Fachbereichsübergreifender Schwerpunkt - Enger Bezug zwischen Diagnostik und Didaktik
Die Heil- und Sonderpädagogik etabliert sich derzeit an der Justus-Liebig-Universität Gießen als fachbereichsübergreifender Schwerpunkt völlig neu. Für die Studierenden der Lehrämter (L5 - Sonderschule, aber auch L1 - Grundschule) bedeutet dies ein deutlich verbessertes Studienangebot. Dass der Bedarf für eine solche Ausweitung gegeben ist, lässt sich auch in Zahlen ausdrücken. Die Zahl der Immatrikulationen zum Wintersemester 2002/03 ist im Vergleich zum Vorjahr etwa um das 2,5-fache auf rund 160 gestiegen. Dabei machen die ausgebildeten Lehrer, die (nach Paragraph 13 der Studienordnung) das Angebot einer Zusatzqualifizierung im Bereich der Sonderpädagogik nutzen, rund fünf Prozent der Studierenden aus.
Bereits Anfang der 70-er Jahre wurde in Gießen ein Institut für Heil- und Sonderpädagogik gegründet. Die äußeren Rahmenbedingungen für das Fachgebiet haben sich in jüngerer Vergangenheit jedoch entscheidend verändert. Aufgrund landesweiter Planungen wurde das Fach Heil- und Sonderpädagogik, das früher an den Universitäten Gießen und Marburg studiert werden konnte, zum Wintersemester 2002/03 am Standort Gießen konzentriert.
Dankbar zeigten sich die beteiligten und zum Teil neu nach Gießen berufenen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vor allem darüber, dass die Universitätsleitung mit einer Verdreifachung der Stellen "ein deutliches Zeichen" gesetzt habe. Im Fachbereich 03 - Sozial- und Kulturwissenschaften vertritt Prof. Dr. Christiane Hofmann jetzt die Heil- und Sonderpädagogik mit dem Schwerpunkt Lernbehindertenpädagogik und Verhaltensgestörtenpädagogik und Prof. Dr. Franz J. Stachowiak den Schwerpunkt Sprachheilpädagogik. Im Fachbereich 06 - Psychologie und Sportwissenschaft hat Prof. Dr. Holger Probst, vormals Marburg, seit diesem Wintersemester die Professur für Heil- und Sonderpädagogische Psychologie inne. Für die beiden Professuren Allgemeine Heil- und Sonderpädagogik sowie Erziehungswissenschaften mit dem Schwerpunkt Geistigbehindertenpädagogik läuft das Besetzungsverfahren. Insgesamt erfolgt eine Aufstockung auf fünf Professoren- und 8,5 Mittelbaustellen.
Diagnostik
Inhaltlich soll in Gießen der Fokus vor allem auf die curriculare Diagnostik gelegt werden. Denn wenn Lernschwächen rechtzeitig - am besten bereits bei Schuleintritt - erkannt werden, ist Prävention und gezielte Förderung in der Grundschule am ehesten möglich. Es geht den Heil- und Sonderpädagogen darum, den Blick zu öffnen insbesondere für diejenigen Kinder, die mit schlechten Voraussetzungen und ungünstiger Lernhaltung in der Regelschule sitzen - meist aufgrund prekärer Lebenslagen mit Defiziten in Sprache und Sozialverhalten, ohne dass eine Behinderung im eigentlichen Sinne vorliegt. Es geht vor allem um die potenziellen "Schulversager". Dies freilich setzt sonderpädagogisches Wissen auch bei den Grundschullehrern voraus.
Ziel der beteiligten Sonderpädagogen ist es daher, ihr Lehrangebot künftig auch für Grundschullehrerinnen und -lehrer zu öffnen. Einen ganz wesentlichen Vorteil am Standort Gießen sieht Prof. Probst in der direkten Nähe der Sonderpädagogik (L5) zu den Studierenden des Lehramts für die Grundschule (L1).
Schließlich soll der Gießener Weg langfristig "von der Sonderschulpädagogik zur Sonderpädagogik" führen. Gezielte Angebote im Bereich der Frühförderung, der außerschulischen Lernförderung, der beruflichen Integration und vor allem im Bereich der Sprachheilpädagogik sollen angehenden Diplompädagogen, die im Hauptfach Erziehungswissenschaften II Sonderpädagogik studieren, erweiterte Berufsperspektiven eröffnen.
Zunächst einmal gilt es aus Sicht von Prof. Hofmann und Prof. Probst die Studienordnungen zu ändern. Notwendig erscheint ihnen der Ausbau des Hauptstudiums auf 80 Semesterwochenstunden, aber auch die Einführung einer speziellen Fachdidaktik bei ungünstigen Lernausgangslagen für alle L1- und L5-Studierenden. Pläne aus dem Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst, ein eigenes Lehramt für Grundschule mit verbindlichen fachdidaktischen Schwerpunkten Deutsch und Mathematik einzuführen, kämen ihren Vorstellungen entgegen. Schließlich steht die Einführung praxisgestützter Ausbildung in Schule und Unterricht auf der Wunschliste der Sonderpädagogen. Bis Grundschul- und Sonderschullehrer jedoch an einem Tisch sitzen, liegt vor den Verantwortlichen noch ein weiter Weg.
Kontakt:
Institut für Heil- und Sonderpädagogik
Prof. Dr. Christiane Hofmann
Karl-Glöckner-Straße 21 B
35394 Gießen
Telefon: 0641/99-2 41 50/1
Fax: 0641/99-2 41 59
Christiane.Hofmann@erziehung.uni-giessen.de
http://www.erziehung.uni-giessen.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Pädagogik / Bildung, Psychologie
überregional
Studium und Lehre
Deutsch
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