Der Politikwissenschaftler Patrick Bayer hat in diesem akademischen Jahr die beste Dissertation der Mannheimer Sozialwissenschaften verfasst. Seine Arbeit zeigt, warum globale Übereinkünfte zur Bekämpfung des Klimawandels so schwer zu erreichen sind.
Die Lorenz-von-Stein-Gesellschaft e.V. zeichnet den Politikwissenschaftler Patrick Bayer, Ph.D., heute für die beste sozialwissenschaftliche Dissertation an der Universität Mannheim aus. Die Fördergesellschaft des Mannheimer Zentrums für Europäische Sozialforschung (MZES) prämiert seit 1999 jährlich eine Doktorarbeit aus den Fächern Politikwissenschaft, Sozialpsychologie oder Soziologie. Der Lorenz-von-Stein-Preis ist mit 1.000 Euro dotiert.
In seiner Dissertation „Distributional, Institutional, and Informational Dynamics in International Cooperation on Climate Change“ beschäftigt sich Patrick Bayer mit internationalen Klimaverträgen wie dem Kyoto Protokoll. Mit dem Austritt der kanadischen Regierung aus dem Kyoto Protokoll Ende 2012 seien die Klimaverhandlungen auf einem neuen Tiefpunkt angekommen, erklärt Patrick Bayer. „Vor diesem Hintergrund untersuche ich, warum es so schwierig ist, gerade bei globalen Kooperationsproblemen wie dem Klimawandel eine einvernehmliche Lösung herbeizuführen“, so der Autor.
Demokratien handeln nicht unbedingt kooperativer
Mit seinen Erkenntnissen hat er die Juroren überzeugt. „Insbesondere kann Patrick Bayer zeigen, dass bessere Information über die Auswirkungen des Klimawandels eine Einigung bei internationalen Klimaverhandlungen keineswegs erleichtert. Wenn, wie im Beispiel Kanadas, die Wähler feststellen, dass sie weniger vom Kyoto Protokoll profitieren als sie ursprünglich annahmen, dann werden sie ihre nationale Regierung bei deren Austrittsbemühungen unterstützen“, erläutert Professor Thomas Gschwend, Vorsitzender der Lorenz-von-Stein-Gesellschaft und selbst Politikwissenschaftler. Unklare Folgen des Klimawandels haben demnach die internationale Kooperation anfangs erleichtert. Wenn Regierungen aber wissen, dass andere Länder stärker betroffen sein werden als sie selbst, dann mindert das die Kompromissbereitschaft. Dieses Ergebnis bringe die bestehende Forschung auch noch in anderer Hinsicht weiter, so Gschwend: „Patrick Bayer belegt ebenfalls, dass demokratische Regierungen leider nicht notwendigerweise kooperativer handeln als Diktaturen.“
Wie kann der globale Kampf gegen den Klimawandel funktionieren?
Wie also kann internationale Übereinkunft überhaupt erzielt werden? Patrick Bayer hat nicht nur das kanadische Fallbeispiel untersucht, sondern testet sein theoretisches Modell auch empirisch mittels Ratifikationsdaten des Kyoto Protokolls für alle 192 UN Mitgliedsstaaten. Daraus leitet er zwei Empfehlungen für die weiteren Verhandlungen ab:
Erstens sei es wichtig, die Kosten der CO2-Reduktion für demokratische Industriestaaten zu senken, beispielsweise durch ein weltweites Emissionshandelssystem oder die Ausweitung der flexiblen Mechanismen. Ansonsten, so Bayers Prognose, werde der Austritt Kanadas aus dem Kyoto Protokoll kein Einzelfall bleiben. Zwar sei die Einbindung schnell wachsender Staaten wie China, Indien oder Brasilien für eine erfolgreiche internationale Klimapolitik entscheidend, die Kooperationsanreize für hoch entwickelte Industriestaaten dürften aber nicht unberücksichtigt bleiben.
Zweitens empfiehlt Bayer in seiner Arbeit, zukünftige Klimaverhandlungen stärker auf regionaler und sektoraler Ebene zu führen. „Wenn Staaten als Ganze keine Einigung erzielen können, so kann Kooperation über Ländergrenzen hinweg für bestimmte Regionen oder Industrien durchaus möglich sein, wenn diese ähnlich genug sind. Dies würde die Herbeiführung eines gemeinsamen Verhandlungserfolgs erleichtern“, so der Preisträger.
Über den Preisträger
Patrick Bayer studierte von 2003 bis 2007 an den Universitäten in Bayreuth und Helsinki den Bachelor-Studiengang „Philosophy & Economics“, bevor er 2008 seinen Masterabschluss in „Environmental and Resource Economics“ am University College in London erwarb. Bayer war von 2009 bis 2011 unter Leitung seines Doktorvaters Professor Thomas König am MZES im Projekt „Zur Frage der Selbstverpflichtung rationaler Akteure in internationalen Umweltverhandlungen – Das Rätsel der Selbstregulierung in der europäischen Umweltpolitik“ beschäftigt und promovierte am „Center for Doctoral Studies in Social and Behavioral Sciences“ (CDSS) der von der Exzellenzinitiative geförderten Graduiertenschule der Universität Mannheim (GESS). Von September 2011 bis September 2012 war Patrick Bayer im Rahmen eines ERP-Stipendiums der Studienstiftung des deutschen Volkes und des Bundeswirtschaftsministeriums als “visiting graduate student” an der Columbia University in New York. Derzeit ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Politische Wissenschaft II und am Lehrstuhl für Quantitative Sozialwissenschaftliche Methoden der Universität Mannheim.
Mit dem Titel Ph.D. (Doctor of Philosophy bzw. philosophiae doctor) in Political Science führt Patrick Bayer seit seiner Promotion das insbesondere in englischsprachigen Ländern verbreitete Äquivalent zum deutschen Doktortitel.
Der Lorenz-von-Stein-Preis wird im Rahmen der Absolventenfeier der Master-, Diplom-, Magister- und Lehramtsabsolvent/innen sowie der Doktorand/innen der Fakultät für Sozialwissenschaften am heutigen Donnerstag, 27. Juni 2013, verliehen.
Kontakt:
Prof. Thomas Gschwend, PhD
Vorsitzender d. Lorenz-von-Stein-Gesellschaft e.V.
Universität Mannheim
Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung (MZES)
Telefon: +49-621-181-2087
Telefax: +49-621-181-2845
E-Mail: gschwend@uni-mannheim.de
www.mzes.uni-mannheim.de/lvs
Patrick Bayer, Ph.D.
Fachbereich Politikwissenschaft
Universität Mannheim
Telefon: +49-621-181-2418
E-Mail: pbayer@mail.uni-mannheim.de
www.patrickbayer.com
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