Eine Experten-Gruppe der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) hat nach den Kriterien der evidenz-basierten Medizin neue Therapie-Empfehungen bei verschiedenen Formen von Gesichtsschmerzen veröffentlicht. Sie stehen auf der Homepage der DMKG (www.dmkg.de) zur Verfügung. Spezielle Informationen für Patienten zu den einzelnen Formen von Gesichtsschmerzen sind ebenfalls auf der Homepage verfügbar.
Unter Schmerzen im Gesicht leiden deutlich weniger Menschen als unter Kopfschmerzen. Allerdings sind diese Schmerzen, zu denen etwa die Trigeminus-Neuralgie und die Zoster-Neuralgie gehören, mindestens so quälend wie Migräne-Attacken. Und Wirbelsäulen-Kopfschmerz oder atypische Gesichtsschmerzen, für die keine fassbare Ursache nachweisbar ist, peinigen ihre Opfer nicht weniger als Spannungskopfschmerzen.
Bei einer Trigeminus-Neuralgie lösen äußere Reize oder Bewegungen blitzartig einschießende, elektrisierende Schmerzen aus. Demgegenüber ist der Schmerz bei einer Zoster-Neuralgie ein brennender Dauerbegleiter, zu dem einzelne Schmerzattacken hinzu kommen können. Ein Wirbelsäulen-Kopfschmerz ist dumpf oder ziehend-bohrend und Patienten mit atypischen Gesichtsschmerzen leiden oft unter verschiedenen Schmerzqualitäten: es bohrt, brennt, sticht, drückt oder pulsiert.
Während die Pein der meisten Kopfschmerz-Patienten sehr gut gelindert werden kann, fallen die therapeutischen Erfolge bei Gesichtsschmerzen oft bescheidener aus. Bei allen Formen werden klassische Schmerzmittel nur in Ausnahmefällen eingesetzt. Denn diese Medikamente sind bei Gesichtsschmerzen meistens nicht wirksam. Stattdessen kommen beispielsweise Antiepileptika, trizyklische Antidepressiva oder Neuroleptika zum Einsatz.
Patienten mit einer Trigeminus-Neuralgie werden in 50 - 70 Prozent aller Fälle durch eine medikamentöse Therapie, beispielsweise mit Antiepileptika, schmerzfrei. Von Schmerzmitteln profitieren die Patienten nicht, da die Blitz-Attacken schon lange abgeklungen sind, bis deren Wirkung einsetzt. Darum sollen andere Medikamente, Antiepileptika oder Neuroleptika, den Schmerzen vorbeugen. Greifen diese nicht oder lässt die Wirkung der Arzneimittel nach, können allenfalls noch neurochirurgische Eingriffe die Schmerzen lindern. Bei diesen Eingriffen werden etwa Nervenknoten durch Hitze zerstört (Thermokoagulation) oder Kunststoffplättchen eingeführt, die den Druck von Blutgefäßen auf den Trigeminus-Nerv nehmen sollen.
Die Zosterneuralgie nach einer Gesichtsrose kann bei 47 bis 78 Prozent der Patienten zumindest gelindert werden. Mittel der ersten Wahl sind trizyklische Antidepressiva und Antiepileptika.
Bei Wirbelsäulen-Kopfschmerz ruhen die meisten Therapiemethoden auf ungesichertem Fundament. Wissenschaftliche Studien sind Mangelware. Noch gibt es darum keine gesicherte, dauerhaft erfolgreiche Behandlungsmethode. Die häufig eingesetzten physikalischen Therapiemaßnahmen (Massagen, Bäder oder Elektrotherapie) oder eine Manualtherapie helfen oft nur für kurze Zeit. Auch die Wirksamkeit von Akupunktur oder jene der so genannten transkutanen elektrischen Nervenstimulation (TENS) ist nicht von Dauer. Um die Beschwerden wenigstens zu lindern, werden diese Ansätze häufig in Kombination eingesetzt. Auch verhaltenstherapeutische Strategien bessern vorübergehend die Beschwerden. Wenn alle Behandlungsmethoden versagen, bleibt als letzter Ausweg für Patienten, die von starken Schmerzen gequält werden oder unter häufigen Attacken leiden, nur noch ein chirurgischer Eingriff.
Patienten mit atypischen Gesichtsschmerzen haben eine besonders komplizierte Leidensgeschichte: Für die ständigen Gesichtsschmerzen können die Ärzte keine fassbare organische Ursache finden. Der Leidensdruck ist so groß, dass viele Patienten auf Zahnbehandlungen, Ohroperationen oder Injektionsbehandlungen drängen. Solche Therapien lösen häufig Schäden an Gelenken, Bändern, Muskeln und Nerven aus, erschweren die Diagnosestellung und leisten der Chronifizierung Vorschub.
Weil es sich bei der Diagnose "atypischer Gesichtsschmerz" um eine so genannte Ausschluss-Diagnose handelt, die also erst dann gestellt werden kann, wenn keine andere Ursache der Pein gefunden werden kann, ist der diagnostische Aufwand sehr hoch.
Dieser Gesichtsschmerz spricht auf Medikamente nur selten an. Am häufigsten verordnen Ärzte sogenannte trizyklische Antidepressiva, die auch bei Spannungskopfschmerzen gut helfen: Diese Medikamente greifen in die Schmerzverarbeitung im Gehirn ein. Gleichzeitig mildern sie psychische Beschwerden, unter denen über die Hälfte der Patienten leidet. Auch Antiepileptika werden eingesetzt. Ergänzend gehört die Verhaltenstherapie zum Standard. Mit diesen Methoden können die Patienten lernen, die Schmerzen besser zu bewältigen und mit ihnen umzugehen. Ziel ist die Linderung der Schmerzen, da eine Heilung nur in Ausnahmefällen gelingt.
Quelle: Therapie und Prophylaxe von Gesichtsneuralgien und anderen Formen der Gesichtsschmerzen; Nervenheilkunde 2002; 21:255-268
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Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
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Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
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