Vom 28.10. bis 1.11.2002 sind Experten aus Ländern des Nahen und Mittleren Ostens mit deutschen Experten zu einem Workshop an der Technischen Universität Braunschweig zusammengekommen, um die Wasserprobleme der Region zu diskutieren und nach neuen Lösungsmöglichkeiten zu suchen. Die nachfolgenden zwölf Punkte sind als Vorschlag zu verstehen, der den bislang verfolgten Strategien im Umgang mit der Wasserproblematik eine Alternative entgegensetzt. Dieser bedarf bezüglich aller seiner technischen, naturwissenschaftlichen, ökonomischen, politischen, sozialen und pädagogischen Aspekte des Dialogs zwischen den in der Entwicklungszusammenarbeit tätigen westlichen und östlichen Experten.
I Ausgangssituation
1. Aufgrund naturräumlicher und klimatischer Bedingungen ist die Wasserversorgung in den meisten Ländern des Nahen und des Mittleren Ostens prekär.
2. Die wachsende Bevölkerung, die Binnenwanderung und die daraus resultierende Urbanisierung verschärfen die Problematik, so dass in manchen Ländern bereits von einer Wasserkrise gesprochen werden muß.
3. Hinzu kommt eine international, regional und lokal ungleiche Verteilung des Wassers. Diese wird zusätzlich dramatisiert durch sektorale Verlagerungen in der Nutzung des Wassers als Folge von wachsender Produktion für den Markt in der Landwirtschaft selber, als Folge von Industrialisierung und als Folge des zunehmenden Verbrauchs der privaten Haushalte.
4. Aus allen diesen Ursachen entstehen Verteilungskonflikte, die sowohl eine zwischenstaatliche, eine innergesellschaftliche und eine intersektorale Dimension annehmen können.
5. Die vorhandenen Systeme zur Wassergewinnung, Verteilung und Entsorgung sind nicht nur unzureichend, sondern auch veraltet und in ihrer Funktionsweise ineffizient, so dass ein zusätzlicher Verlust durch Verdunstung und Versickerung zu verkraften ist.
6. Die bisherigen Strategien zur Linderung des Wassermangels laufen entweder darauf hinaus, fossile Wasservorkommen durch Tiefbrunnen zu erschließen, oder durch Staudammprojekte und Kanalsysteme Oberflächenwasser zu sammeln und, auch über weite Entfernungen, umzuleiten. Diese Strategie führt vielfach dazu, dass sich die bereits vorhandenen Verteilungskonflikte weiter verschärfen.
II Vorschlag zur nachhaltigen Problemlösung
7. Neben dem nachhaltigen Umgang mit Süßwasser besteht eine zumindest partiell zur Lösung der skizzierten Probleme beitragende und schrittweise zu verfolgende alternative Strategie darin, die anfallenden Abwässer zu sammeln, zu reinigen und einer abermaligen Nutzung zu zuführen.
8. Angesichts der nur begrenzt vorhandenen Finanzmittel bietet es sich an, nicht die jeweils modernste zur Verfügung stehende Technologie der Abwasserreinigung, sondern technologisch weniger aufwendige Verfahren einzusetzen. Das so aufbereitete Wasser erreicht zwar keine Trinkwasserqualität, lässt sich aber sehr wohl zu Bewässerungszwecken verwenden.
9. Voraussetzung für diese alternative Strategie zur Erhöhung des Wasserangebots ist eine umfassende Infrastrukturplanung, die gleichermaßen die Wasserversorgung wie die Wasserentsorgung einbezieht.
10. Die Vorteile der vorgeschlagenen Alternativstrategie sind vielfältig. Unter ökonomischen Gesichtspunkten wird ein kostengünstiger Beitrag zur Linderung des Knappheitsproblems geleistet. Unter sanitären Gesichtspunkten wird ein Beitrag zur Verbesserung der Hygienesituation geleistet. Unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten wird ein Beitrag zur Linderung des Raubbaus an fossilem Grundwasser geleistet. Außerdem kann der bei der Wasseraufbereitung anfallende Klärschlamm als Düngemittel verwendet werden. Unter sozial- und friedenspolitischen Gesichtspunkten wird ein Beitrag zur Lösung der Verteilungskonflikte geleistet.
