Die geplante Fusion der Universitäten Duisburg und Essen wird gegen den Willen der Universität Essen vollzogen werden müssen, wenn die sich jetzt abzeichnenden Bedingungen für den Hochschulzusammenschluss nicht in entscheidenden Punkten revidiert werden. Das machten Rektorat und Senat der Essener Hochschule in der jüngsten Senatssitzung (Dienstag, 24. September) dem Vorsitzenden des Wissenschaftsausschusses im nordrhein-westfälischen Landtag, Joachim Schultz-Tornau, sowie den wissenschaftspolitischen Sprechern der vier Landtagsfraktionen unmissverständlich klar. Nach wie vor wird der Hochschulzusammenschluss befürwortet - aber nur, wenn er unter vernünftigen Voraussetzungen zustande kommt, lautete die Botschaft an Schultz-Tornau sowie die Abgeordneten Dietrich Kessel, SPD, Manfred Kuhmichel CDU, Thomas Rommelspacher, die Grünen, (in Vertretung seiner Kollegin Ruth Katharina Seidl) und Professor Dr. Friedrich Wilke, FDP. Der bisherige Verlauf der Verhandlungen mit dem Wissenschaftsministerium, der Kabinettsberatungen sowie der ersten Lesung des Entwurfs für das Fusionsgesetz im Landtag lässt aus Essener Sicht aber etwas ganz anderes erwarten: Einen Zusammenschluss, der ins Desaster führt. Essen allein stünde dann besser da, erklärte Rektor Karl-Heinz Jöckel den Gästen im Senat und sah sich damit einig mit den Vertretern aller Statusgruppen.
Jöckel nannte die Kritikpunkte: Unzureichende finanzielle Zusagen zum Ausgleich der fusionsbedingten Kosten, ein der neuen Hochschule durch die Landesregierung "übergestülptes Rektorat" und - angesichts der vorgesehenen Fächerverteilung - der Verzicht auf jegliche Synergieeffekte. Aber gerade die Hoffnung darauf war es gewesen, die beide Universitäten zu den Fusionsverhandlungen ermutigt hatte. "Wo sind die Synergieeffekte?" fragte Senatssprecher Reiner Sustmann die Abgeordneten. Die Frage blieb ohne Antwort.
Thomas Rommelspacher, Duisburger Insider - weil er dort eine Privatdozentur inne hat, von der er in Wahrnehmung seines Landtagsmandats allerdings beurlaubt ist -, verwies lediglich darauf, dass Duisburg schließlich auf die Lehrerbildung verzichten müsse (das aber nicht fusionsbedingt, sonder ohnehin in Vollziehung der Empfehlungen des Expertenrates längst per Rechtverordnung geregelt). Er wolle, meinte Rommelspacher, nach Ablauf seines Mandats nicht in eine Ruine zurückkehren, und kündigte an: "Das Gesetz wird kommen".
Das sah auch der Sprecher des größeren Koalitionspartners so: Das zentrale Problem der Gesamthochschulen, das selbst ein ehemaliger Finanzminister (Heinz Schleußer) anerkannt habe, sei ihre dauerhafte Unterfinanzierung. Und dieses Problem bleibe erhalten, wenn man den Fusionsprozess jetzt stoppe. Die beteiligten Hochschulen sollten sich, obwohl es "an einigen Punkten noch hake", weiter konstruktiv an Prozess der Vereinigung beteiligen. Kessel räumte ein, dass der Gesetzentwurf "in Punkten der Zusammenführung der Selbstverwaltungsstrukturen noch nicht der Weisheit letzter Schluss" sei, erkannte aber etliche Argumente "für die Übernahme der Verantwortlichkeit für die Ernennung eines Gründungsrektors durch die Landesregierung".
Für die CDU hat Manfred Kuhmichel bisher "nicht festgestellt, dass die Kritik aus den Hochschulen am Gesetzentwurf ernstgenommen wird". Kuhmichel plädierte, wie später Prorektor Klaus Hübner, für eine Erweiterung des Zeitrahmens und neue Verhandlungen, denn: "Diese Universität ist reformwillig und darf den schwarzen Peter nicht zugeschoben bekommen."
Die Hoffnung auf Zeitgewinn konnten die FDP-Sprecher Schultz-Tornau und Wilke nicht teilen. Wilke: "Alles, was wir hier veranstalten, ist reine Show. Die Koalition wird die Fusion durchpauken. Denn sie nimmt die Autonomie der Hochschulen nicht ernst!"
Diesen Eindruck hat man im Essener Rektorat und im Senat auch. Für die Gruppe der Studierenden, die die Fusion ohnehin nicht wünschen, ging Friedrike Ettwig noch weiter: Gegenüber Thomas Rommelspacher wunderte sie sich, - und erinnerte dabei auch an das Verhalten bei der Diskussion über die Einführung von Studiengebühren - über die Politik, die die Grünen derzeit überhaupt betreiben.
Merkwürdiges Schreiben der Ministerin
Weniger Verwunderung als Verärgerung löste im Senat ein Schreiben aus, mit dem Wissenschaftsministerin Gabriele Behler die Rektoren Wolff in Duisburg und Jöckel in Essen aufgefordert hatte, "aus der Sicht Ihrer Hochschule geeignete Persönlichkeiten" für das "wichtige Amt" einer Gründungsrektorin oder eines Gründungsrektors der fusionierten Universität vorzuschlagen. Das Schreiben der Ministerin ist erst in der Senatssitzung eingegangen. Den beiden Hochschulen wird in diesem Schreiben eine Frist von vier Arbeitstagen für die Reaktion gesetzt. Dies lässt nur den Schluss zu, dass Vorschläge der Hochschulen nicht gewünscht sind. In einer so kurzen Zeit kann nicht einmal der Senat der nach dem geltenden Hochschulgesetz für die Auswahl des Rektors/der Rektorin zuständig ist, fristgerecht geladen - geschweige eine sachgerechte Personalauswahl und Diskussion durchgeführt werden. Die Hochschule fühlt sich verhöhnt. Bei den anwesenden hochschulpolitischen Sprechern der Landtagsfraktionen - unter Einschluss der Sprecher der Regierungskoalition - hat dieses Schreiben der Ministerin nur Kopfschütteln herbeigeführt. Mit den Regelungen des eingebrachten Regierungsentwurfs des Fusionsgesetzes hat das in diesem Schreiben gewählte Verfahren nichts zu tun. Das Essener Rektorat fragt sich, ob der Regierungsentwurf schon teilweise überholt ist. Die Parlamentarier werden sich wundern, dass die gerade begonnenen parlamentarischen Beratungen über die endgültige Gestaltung des Fusionsgesetzes von der Landesregierung offensichtlich für die rechtliche Gestaltung der Fusion in diesen Punkten nicht für besonders wichtig gehalten werden.
Redaktion: Monika Rögge, Telefon (02 01) 1 83 - 20 85
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