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21.10.2002 09:59

Bärentatzen und Medusenhaupt im Auge

Dr. Marc Dressler Presse, Kommunikation und Marketing
Fachhochschule Aalen

    Antrittsvorlesung von Prof. Dr. H.-K. Krause an der FH Aalen.

    "Im Auge ist die ganze Welt versammelt!", schwärmt Prof. Dr. Hans-Kunibert Krause von seinem Forschungsgebiet, der Physiologischen und Ophthalmologischen Optik. Der an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster habilitierte Physiker wurde neu an die Fachhochschule Aalen berufen und hielt dort seine öffentliche Antrittsvorlesung im Studiengang Augenoptik. In dieser setzte er seinen Zuhörern auseinander, wie so merkwürdige Dinge wie Medusenhaupt und Bärentatzen ins Auge kommen. Ein Umstand, der, wenn man so will, selbst ein Verdienst des Auges ist. In dieser interessanten Wendung des Vortrages, mit dem Auge auf das Auge zu blicken, tritt eine Reflexivität der Wahrnehmung hervor, in der sich in der Tat die ganze Welt spiegelt.

    Medusenhäupter und Bärentatzen sind bildliche Bezeichnungen für krankhafte Befunde und physiologische Anomalien der Augen, die sich aus Ähnlichkeiten unserer Erlebnis- und Mythenwelt ergeben. Verkürzt könnte man Prof. Dr. Krauses Vorlesung in der Aussage verdichten, dass das Auge visuelle Eindrücke außerhalb des Auges mit visuellen Eindrücken am Auge verbindet. Das Auge nämlich ist kein nur rezeptives Sinnesorgan, das Reize des Sonnenlichtes empfängt und monoseriell an das Gehirn weitergibt. Vielmehr löst es auch assoziative Prozesse aus, die aus einer Parallelität der Wahrnehmungsverarbeitung im Gehirn resultieren. Schon in der Netzhaut des Auges finden sich in den Nervenbahnen zwei Umschaltungen von einer Nervenzelle auf die nächste. Da stets mehrere Zellen querverschaltet sind, entsteht schon in der Netzhaut eine Verrechnung der einlaufenden Daten. Man kann daher nicht umhin, die Netzhaut als ein Teil des Gehirns anzusehen. Ein Umstand, der sich auch evolutions- und entwicklungsbiologisch erhärten lässt.

    Aus dem verhältnismäßig einfachen neuralen Regelkreis aus Lichtrezeptoren und motorischen Nervenbahnen beim Seestern, lässt sich zeigen, wie aus dieser vegetativen Vorstufe des Gehirns über das Grubenauge eines Borstenwurms sich durch Einstülpung der Nervenzellen der Becher eines Blasenauges bildet, das bereits wie eine Lochkamera funktioniert. Die Schwierigkeit, dass bei einer Lochkamera ein großer Lichteinfall mit einem Rückgang der Abbildungsschärfe erkauft werden muss, begegnet die Evolution mit der Bildung einer Linse im Innern des Bechers. Diese Linse, wie sie sich in einer fortentwickelten Form beim Menschen findet, ist in der Lage, auch große Lichtmengen zu einem scharfen Bild zu fokussieren.

    In der Embryonalentwicklung bildet sich der Sehapparat schon in einem sehr frühen Stadium heraus. Hier lässt sich verfolgen, wie aus dem primitiven Neuralrohr, dem entwicklungsgeschichtlichen Vorläufer des Gehirns, sich der Sehapparat entwickelt. Dieser Vorgang unterstreicht nicht nur die überlebenswichtige Bedeutung des Auges, sondern belegt auch die enge organische Verbundenheit mit dem Nervenkomplex, den wir als Gehirn bezeichnen.

    Auf dieser Grundlage steht für Prof. Dr. Krause außer Frage, dass die Sinneswahrnehmung durch das Auge auch assoziative und emotionale Beiträge zu unserer Wahrnehmung liefert. In der Sonnenfinsternis vor drei Jahren sieht er ein Beispiel für den emotionalen Beitrag. Nicht nur der Himmel habe sich verfinstert, sondern mit der Verfinsterung sei auch eine emotionale Abkühlung eingetreten. Die Finsternis machte die Beobachter auf eigentümlich unbestimmte Weise betroffen. Als Beispiele für den assoziativen Beitrag nannte der neu berufene Professor die Bezeichnung 'Caput Medusae' für ein rötliches, schlangenartiges Adergeflecht um die Hornhaut oder 'Bärentatzen' für harmlose Flecken auf der Netzhaut. Die assoziative Leistung ist offensichtlich: Sieht das nicht aus wie die schlangenhäuptige Gorgone Medusa oder wie die Spur eines Eisbären im Schnee?


    Bilder

    Prof. Dr. Krause
    Prof. Dr. Krause

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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    regional
    Personalia
    Deutsch


     

    Prof. Dr. Krause


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