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10.06.2013 12:20

Mythen und Fakten rund um Jod

Eva Contzen Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Institut Danone Ernährung für Gesundheit e. V.

    Jod ist ein wichtiges Spurenelement in der menschlichen Ernährung. Es gehört zu den lebenswichtigen Nährstoffen, dessen Versorgung bei einer durchschnittlichen – eher unbewussten Ernährung – nicht sichergestellt ist. Wer sich über Jod informiert, ist schnell mit gegensätzlichen Aussagen konfrontiert. Einige von ihnen gehören in das Reich der Mythen und andere spiegeln gesicherte Fakten der aktuellen Forschung wieder. Das Institut Danone Ernährung für Gesundheit e.V. hat solche Mythen zusammengetragen und auf der Basis ernährungswissenschaftlicher bzw. -medizinischer Fakten bewertet.

    München Haar, 10.06.2013: Jod ist ein wichtiges Spurenelement in der menschlichen Ernährung. Es gehört zu den lebenswichtigen Nährstoffen, dessen Versorgung bei einer durchschnittlichen – eher unbewussten Ernährung – nicht sichergestellt ist. Wer sich über Jod informiert, ist schnell mit gegensätzlichen Aussagen konfrontiert. Einige von ihnen gehören in das Reich der Mythen und andere spiegeln gesicherte Fakten der aktuellen Forschung wieder. Das Institut Danone Ernährung für Gesundheit e.V. hat solche Mythen zusammengetragen und auf der Basis ernährungswissenschaftlicher bzw. -medizinischer Fakten bewertet.

    1. In Deutschland gibt es eine steigende Zahl von Jodgeschädigten.
    Die Fakten: Viele Fachinstitutionen, u.a. das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) in Berlin, haben sich in der Vergangenheit mit dieser Aussage befasst und bestätigen sie nicht (BfR 2012, BfR 2004). Das BfR stellt dazu fest: Einen sichtbarer Anstieg von jodbedingten Überfunktionen der Schilddrüse oder auch immunbedingten Krankheiten der Schilddrüse wie Morbus Basedow und Morbus Hashimoto gibt es für die Gesamtbevölkerung nicht.

    Die von Kritikern genutzten Daten beziehen sich zum Teil auf die Bevölkerung in Entwicklungsländern oder in der ehemaligen DDR. Die Versorgungssituationen für Jod in solchen Studien sind i.d.R. nicht mit der heutigen Versorgung in Deutschland vergleichbar. Auch werden häufig Daten erwähnt, die sich auf Personen mit medikamentöser Behandlung beziehen oder sehr hohe Jodzufuhren voraussetzen. Sichere Rückschlüsse auf negative Folgen durch die Jodprophylaxe bei gesunden Personen können daraus jedoch nicht gezogen werden.

    Eine Überversorgung mit Jod ist eher selten. Jodausscheidungen von über 300 Mikrogramm /L bzw. Aufnahmemengen von 500 Mikrogramm /d sind jedoch zu vermeiden. Die Bevölkerung in Deutschland ist mit einer durchschnittlichen Jodausscheidung von 100 Mikrogramm/d von diesen Werten weit entfernt.

    2. Zuviel Jod führt zu „Jodallergie“.
    Die Fakten: Die Zunahme allergischer Reaktionen auf Grund der Jodierung von Lebens- und Futtermitteln kann nicht belegt werden. Überempfindlichkeits-Reaktionen auf jodhaltige Medikamente und allergische Kontaktekzeme auf Jod sind bekannt, aber sehr selten. Die Atome des Mineralstoffes Jod oder Jodsalz in jodiertem Speisesalz sind auch zu klein, als dass sie als Allergen wirken könnten. Um allergische Reaktionen zu verursachen oder zu verschlimmern, ist eine bestimmte Molekülgröße bzw. eine Einbindung von Jod in Eiweißverbindungen notwendig. Dies ist aber beim jodierten Speisesalz nicht der Fall.

    3. In Deutschland werden Lebensmittel heimlich „zwangsjodiert“.
    Die Fakten: Die Verwendung von Jodsalz in privaten Haushalten, Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung und der Lebensmittelwirtschaft hat die Jodversorgung der Bevölkerung in Deutschland verbessert. Dass Jodsalz verwendet werden darf, beruht auf gemeinsamen Beschlüssen von wissenschaftlichen Gremien und den zuständigen Behörden. Von „Heimlichkeiten“ kann jedoch dabei nicht die Rede sein: Denn für die Erlaubnis zur Jodierung von Speisesalz oder Futtermitteln waren seit den frühen 1990er Jahren mehrere Gesetzesänderungen notwendig.

