leider nicht bestätigt.“

    Glutamin ist im Blut des gesunden menschlichen Organismus die höchstkonzentrierte Aminosäure und ein bevorzugtes Energiesubstrat für Zellen mit hoher proliferativer Aktivität, wie Darmepithelzellen und Zellen der Immunabwehr. Bei Intensivpatienten unter zunehmender Krankheitsschwere kann dieses wichtige natürliche Abwehrsystem vom Körper selbst nicht ausreichend produziert werden. Folglich entsteht ein Ungleichgewicht zugunsten des „oxidativen Stress“. Vitamine und Spurenelemente, allen voran Selen, gelten neben Glutamin ebenfalls als Schlüsselsubstrate des antioxidativen Abwehrsystems bei kritischer Erkrankung. So ließen Ergebnisse vorheriger, kleiner Studien vermuten, dass ein Glutamin- und Antioxidanzienmangel mit einer beeinträchtigten Funktion des Immunsystems und schlechterem klinischen Verlauf der Patienten verbunden war. Eine frühzeitige und kontinuierliche Zufuhr dieser Substrate könnte daher einem potentiellen Mangel entgegenwirken und der Entwicklung infektiöser Komplikationen, Organdysfunktionen und einer daraus resultierenden erhöhten Sterblichkeit entgegenwirken.

    Umso überraschender waren die Ergebnisse, dass Glutamin einen schädlichen Effekt hatte, der u.a. darauf zurückgeführt werden könnte, dass die bislang zu diesem Thema durchgeführte Studien zu kleine Patientenzahlen untersucht hatten.

    Für Rückfragen steht zur Verfügung:
    Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel
    Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin
    Dr. Gunnar Elke, Tel.: 0431 597-2971, E-Mail: gunnar.elke@uksh.de

    Verantwortlich für diese Presseinformation:
    Oliver Grieve, Pressesprecher des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein
    Mobil: 0173 4055 000, E-Mail: oliver.grieve@uksh.de
    Campus Kiel, Arnold-Heller-Straße 3, Haus 31, 24105 Kiel, Tel.: 0431 597-5544, Fax: - 42 18
    Campus Lübeck , Ratzeburger Allee 160, Haus 1, 23538 Lübeck, Tel.: 0451 500-5544, Fax: -21 61


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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