Die von der Bundesregierung beabsichtigte Weiterentwicklung der Ökosteuer erhöht die Produktionskosten im Verarbeitenden Gewerbe, ohne die gewünschte ökologische Lenkungswirkung zu erzielen.
Im Koalitionsvertrag haben sich SPD und Bündnis90/Die Grünen darauf verständigt, im Jahr 2004 eine Fortentwicklung der ökologischen Steuerreform zu prüfen. Das Ergebnis dieser Prüfungen ist zwar noch offen, ein wichtiger Grundsatz ist jedoch bereits beschlossen: Die bisherige Begünstigung des Produzierenden Gewerbes wird vermindert. Vor diesem Hintergrund hat das RWI die Perspektiven einer Fortführung der ökologischen Steuerreform analysiert.
Neue Belastungen
Die gegenwärtig geltende Ökosteuer ist ein sorgfältig austariertes System von Be- und Entlastungen, das die Produktionskosten vor allem der im internationalen Wettbewerb stehenden Unternehmen des Produzierenden Gewerbes um fast 1 Mrd. Euro gesenkt hat. Maßgeblich dafür sind reduzierte Steuersätze und Belastungsobergrenzen einerseits, die gleichzeitige Entlastung bei den Lohnnebenkosten andererseits. Veränderungen dieser gesetzlichen Grundlagen können diese Balance empfindlich zu Lasten des Produzierenden Gewerbes stören. So würden der Wegfall der Belastungsgrenzen und die Angleichung der Steuersätze nicht nur die energieintensiven Grundstoffbereiche mit mehr als 2 Mrd. Euro erheblich stärker zur Kasse bitten als zuvor, sondern auch die bisherigen Entlastungen in den Investitionsgütersektoren mehr als halbieren, die Verbrauchsgüterindustrie vom Nettoempfänger zum -zahler machen und die Belastungen in der Nahrungs- und Genussmittelindustrie mehr als vervierfachen.
Geringe Lenkungswirkung
Die ökologische Steuerreform ist Teil des umfassenden Klimaschutzprogramms der Bundesregierung. Dahinter steht der Gedanke, das Energiepreissystem zu Gunsten eines ressourcenschonenden Umgangs mit Energie zu korrigieren. Dieses Vorhaben stößt allerdings auf erhebliche Probleme. Denn das Energiepreissystem wird nicht nur von zusätzlichen Steuern, sondern von einer Vielzahl weiterer Faktoren beeinflusst, die außerhalb der Entscheidungskompetenz der nationalen Umweltpolitik liegen und in ihrer Bedeutung die ökologisch motivierten Korrekturen bei weitem übertreffen. Die beabsichtigte Umorientierung ist daher in den ersten Jahren dieser Reform kaum gelungen - im Gegenteil: Die erratischen Preisbewegungen auf den Weltenergiemärkten sowie Änderungen der ordnungspolitischen Rahmenbedingungen haben das nationale Energiepreissystem wesentlich stärker beeinflusst als die zusätzliche Steuer. Diese Faktoren werden - wenn man den Energieprognosen Glauben schenkt - auch künftig dominant bleiben. Damit dürfte der Einfluss der ökologischen Steuerreform auf das Energiepreissystem begrenzt bleiben.
Zusammenwirken mit weiteren Instrumenten
Für die Fortentwicklung der Ökosteuer über das Jahr 2003 hinaus ist zudem von besonderer Bedeutung, dass seit der Verabschiedung des Gesetzes zusätzliche Instrumente der Umweltpolitik in die Diskussion eingebracht, bestehende zum Teil deutlich verschärft wurden. So gilt seit dem 1. Februar 2002 die Energiespar-Verordnung, die für neu errichtete Wohnungen den Standard eines Niedrigenergiehauses, für modernisierte Altbauten erheblich strengere Maßstäbe an die Energieeffizienz legt. Da diese ordnungsrechtlichen Standards auch in Zukunft weiter angehoben werden, wird die Lenkungswirkung von zusätzlichen Steuern immer weiter eingeschränkt. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang auch der von der EU-Kommission im Herbst vergangenen Jahres vorgeschlagene Handel mit Emissionsrechten. Letzterer gilt grundsätzlich als effizientes Instrument, um ein vorgegebenes Reduktionsziel kostenminimal zu erreichen; unter diesem Aspekt ist er mit einem Abgabensystem bzw. einer Ökosteuer vergleichbar, im Gegensatz dazu allerdings zielgenau und insoweit der Ökosteuer überlegen. Sollte sich daher in absehbarer Zeit der Handel mit Emissionsrechten in der Klimaschutzpolitik etablieren, wäre eine Weiterentwicklung der ökologischen Steuerreform ohnehin kaum sinnvoll - sie wäre sogar gänzlich überflüssig, wenn der Handel mit CO2-Emissionsrechten ab dem Jahr 2008 verbindlich vorgeschrieben und damit die Energieträger nach ihrem Kohlenstoffgehalt zusätzlich belastet würden.
(veröffentlicht in RWI-Mitteilungen Jg. 2002)
Ihre Ansprechpartner dazu:
Bernhard Hillebrand, Tel.: (0201) 81 49-233
Joachim Schmidt (Pressestelle), Tel.: (0201) 81 49-292
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Gesellschaft, Politik, Recht, Wirtschaft
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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