Ein Sammelband der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel enthält bisher unbekannte Einträge aus der Hand Martin Luthers. Sie gehören zu den ältesten erhaltenen handschriftlichen Zeugnissen des Theologen. Ulrich Bubenheimer (Pädagogische Hochschule Heidelberg) entdeckte die Einträge in dem Band mit der Signatur 75.2 Quod.
Den Tischreden Martin Luthers (1483-1546) kann man entnehmen, dass der erste zeitgenössische Dichter, den er gelesen hat, der italienische Schriftsteller Baptista Mantuanus (1448-1516) war. Bubenheimers Fund bestätigt, dass sich Luther vermutlich in seiner Erfurter Studienphase zwischen 1505 und 1511 mit dem Werk von Mantuanus beschäftigte. Luther notierte eine Regel zum Versmaß eines Gedichtes und erklärte seltene lateinische Worte. Das Stichwort „fides“ (Glaube) im Text griff er auf und zitierte eine Stelle aus dem Römerbrief des Apostels Paulus, die später zum Kernsatz seiner reformatorischen Rechtfertigungslehre werden sollte: „Justus ex fide vivit“ („Der Gerechte lebt aus Glauben“).
In den Wolfenbütteler Sammelband 75.2 Quod. wurden mehrere Druckschriften eingebunden. Ein weiterer Titel ist die Kaiserchronik des Straßburger Humanisten Jakob Wimpfeling (1450-1528). Hier sind weitere Einträge Luthers zu finden, aus denen sich sein zunächst noch ungebrochenes Verhältnis zur Heiligenverehrung seiner Zeit erkennen lässt. Besonderes Interesse zeigte Luther an Elisabeth von Thüringen, einer Heiligen aus seiner Heimat. Er fügte ihre Lebensdaten in die Chronik ein.
Der Sammelband war einst Teil der Bibliothek des humanistischen Erfurter Lehrers Johannes Lang (1487-1548). Wie Luther gehörte er dem Erfurter Kloster der Augustinereremiten an und nahm selbst umfangreiche handschriftliche Anmerkungen im Band vor.
Die neuen Funde geben eine Möglichkeit, Luthers humanistische Bildung und theologische Entwicklung nach zu verfolgen. Zusammen mit Langs Texten und den Beiträgen eines weiteren, bisher unbekannten Schreibers ist der Erfurter Band ein wichtiges Zeugnis des Erfurter Humanismus und der deutschen Rezeption des italienischen Humanismus.
Luthers handschriftlicher Eintrag der Lebensdaten der Heiligen Elisabeth
(HAB)
None
Luthers handschriftlicher Eintrag „iustus ex fide vivit“
(HAB)
None
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Geschichte / Archäologie, Religion, Sprache / Literatur
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse
Deutsch
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