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08.05.2013 19:28

Deutsche Autoren im Exil in den USA (1933-1945)

Klaus P. Prem Presse - Öffentlichkeitsarbeit - Information
Universität Augsburg

    Eine Ausstellung in der Universitätsbibliothek Augsburg mit Exponaten aus der "Bibliothek der verbrannten Bücher" / Eröffnung am 15. Mai 2013

    Augsburg/UH/KPP - Vom 15. Mai bis zu 21. Juli 2013 zeigt die Universitätsbibliothek Augsburg in ihrer Ausstellungshalle die Ausstellung "'Man kann ja nicht aus der Welt fallen…' - Deutsche Autoren im Exil in den USA (1933-1945)". Ein aktueller Anlass dafür, das Exilland USA näher zu betrachten, ist die internationale Konferenz "Censorship & Exile", die vom 23. bis zum 25. Mai 2013 an der Universität Augsburg stattfindet. Veranstaltet wird diese Tagung von Prof. Dr. Hubert Zapf (Lehrstuhl für Amerikansitik) und seiner Mitarbeiterin Johanna Hartmann gemeinsam mit Wissenschaftlern der University of Texas at Austin.

    Die Mehrzahl der Exponate dieser Ausstellung kommt aus der Sondersammlung "Bibliothek der verbrannten Bücher", die 2009 durch die Universität von dem Sammler Georg P. Salzmann erworben wurde. Sie enthält die nahezu kompletten Erstausgaben von ca. 60 Autoren, die im Dritten Reich verboten, verfemt und verfolgt wurden, und umfasst insgesamt 12.000 Bände. Mit dieser Sammlung hat die Universitätsbibliothek die Verpflichtung übernommen, die Werke der Wissenschaft und der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Es wurden eigene Räumen für die Sammlung eingerichtet, die als Präsenzbibliothek allen Interessierten offenstehen; außerdem wurde ein umfangreiches Angebot mit zusätzlichen Exemplaren zur Ausleihe nach Hause aufgebaut. Darüber hinaus bieten Ausstellungen, Lesungen und andere Veranstaltungen Gelegenheit, sich aus den Quellen über die geistigen und literarischen Werte, die von den verfolgten Literaten geschaffen wurden und für die sie sich persönlich eingesetzt haben, zu informieren.

    "Bücherverbrennung" vor 80 Jahren

    Am 10. Mai 2013 ist es 80 Jahre her, dass in ganz Deutschland am Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft "Bücherverbrennungen" stattfanden. Diese Inszenierungen durch die NS-Studentenschaft im Feuerschein brennender Bücherberge setzten die systematische Hetze gegen missliebige Schriftsteller und Kulturschaffende der Weimarer Republik fort, die seit Anfang 1933 bei der Machtübernahme durch Hitler und erneut nach dem Reichstagsbrand zugenommen hatte. Im Mai 1933 waren zahlreiche Autorinnen und Autoren, die sich ausgesprochen oder unausgesprochen verfemt wussten und deren Leben nicht mehr sicher war, bereits aus Deutschland geflohen.

    Aus dem NS-Staat zu emigrieren und in Ländern, in denen man zunächst noch sicher leben konnte, ein Exil zu suchen, wurde für zahlreiche Schriftsteller und Journalisten, die bisher zu den angesehensten Trägern der Intelligenz in Deutschland zählten, schlagartig eine Existenzfrage, bei der es um ihr persönliches Schicksal ging.

    Flucht- und Lebenswege der Exilantinnen und Exilanten

    "Man kann ja nicht aus der Welt fallen …" schrieb Kurt Pinthus 1940 aus dem Exil in den USA an seinen Freund Walter Hasenclever, der nach Frankreich geflohen war. Die Ausstellung zeigt zunächst die Fluchtwege der Exilanten und ihre Lebens- und Arbeitsbedingungen in den Vereinigten Staaten, sodann das Schicksal einzelner Autoren: Vicki Baum und Gina Kaus, Oskar Maria Graf, Lion Feuchtwanger, Franz Werfel, Thomas, Heinrich, Erika und Klaus Mann, Alfred Döblin, Bertolt Brecht; sie wirft auch einen Blick auf die Rolle der Filmindustrie in Hollywood.

    Merkwürdige Details

    Ein Besuch der Ausstellung erlaubt es, Bekanntes in Zusammenhänge einzuordnen und neue Querverbindungen zu entdecken. In Briefen und anderen Texten lassen sich die Befindlichkeiten der Autoren und die Konflikte aufspüren, denen sie ausgesetzt waren. Man stößt auch auf merkwürdige Details, etwa in der Autobiographie von Gina Kaus oder bei Thomas Mann, der sich z.B. während der Novemberpogrome in Deutschland 1938 in Princeton aufhielt, von Empfang zu Empfang eilte und im Tagebuch akribisch seine distinguierte Abscheu vor den Greueltaten der Nazis, aber auch den Genuss von Gänseleberpastete notierte.