    Durch die Jodsalzprophylaxe ist es in der Vergangenheit gelungen, das Risiko der Bevölkerung für Jodmangelerkrankungen, wie zum Beispiel die Bildung einer vergrößerten Schilddrüse, deutlich zu reduzieren. Der Gebrauch von Jodsalz bei abgepackten Lebensmitteln kann der Zutatenlisten entnommen werden. Bei losen Waren (zum Beispiel bei Back- oder Fleischwaren) muss er heute nicht mehr mit dem Extra-Hinweis „mit jodiertem Speisesalz“ deklariert werden.

    Durch Kenntnis spezieller Deklarationen können Verbraucher selbst viel tun, um den Jodgehalt in ihrer Ernährung zu verbessern. Das jodierte Speisesalz für die Verwendung im privaten Haushalt ist z.B. als „jodiert“ gekennzeichnet. Viele Hersteller oder Betriebe der Gemeinschaftsverpflegung und Gastronomie kennzeichnen den Zusatz von Jodsalz freiwillig, z.B. mit einem entsprechenden Siegel für Jodsalz. Studien zeigen jedoch, dass der Anteil jodierten Speisesalzes in verarbeiteten Lebensmitteln inzwischen weniger als 30 % beträgt (Arbeitskreis Jodmangel, 2013).

    Die seit vielen Jahren bestehende Verbesserung der Jodversorgung in Deutschland nimmt nun einen unter Gesundheitsgesichtspunkten unerwünschten Abwärtstrend (Remer et al 2012).

    4. In Deutschland herrscht eine „Jodschwemme“. Sie wird durch die Jodierung von Tierfutter und Speisesalz verursacht.
    Die Fakten: Kritiker der Jodsalzprophylaxe sprechen von einer in Deutschland herrschenden „Jodschwemme“ und führen darauf eine steigende Zahl von Jodallergien und Immunerkrankungen zurück. Laut BfR ist eine solche Zunahme in der Bevölkerung aber nicht festzustellen.

    Eine „Schwemme“ müsste sich zudem in überhöhten Jodmengen im Urin des Menschen nachweisen lassen. Die Fakten zeigen jedoch das Gegenteil: So zeigt eine aktuelle Untersuchung unter deutschen Grundschülern, dass in der Zeit von 2004 bis 2009 ein verschlechterter Jodstatus unter den Kindern erkennbar ist. Während im Zeitraum von 2004 bis 2006 insgesamt 51 % der Studienteilnehmer die empfehlenswerten Werte nicht erreichten, war es in 2007- 2009 schon ein Anteil von 57 % (Johner, 2011¸Johner 2012).

    Viele Studien und Argumente sprechen also derzeit klar dagegen, dass die Jodierung von Tierfutter und Speisesalz flächendeckend negative Folgen hat (z.B. Arbeitskreis Jodmangel 2013, Diethelm 2013, Johner 2011, Johner 2012, BfR 2004). Zudem ist ein Überangebot an Jod über Kontrollen des jodierten Speisesalzes oder der Futtermittel auf Einhaltung der gesetzlich festgelegten Höchstmengen in der Praxis nahezu ausgeschlossen (Großklaus 2004).

    5. Nur im Süden Deutschlands herrscht Jodmangel.
    Die Fakten: Für Jodmangel sind mehrere Ursachen verantwortlich: z.B. jodarme Böden, zu wenig Verzehr von Seefisch und Meeresfrüchten sowie jodarmes Trinkwasser. Ein regionaler – früher häufig im Süden Deutschlands - auftretender Jodmangel ist heute nicht mehr erkennbar. Die Regionen Deutschlands sind – gemessen an den Erkrankungsraten – gleichermaßen betroffen. Eine überregional gute Jodversorgung ist deshalb Ziel der Prophylaxemaßnahmen.

    6. Wer Seefisch isst, braucht kein zusätzliches jodiertes Salz.
    Die Fakten: In der Regel ist der Verzehr von Seefisch oder Meerestieren in Deutschland zu gering, um damit einen Großteil des Jodbedarfes zu decken. Zwar ist die Jodversorgung durch Lebensmittel in küstennahen Regionen etwas besser, reicht aber nicht aus. In der bereits zitierten Studie mit Grundschülern trug Fisch nur ca. 3 % zur Jodversorgung von Kindern und Jugendlichen bei (Remer, 2012). Der Arbeitskreis Jodmangel beziffert den Beitrag des Jods aus Seefisch und Meerestieren zur Jodversorgung auf nur 9 % (Arbeitskreis Jodmangel 2013).

