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30.10.2002 13:37

25 Jahre "Rote Liste gefährdeter Pflanzen und Tiere" in Deutschland

Franz August Emde Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Bundesamt für Naturschutz

    Wichtiger Gradmesser für den Erhalt der biologischen Vielfalt

    Bonn, 30. Oktober 2002: Bis Mitte der 70er Jahre war der Rückgang von Arten und deren Lebensräumen unübersehbar, aber statistisch nur in geringem Umfang erfasst. Dieser Artenschwund ist bis heute in erster Linie durch den Menschen verursacht und liegt etwa zehnmal höher als die natürliche Aussterberate. Mit der Einführung der Roten Listen der gefährdeten Pflanzen- und Tierarten in den 70er Jahren wurde erstmals eine fachliche fundierte Übersicht über den Zustand der biologischen Vielfalt in Deutschland geliefert, aus dem sich der konkrete Handlungsbedarf im Bereich des Artenschutzes ableiten lässt. "Mit den Roten Listen wurde das öffentliche Interesse auf die Gefährdung von Arten gelenkt. Heute sind die Roten Listen allgemein anerkannter Standard im Naturschutz. Sie bilden als Fachgutachten eine wichtige Entscheidungsgrundlage für Politiker, Behörden und Planer. Zugleich sind sie Gradmesser für den Zustand der biologischen Vielfalt", sagte der Präsident des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) anlässlich des 25jährigen Jubiläums der Roten Listen in Deutschland. So haben sich beispielsweise in den vergangenen 25 Jahren die Bestände von Seeadler und Wanderfalken erholt - in manchen Gebieten werden bereits wieder Bestandsgrößen ähnlich denen der 50er Jahre erreicht. Auch hat sich die Wasserqualität in unseren Flüssen deutlich verbessert und bestimmte Fischarten sind zurückgekehrt. Dank der Luftreinhaltemaßnahmen sind einige empfindliche Moose und Flechten heute wieder häufiger auf Baumrinden zu finden.

    "Der Artenrückgang konnte bisher allerdings nicht grundlegend gestoppt oder gar umgekehrt werden. Etwa ein Drittel aller Tier- und Pflanzenarten sind immer noch gefährdet. In einigen Tiergruppen, zum Beispiel bei den Reptilien, liegt der Anteil der gefährdeten Arten mit fast 80% noch sehr viel höher. Mit dem neuen Bundesnaturschutzgesetz wollen wir eine deutliche Wende erreichen. Weiterhin sind verstärkte Anstrengungen notwendig, die über den klassischen Naturschutzes deutlich hinausreichen. So muss die Bodenversiegelung verringert werden, die jährlich Freiflächen fast von der Größe des Bodensees verbraucht. Schutzwürdige Lebensräume sind zu vernetzen und Barrieren wie Straßen oder Staudämme müssen überwindbar gemacht werden, um gefährdeten Arten (wie z. B. dem Luchs) einen Populationsaustausch zwischen verschiedenen Gebieten zu ermöglichen," erläuterte Hartmut Vogtmann. Die intensive Landwirtschaft sei auf größeren Flächen in naturverträglichere Bewirtschaftungsformen umzuwandeln, wobei extensivere Wirtschaftsformen zumindest auf Teilflächen nötig wären. So könne beispielsweise dem Feldhamster oder der purpurfarbenblühenden Kornrade (Blume des Jahres 2003) nachhaltig geholfen werden, sagte Vogtmann.

    Nach Ansicht des BfN ist eine Erholung der stark gefährdeten, holzbewohnenden Tier- und Pilzarten nur über Vermehrung des Alt- und Totholzanteils in den Wirtschaftswäldern oder die Schaffung größerer, unbewirtschafteter Flächen zu erreichen. Bei den Flüssen und ihren Auen muss wieder eine natürliche Entfaltung ermöglicht werden. Damit wird gleichzeitig der Hochwasserschutz verbessert und gefährdete Arten wie die Gefleckte Schnarrschrecke (einem Bewohner von Kies- und Sandbänken) werden vor dem Aussterben bewahrt.

    Eine Aktualisierung der Roten Listen zur Berücksichtigung der neuesten Bestandsentwicklungen erfolgt in der Regel im Abstand von zehn Jahren. Für die nächste Auflage der Roten Liste der Tiere und Pflanzen strebt das BfN wichtige Verbesserungen an. Durch ergänzende Informationen zur Biologie, Ökologie und Verbreitung der Arten soll der Einsatz als Bewertungsinstrument im Planungsbereich weiter ausgebaut werden.

    Stichwort: Rote Listen
    Im Oktober 1977 erschien die "Rote Liste der gefährdeten Tier- und Pflanzenarten" erstmalig in Deutschland . Dieser zunächst auf die alten Bundesländer beschränkte Sammelband umfasste insgesamt 19 Listen verschiedener Organismengruppen und folgte dem internationalen Vorbild der "Red Data Books" der IUCN (International Union for Conservation of Nature). Seither wurde dieses Werk mehrfach grundlegend überarbeitet, aktualisiert und erweitert sowie 1994 durch die Rote Liste der Biotope und im Jahr 2000 durch die Rote Liste der Pflanzengesellschaften ergänzt.

    Rote Listen erhalten Verzeichnisse ausgestorbener, verschollener oder gefährdeter Tier- und Pflanzenarten, Pflanzengesellschaften sowie Biotoptypen und Biotopkomplexen. Als wissenschaftliche Fachgutachten stellen die Roten Listen den Gefährdungsstatus von Arten für einen bestimmten Bezugsraum dar. Sie werden als Argumentationshilfe für raum- und umweltrelevante Planungen herangezogen und sind Datenquelle für gesetzgeberische Maßnahmen.

    Rote Listen werden in der Regel von den Naturschutzverwaltungen herausgegeben und in Kooperation mit zahlreichen Spezialisten erarbeitet In Deutschland sind vor allem die Roten Listen des Bundes und der Bundesländer von Bedeutung. Derzeit liegen folgende durch das Bundesamt für Naturschutz herausgegebene Rote Listen vor:
    - Rote Liste der gefährdeten Tiere (Binot et al. 1998)
    - Rote Liste der gefährdeten Pflanzen (Ludwig & Schnittler 1996)
    - Rote Liste der gefährdeten Biotoptypen (Riecken et al. 1994)
    - Rote Listen der Biotoptypen, Tier- und Pflanzenarten des deutschen Wattenmeer-und Nordseebereichs (v. Nordheim & Merck 1995)
    - Rote Listen und Artenlisten der Tiere und Pflanzen des deutschen Meeres- und Küstenbereichs der Ostsee (Merck & v. Nordheim 1996)
    - Verzeichnis und Rote Liste der Pflanzengesellschaften Deutschlands (Rennwald 2000)

    Weitere Informationen zur Gefährdung einzelner Organismengruppen und der Biotoptypen bieten auch die BfN-Homepage (www.bfn.de) und die soeben erschienenen "Daten zur Natur 2002".

    Hinweis:
    Filmspot-Wettbewerb läuft bis 31.12.2002: www.spots-for-nature.org


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Sprache / Literatur, Tier / Land / Forst
    überregional
    Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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