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10.06.2013 11:04

Die Zukunft der Lutherbibel

Stefanie Bühlchen Stabsstelle Kommunikation/Pressestelle
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Wissenschaftler der Universität Jena geben Band über „Anmut und Sprachgewalt“ heraus

    Es heißt, er habe dem Volk aufs Maul geschaut. Der ehemalige Mönch Martin Luther machte im 16. Jahrhundert die Heilige Schrift für alle Lesekundigen zugänglich. Die „Lutherbibel“ gilt bis heute als eines der bedeutendsten literarischen Werke. Umgangssprachlich ist Luthers Bibelübersetzung jedoch keineswegs. „Luthers Übersetzung ist vielmehr eine hochtheologische“, sagt Prof. Dr. Jens Haustein von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Und so verwundert es nicht, dass die Übersetzung Luthers bis heute Wissenschaftler beschäftigt. Derzeit arbeiten Wissenschaftler an einer Durchsicht der Übersetzung und gleichen diese mit den Urtexten ab.

    Der Jenaer Lehrstuhlinhaber für Germanistische Mediävistik hat nun gemeinsam mit Prof. Dr. Corinna Dahlgrün, Lehrstuhl für Praktische Theologie, das Buch „Anmut und Sprachgewalt. Zur Zukunft der Lutherbibel“ herausgegeben. Darin enthalten sind Beiträge von zahlreichen Wissenschaftlern aus dem deutschsprachigen Raum, die an der gleichnamigen Jenaer Tagung im Jahr 2012 teilgenommen hatten.

    Ziel der Tagung war es, das „Lutherdeutsch“ genauer zu betrachten und zu ergründen, worin die theologische und kulturelle Bedeutung von Luthers Bibelübersetzung liegt. Daran anknüpfend wurde diskutiert, ob und wie Luthers Deutsch modernisiert und wie weit von seiner Übersetzung abgewichen werden darf. „Luthers Übersetzung liegt erstaunlich nah am Urtext, die moderne philologische Exegese hat aber teilweise einen anderen semantischen Gehalt herausgefunden“, erklärt Prof. Haustein den Grund für Anstrengungen, Luthers Übersetzung zu überarbeiten. Fachleute aus den Bereichen Exegese, Kirchengeschichte, Systematische Theologie, Liturgik und Germanistik haben sich zu diesem Thema in Jena getroffen und ziehen in ihren Beiträgen nun eine Zwischenbilanz der Bibel-Durchsicht.

    Ob Luthers Fassung überhaupt verändert werden darf, fragt sich Dr. Christoph Kähler. Eine Modernisierung der Sprache werde nicht stattfinden, wohl aber eine „behutsame Pflege eines sprachlichen und theologischen Schatzes“, schreibt der Vorsitzende des Lenkungsausschusses für die Durchsicht der Luther-Bibel. Neben ihm kommen elf weitere Autoren in Einzelbeiträgen zu Wort. „Luther hat mit seiner Übersetzung zentrale Begriffe geprägt, die nicht mehr zu ändern sind“, sagt Prof. Haustein. Dazu gehören Begriffe wie Gnade und Freiheit. Hochsensibel müsse demnach vorgegangen werden, wolle man Luthers Übersetzung modernisieren. „Im Übersetzen hat sich letztlich auch Luthers Theologie herauskristallisiert“, erklärt Prof. Dahlgrün. Zudem seien viele Begrifflichkeiten längst in Literatur und Liedkultur eingeflossen. „Man denke nur an die Kirchenmusik von Bach bis Mendelssohn.“

    Prof. Haustein plädiert daher für eine Erklärung der Begriffe, statt sie komplett zu ersetzen. Dies geschah etwa im Jahr 1975. „Damals wurde auch das Wort Weib komplett gestrichen“, weiß der Jenaer Mediävist, da die Luther-Übersetzung an den modernen Sprachgebrauch angepasst werden sollte. 1984 wurde davon vieles wieder zurückgenommen. „Auch der vertraute Luther-Ton kam mit der Überarbeitung von 1984 wieder zurück“, sagt der Mediävist. Er ist gegen die Tendenz, die Luther-Sprache zu glätten. Schließlich stehe man gerade an der Universität Jena auch in der Tradition der Reformation. „Diese Universität ist aus dem Geiste der Reformation hervorgegangen“, betont Prof. Haustein. Zudem habe Martin Luther sehr bewusst „knallige Begriffseinheiten“ gebildet, die bis heute Vorstellungen prägen. Das Problem: Teilweise habe Luther sich dabei nicht mehr ganz an die Textgrundlage gehalten und recht frei übersetzt. Gleichzeitig aber sei seine Übersetzung prosodisch, so dass sich ein Eingreifen in den Text als recht schwierig gestalten würde. Diese besondere Musikalität der Luther-Sprache drohe mit neuerlichen Eingriffen schnell zerstört zu werden.

    Bibliographische Angaben:
    Corinna Dahlgrün und Jens Haustein (Hg.): Anmut und Sprachgewalt. Zur Zukunft der Lutherbibel. Beiträge der Jenaer Tagung 2012. Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart 2013, Preis: 32 Euro, ISBN 978-3-438-06248-2

    Kontakt:
    Prof. Dr. Jens Haustein
    Institut für Germanistische Literaturwissenschaft der Friedrich-Schiller-Universität Jena
    Fürstengraben 18, 07743 Jena
    Tel.: 03641 / 944250
    E-Mail: jens-dieter.haustein[at]uni-jena.de


    Weitere Informationen:

    http://www.uni-jena.de


    Bilder

    Cover des neuen Bandes.
    Cover des neuen Bandes.

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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Religion, Sprache / Literatur
    überregional
    Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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