    In allen Altersstufen ist jodiertes Speisesalz - mit ca. 48 % Beitrag zur Versorgung - zur Hauptquelle von Jod geworden. Der Verzehr von Seefisch bzw. das Wohnen in Hochsee-Nähe bietet also keinen Schutz vor Jodmangelkrankheiten und der Verzehr von Jodsalz ist auch in diesen Regionen hilfreich. Weiterhin tragen Milch und Milchprodukte zu mehr als einem Drittel zur Jodversorgung in Deutschland bei.

    7. Die Lebensmittelfakten: Die Jodgehalte verschiedener Lebensmittel
    Um den Jodbedarf eines Tages allein mit Fisch zu decken, müsste ein Erwachsener pro Tag ca. 230 Gramm Seelachs essen. Andere Lebensmittel tragen aber ebenso zur täglichen Jodversorgung bei. Zum Vergleich ist in nachfolgender Tabelle auch der Jodgehalt eines jodierten Speisesalzes angegeben.

    Tabelle: Für die Jodversorgung wichtige Lebensmittel und ihre Jodgehalte Seefisch:
    Kabeljau 229 Mikrogramm /100g
    Rotbarsch 35 Mikrogramm /100g
    Schellfisch 135 Mikrogramm /100g
    Seelachs (Alaska) 88 Mikrogramm /100g
    Meerestiere:
    Garnelen 91 Mikrogramm /100g
    Hühnerei: 9,4 Mikrogramm/pro Stück
    Milch und Milchprodukte:
    Vollmilch 2,7 – 3,3 Mikrogramm /100g
    Natur-Joghurt 3,5 Mikrogramm /100g
    Camenbertkäse (40 % Fett i. Tr.) 3,8 Mikrogramm /100g
    Edamerkäse (30 % Fett i. Tr.) 5,3 Mikrogramm /100g
    Fleischwaren, Wurst und Brot in Abhängigkeit vom Jodsalzgebrauch des Herstellers
    Jodiertes Speisesalz: 15-20 mg/kg --> 15-20 Mikrogramm /g
    Meersalz: 0,1-2,0 mg/kg --> 0,1-2,0 Mikrogramm /g *

    Quelle: Souci, Fachmann, Kraut: Die Zusammensetzung der Lebensmittel. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft: 2008; * Arbeitskreis Jodmangel, recherchiert am 25.05.2013.

    Als Ernährungsempfehlung für das Spurenelement Jod rät die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V.

    - täglich Milch- und Milchprodukte sowie
    - ein bis zweimal pro Woche Seefisch

    zu essen. Schwangeren und Stillenden wird – nach Rücksprache mit dem Arzt – zur Einnahme von Jodtabletten geraten (DGE 2012).

    Quellen:
    Arbeitskreis Jodmangel: Entwicklung der Marktanteile von jodiertem Speise- und Pökelsalz am gesamten Speisesalzabsatz in Großgebinden in Deutschland. http://jodmangel.de/presseinfos/bilder/grossgebinde07.jpg recherchiert am 15.05.2013

    Arbeitskreis Jodmangel: http://www.jodmangel.de/fragen_und_antworten/
    recherchiert am 15.05.2013

    Bundesinstitut für Risikobewertung (Hrsg): Fragen und Antworten zur Jodversorgung und zur Jodmangelvorsorge. FAQ des BfR vom 7. Februar 2012

    Bundesinstitut für Risikobewertung (Hrsg): Nutzen und Risiken der Jodsalzprophylaxe in Deutschland. Stellungnahme des BfR vom 01. Juni 2004

    Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (Hrsg): Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr. Neuer Umschau Buchverlag 2012.

    Diethelm K. et al.: Nutrient intake of European adolescents: Results of the HELENA (Healthy Lifestyle in Europe by Nutrition in Adolescence) Study. Public Health Nutrition 2013, 3: 1-12

    Großklaus, R. et al.: Universelle Salzjodierung für Mensch und Tier. ErnährungsUmschau 2004, 4: 138-143.

    Johner, S.A.; Günther L.B.; Remer, T.: Current trends of 24-h urinary iodine excretion in German schoolchildren and the importance of iodised salt in processed foods. British Journal of Nutrition 2011, 1056: 1749-1756.

    Johner, S.A. et al: Iodine status in preschool children and evaluation of major dietary iodine sources: a German experience. Epub ahead of print, European Journal of Nutrition 12/2012. PMID: 23212532

    Remer, T. et al: Jodversorgung von Schulkindern in Deutschland- Ergebnisse der DONALD-Studie. In Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (Hrsg): Ernährungsbericht 2012

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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin, Pädagogik / Bildung, Sportwissenschaft
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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