    Einwanderungsland USA

    Die Schau erinnert an die lange Tradition der USA als Einwanderungsland auch für Deutsche – ein Land, das die Einwandererzahlen auch in Zeiten der NS-Verfolgung streng reglementierte. Wer weder Vermögen noch Verdienste vorweisen konnte und keine entsprechende Empfehlung vorlegte, hatte es schwer, ein Visum zu erhalten. Wie die Exilgeschichten immer wieder zeigen, gab es für Findige und Anpassungsbereite zahlreiche Möglichkeiten, Fürsprecher oder Gelegenheiten zu finden, um ihre Existenz für die nächsten Wochen und Monate zu sichern. Aber genauso real waren die ständige Unsicherheit und der Zwang, sich markt-und erwartungskonform zu verhalten. Für Europäer war der "American Way of Life" oft eine ziemliche Zumutung.

    Einblicke in das Leben im kalifornischen 'Emigrantenghetto' von Santa Monica und Pacific Palisades zeigen, dass es selbst in den Villen am Pazifik ab 1941 für "feindliche Ausländer" ungemütlich wurde. Überhaupt war es gerade in Hollywood für deutsche Literaten extrem schwer, sich z. B. als Drehbuchschreiber marktgerecht in den Betrieb der Filmindustrie einzugliedern.

    In den Nachkriegsjahren setzten die Kommunistenhetze und die Begleitumstände des Kalten Krieges in den USA deutschen Emigranten so stark zu, dass ihre Dankbarkeit für das Exilland auf eine harte Probe gestellt wurde. Nur besonders lebenstüchtige und seelisch robuste Schriftsteller blieben dort, etwa Gina Kaus und Vicki Baum, aber auch jene, die sich nicht noch einmal aus der literarischen Arbeit herausreißen lassen wollten - wie Oskar Maria Graf und Lion Feuchtwanger.

    Die Beschäftigung mit dem Exilland USA lohnt sich vor allem deshalb, weil die USA die größte Zahl von Emigranten für die längste Zeit mit der breitesten kulturellen Gesamtwirkung aufnahmen. Für die meisten der zunächst in europäische Nachbarländer Geflohenen bildeten die Vereinigten Staaten den "letzten Hafen", den sie anstrebten – nicht immer mit Erfolg.

    Die Ausstellung ist von Dr. Gerhard Stumpf, dem stellv. Direktor der Universitätsbibliothek Augsburg, konzipiert und vorbereitet worden. Texte für die Ausstellungstafeln schrieben (außer ihm und dem Bibliotheksleiter Dr. Ulrich Hohoff): Christin Zenker, Torsten Leine, Marco Milling, Christoph Zabel, Marguerite Markgraf, Anna Zachmann, Andreas Grünes, Katharina Baur und Franz Fromholzer – koordiniert durch die Germanistin Prof. Dr. Bettina Bannasch.

    Bis zum 22. Juli 2013 in der Zentralbibliothek / Eröffnung am 15. Mai um 18.00 Uhr

    Die Ausstellung läuft bis zum 22. Juli 2013 in der Ausstellungshalle der Zentralbibliothek (Gebäude E, Universitätsstraße 22, 86159 Augsburg). Sie ist von Montag bis Freitag von 8.30 bis 24.00 Uhr, samstags von 9.30 bis 24.00 und sonntags von 12.00 bis 18.00 Uhr zugänglich. Der Eintritt ist frei.

    Bei der Eröffnungsveranstaltung am 15. Mai 2013 um 18.00 Uhr werden auch die Exilanten selbst in kurzen, charakteristischen Texten zu Wort kommen.
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    Kontakt und weitere Informationen:

    Dr. Gerhard Stumpf, Telefon 0821/598-5341, gerhard.stumpf@bibliothek.uni-augsburg.de
    Dr. Ulrich Hohoff, Telefon 0821/598-5300, ulrich.hohoff@bibliothek.uni-augsburg.de
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    Zur Konferenz "Censorship and Exile":

    http://www.philhist.uni-augsburg.de/de/lehrstuehle/anglistik/amerikanistik/aktue...


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, jedermann
    Geschichte / Archäologie, Kulturwissenschaften, Sprache / Literatur
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft
    Deutsch


     

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