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25.06.1998 00:00

Diskussion über Neuordnung der statistischen Infrastruktur und der Uni-Ausbildung gefordert

Leiterin Pressereferat Annette Bauer Abteilung für Hochschulkommunikation
Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder)

    Die Verfügbarkeit von statistischen Mikrodaten ist für die wirtschaftswissenschaftliche Forschung und ihre Umsetzung in wirtschafts- und sozialpolitische Beratung von zentraler Bedeutung. Zugangsmöglichkeiten und Bestand sind aber in Deutschland unzureichend. Die Volkswirtschafts-Professoren Richard Hauser (Frankfurt am Main), Gert G. Wagner (Frankfurt/Oder) und Klaus F. Zimmermann (Bonn) entwickelten aus dieser These Vorschläge, wie Datenproduktion und -zugang geregelt werden müssen, um Forschung und Politik zielgerecht zu versorgen. Ihr Memorandum "Erfolgsbedingungen empirischer Wirtschaftsforschung und empirisch gestützter wirtschafts- und sozialpolitischer Beratung" zirkuliert gegenwärtig in der deutschen Wissenschaftsszene.
    "Der Wissenschaftsrat hat kürzlich eine breit angelegte Untersuchung zur Leistungsfähigkeit der empirischen wirtschaftswissenschaftlichen Forschung in Deutschland angeregt. Dies ist begrüßenswert. Wegen der großen Bedeutung und der unterschiedlichen Interessenlagen sollte aber die Diskussion der relevanten Fragen nicht nur in Kommissionen, sondern auch öffentlich geführt werden", fordern die Wissenschaftler.
    "Es ist ganz offensichtlich, daß eine erfolgreiche empirische Wirtschaftsforschung und Politikberatung auf der Verfügbarkeit von möglichst vielfältigem und detailliertem Datenmaterial beruhen. Dies ist aber in Deutschland nicht gesichert. Der Bestand an statistischen Daten in Deutschland wird im wesentlichen von der amtlichen Statistik, die den Innenministerien bzw. Staatskanzleien nachgelagert ist, oder durch kommunale oder andere öffentliche Einrichtungen (z.B. der Deutschen Bundesbank oder der Bundesanstalt für Arbeit) gehalten und entwickelt. Die Datenproduktion erfolgt weitestgehend ohne konzeptionelle Beteiligung der Wissenschaft. Erst in letzter Zeit hat die amtliche Statistik begonnen, selektiv einzelne Mikrodatensätze für die Wirtschaftsforschung freizugeben. Dagegen haben beispielsweise Wissenschaftler in den USA einen erheblich freieren Zugang zu Daten, was letztlich auch den Führungsanspruch und den Vorsprung der amerikanischen Forschung begründet", erläutert Prof. Wagner.
    Deshalb müsse der gesamte Bereich der Produktion, Verwaltung und Entwicklung von Daten neu durchdacht und möglicherweise neu organisiert werden. "Dazu wollen wir Anstöße liefern. Zunächst einmal sollten die Erhebungsprogramme für öffentlich relevante (und finanzierte) statistische Daten von den Vertretern der Öffentlichkeit zusammen mit unabhängigen Fachwissenschaftlern entwickelt werden. Fachbeiräte sind dabei nützliche Instrumente", betonte er.
    Wagner weiter: "Datenschutz ist ein wichtiges Anliegen und steht nicht im Widerspruch zu den Bedürfnissen von Forschung und Politikberatung, da diese nur an anonymen Untersuchungseinheiten und statistischen Regelmäßigkeiten für Populationen und Gruppen interessiert sind. Nun liegt das groß- in Deutschland derzeit noch weitgehend brachliegende - Entwicklungspotential der empirischen Wirtschaftsforschung bei Individualdatensätzen, deren Anonymisierung besonderer Anstrengungen bedarf. Dabei haben sich Verfahren der faktischen Anonymisierung bereits bewährt, bei denen eine sichere Identifikation von Individuen ausgeschlossen ist, und sie können weiterentwickelt werden".
    Die Wissenschaftler gehen davon aus, daß die Infrastruktur der empirischen Wirtschaftsforschung systematisch weiterentwickelt und ausgebaut werden muß. Bei der Datenproduktion sollten die Gesichtspunkte der Dezentralisierung der Erhebung, des Wettbewerbs zwischen Anbietern um die Erhebung (etwa mittels Ausschreibungsverfahren) und der Internationalisierung eine Rolle spielen. "Es ist nicht einzusehen, daß der Datenbestand und seine Entwicklung durch wenige große Besitzer monopolisiert wird. Der Zugang zu anonymisierbaren Daten muß durch Kostenbefreiung und Standardisierungen erleichtert werden. Ansonsten müssen Fellowship-Programme für die Arbeit bei den Datenproduzenten eingerichtet werden, um die sich Wissenschaftler bewerben können", so die Forderung.
    Dies müsse mit einem Ausbau der Ausbildung in der empirischen Wirtschaftsforschung an den Universitäten einhergehen. Dies erfordere insbesondere eine größere Gewichtung der Arbeit mit empirischem Datenmaterial - einschließlich des Erlernens des Datenschutzes - und der Anwendung von dafür geeigneten modernen Analyseverfahren.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Wirtschaft, fachunabhängig
    überregional
    Organisatorisches, Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

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