idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
06.11.2002 15:09

Privatisierung der Wasserwirtschaft in Deutschland - Handlungsspielräume für Kommunen

Gerhard Samulat Pressestelle
Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI)

    Privatisierung will gut vorbereitet sein / Milliardeninvestitionen engen Spielraum der Kommunen ein / Fraunhofer ISI erstellt Checkliste

    Der deutschen Wasserwirtschaft stehen große Veränderungen bevor. Sie sind verbunden mit hohen Investitionen und voraussichtlich weiter steigenden Gebühren. Daher fordern Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit übereinstimmend, die kommunalen Ver- und Entsorger zu modernisieren. Gleichzeitig wird der Ruf nach einer Privatisierung laut, ähnlich wie es bereits in England, Wales und zum Teil auch in Frankreich der Fall ist. Das Fraunhofer-Institut für Systemtechnik und Innovationsforschung ISI, Karlsruhe, hat nun Handlungsspielräume der Privatisierung für die deutschen Kommunen ausgelotet.

    Noch sind diese vom Wettbewerb so gut wie ausgenommen: Die Abwasserentsorgung in Deutschland ist zu über 90 Prozent öffentlich-rechtlich organisiert. Gleichzeitig gibt es bis zu 7 000 kommunale Ver- und -entsorger. "Eine unzureichende Vorbereitung der Kommunen kann zu ernsthaften Problemen führen", sagt Privatdozent Dr. Rainer Walz, Projektleiter am Fraunhofer ISI. "Aspekte der Gesundheit und des Umweltschutzes dürfen zudem nicht außer Acht gelassen werden". Im Auftrag des Bundesumweltministeriums haben er und sein Team einen ausführlichen Bericht über mögliche Folgen der Privatisierung der kommunalen Wasserver- und -entsorgung erstellt sowie eine hilfreiche Checkliste.

    Ein Beweggrund zur Privatisierung sind die finanziellen Belastungen der Kommunen. Die Wasserversorgung schlug in Deutschland zwischen 1990 und 1998 mit knapp 24 Milliarden Euro zu buche. Auch für die Zukunft besteht erheblicher Investitionsbedarf. Zugleich wirkt sich ein Rückgang der verbrauchten Wassermengen auf die Kostenstruktur aus. Der Verbrauch fiel zwar von täglich durchschnittlich 145 Liter im Jahr 1990 auf 130 Liter rund zehn Jahre später. Da bei sinkendem Verbrauch die Fixkosten für Rohrleitungen und Anlagen aber auf eine geringere Wassermenge umgelegt werden müssen, stiegen die Preise pro Kubikmeter aber. Sie haben sich seit Beginn der 90er Jahre um zum Teil über 40 Prozent erhöht. Die jährliche Belastung liegt derzeit bei etwa 80 Euro pro Person. Der Gebührenanstieg für die Abwasserentsorgung verlief sogar noch steiler. Die Gebühren stiegen seit Anfang der 90er Jahre durchschnittlich um fast 80 Prozent, so dass die jährliche Belastung jetzt bei etwa 120 Euro pro Person liegt.

    Eine weitere Triebfeder zur Privatisierung ist die Liberalisierung der Energie- und Gasmärkte. Viele Wasserversorgungsunternehmen sind mit kommunalen Strom- und Gasanbietern in so genannten Querverbünden zusammengefasst. Gleichzeitig versuchen sich große Versorger als Multi-Utility-Unternehmen zu positionieren. Sie bieten ihren Kunden Strom, Gas, Fernwärme, Telekommunikationsdienste sowie Trinkwasser und Entsorgungsdienste aus einer Hand. Gegenüber diesen schlagkräftigen Unternehmen werden kleine Kommunen zunehmend in ihrer Handlungsfähigkeit eingeengt.

    Die Kommunen haben nun mehrere Möglichkeiten, auf den Veränderungsdruck zu reagieren. Neben einer Modernisierung innerhalb bestehender Strukturen können sie versuchen, privates Kapital für die Investitionen heranzuziehen. Grundsätzlich eignen sich dafür alle Organisationsformen: Aktiengesellschaften ebenso wie GmbHs oder Betreibermodelle. Doch kann die Privatisierung eine Abkopplung der Wasserver- und -entsorgung von den kommunalen Interessen zur Folge haben. "Für die Gemeinden ist es daher wichtig, sich Einflussmöglichkeiten zu sichern", meint Walz. "Es ist ferner darauf zu achten, dass durch die Privatisierung das öffentliche nicht ausschließlich durch ein privates Monopol ersetzt wird. In diesem Fall bestünden kaum Anreize zum effizienten, Ressourcen schonenden Wirtschaften."

    Die kostenlose Broschüre ist zu beziehen beim Bundesumweltministerium, Referat WA I 3, Postfach 12 06 29, 53048 Bonn; Fax: 01888 305 3334; E-Mail: kai.vinken@bmu.bund.de.

    Das Fraunhofer-Institut für Systemtechnik und Innovationsforschung ISI erweitert das naturwissenschaftlich-technisch orientierte Fachspektrum der Fraunhofer-Gesellschaft um wirtschafts- und gesellschaftspolitische Aspekte. Dazu analysiert es technische Entwicklungen sowie deren Marktpotenziale und Auswirkungen auf Wirtschaft, Staat und Gesellschaft. Die interdisziplinär zusammengesetzten Teams des Instituts konzentrieren sich insbesondere auf die Bereiche Energie, Umwelt, Produktion, Kommunikation und Biotechnologie sowie auf die Regionalforschung und Innovationspolitik.


    Weitere Informationen:

    http://www.isi.fhg.de/pr/2002de/pri142002.htm


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Gesellschaft, Meer / Klima, Politik, Recht, Umwelt / Ökologie, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).