11. Soll diese alternative Strategie zur Mehrfachnutzung von Wasser erfolgreich sein, sind flankierende Maßnahmen zu ergreifen. Politisch muß gewährleistet sein, dass die mit dem überkommenden System der Wassergewinnung und Wasserverteilung verbunden Interessen nicht blockierend wirken. Hingewiesen werden muß an dieser Stelle auf die erheblichen Renteneinkommen, die auch aus dem Wassersektor gezogen werden. Der Preis, den die Nutzer für das wiedergewonnene Wasser zu zahlen haben, muß die Gestehungskosten reflektieren. Das schließt nicht aus, dass nach Nutzungsart und Wasserqualität unterschiedliche Preise anfallen können. Die Ausbildung zur sachgerechten Handhabung der Anlagen durch das Bedienungspersonal muß gewährleistet sein. Schließlich muß unter der Bevölkerung der Gedanke der Nachhaltigkeit und Umweltschonung verbreitet werden. Dazu bedarf es entsprechender Programme zur Aus-, Fort- und Weiterbildung sowie einer schulischen Umweltbildung.
12. Kurz-, mittel- und langfristig sind die folgenden Punkte zu gewährleisten:
- Transfer von effizienter, kostengünstiger und nachhaltiger Technik,
- Politische und juristische Lösung der genannten Probleme auf internationaler, nationaler, regionaler und kommunaler Ebene,
- Aufbau einer marktorientierten Wasserwirtschaft,
- Die Erklärung des Wassers zu einem internationalen öffentlichen Gut, das nur begrenzt vorhanden und deshalb zu schützen und zu bewahren ist.
Verabschiedet von den Teilnehmern des internationalen und interdisziplinären Workshops "Interkulturelle Probleme des Technologietransfers in den Nahen Osten am Beispiel Wasser/ Abwasser" vom 28.10. - 1.11.2002 an der Technischen Universität Braunschweig.
Prof. Dr. Hisham Aly (Ägypten), Prof. Dr. Mahmoud Alawi (Jordanien), Assoc. Prof. Dr. Mehmet Emin Aydin (Türkei), M. Sc. Mufeed Batarseh (Deutschland/Jordanien), Prof. Dr. Müfit Bahadir (Deutschland), Prof. Dr. Nasim Barham (Jordanien), Prof. Dr. Norbert Dichtl (Deutschland), Dr. Isam El-Laythy (Sudan), Prof. Dr. Hasim Karpuz (Türkei), Prof. Dr. Ulrich Menzel (Deutschland), Dr. Uwe Moshage (Deutschland), Dr. Fawzy Naji (Deutschland), apl. Prof. Dr. Dr. Gernot Strey (Deutschland), Dr. Abdul-Karim Thabet (Jemen)
Kontakt:
Prof. Dr. Müfit Bahadir, Institut für Ökologische Chemie und Abfallanalytik der Technischen Universität Braunschweig, Tel.: 0531/391-5961
Prof. Dr. Norbert Dichtl, Institut für Siedlungswasserwirtschaft der Technischen Universität Braunschweig, Tel.: 0531/391-7936,
Prof. Dr. Ulrich Menzel, Institut für Sozialwissenschaften der Technischen Universität Braunschweig, Tel.: 0531/391-2310.
http:/www.tu-braunschweig.de
http://www.tu-bs.de/pressestelle/presseinf/db.cgi?uid=default&view_records=1...
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Geowissenschaften, Gesellschaft, Meer / Klima, Politik, Recht, Umwelt / Ökologie
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
Deutsch
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