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08.11.2002 17:17

Die Expansion des Weltalls

Dr. Marc Dressler Presse, Kommunikation und Marketing
Fachhochschule Aalen

    Vortrag auf Einladung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft an der FH Aalen

    Das faszinierende Lichterfunkeln am Nachthimmel ist ein Jahrtausende altes Schauspiel. Manches Licht, das wir am Firmament wahrnehmen, stammt von einem Stern, der längst verloschen ist und gar nicht mehr existiert. Durch den Umstand, dass das Licht weit entfernter Himmelskörper geraume Zeit benötigt, um sich bis zu uns auszubreiten, ist der Blick in die Nacht unwillkürlich ein Blick in die kosmische Vergangenheit. Während wir die Bewegungen des Pluto nur vier Stunden zeitversetzt beobachten, ist das Licht fernster Galaxien mehrere Milliarden Jahre bis zur Erde unterwegs gewesen. Ihr Licht gibt uns Auskunft über ihren Zustand, wie er zu der Zeit war, zu der die Galaxien ihr Licht ausgesandt hatten. Wie es genau jetzt um die Galaxien beschaffen ist, können wir nicht wissen.

    Weil der Raum als körperlos angenommen wird, darf er sich ohne Verstoß gegen die spezielle Relativitätstheorie mit Überlichtgeschwindigkeit ausbreiten. So jedenfalls muss man sich die Expansion des Weltalls vorstellen, wenn man dem Vortrag Prof. Dr. G. A. Tammanns von der Universität Basel mit gleichnamigem Titel folgte. Denn nur durch eine Ausdehnung des Raumes mit einer Geschwindigkeit größer als Licht kann die universale Symmetrie zwischen den einzelnen sich voneinander entfernenden Galaxien erhalten bleiben. Je weiter Galaxien voneinander entfernt sind, umso schneller entfernen sie sich auch voneinander. Diese 1929 von dem amerikanischen Astronomen Edwin P. Hubble nachgewiesene Gesetzmäßigkeit eines expandierenden Universums legt den Schluss nahe, dass das Universum ursprünglich aus einem extrem dichten und heißen Urknall entstanden ist. Der Urknall stellt physikalisch eine Singularität dar, die weder Zeit noch Raum kennt, und stattdessen durch eine maximale Raum-Zeit-Krümmung gekennzeichnet ist.

    Hubble wies die von ihm entdeckte Gesetzmäßigkeit der Fluchtbewegung von Himmelskörpern mit der Rotverschiebung in deren Lichtspektrum nach. Im Vergleich zum irdischen Spektrum weisen deren Spektren eine Verschiebung in den langwelligen Bereich auf. Diese Verschiebung entspricht einer Lichtausdehnung und resultiert laut Tammann aus der Raumausdehnung. Der Raum nimmt gewissermaßen das Licht mit, so dass es von einem als ruhend angenommenen Bezugspunkt im Wellenlängenbereich gedehnt und damit rotverschoben aussieht.

    Vom Urknall weg expandiert das Weltall mit der von Hubble bestimmten Geschwindigkeit. Dabei wird es nicht von einem Rand begrenzt, sondern von einer Raumkrümmung. Diese Bewegung beschreibt man am plausibelsten damit, dass sich nicht die Galaxien voneinander weg bewegen, sondern damit, dass sich der Raum zwischen den Galaxien ausdehnt. Ab einer bestimmten Größe des Universums vergrößert sich dann die Distanz zwischen zwei Galaxien mit Überlichtgeschwindigkeit, was wiederum einen reizvollen Blick in die eigene kosmische Vergangenheit erlaubt. Theoretisch ließe sich von uns somit beobachten, wie die Erde aus dem Urknall entstanden ist. Nur der Urknall selbst bleibt dem Auge verborgen, weil zu diesem ersten Zeitpunkt des Universums der ursprüngliche Energie-Materie-Komplex derart dicht und opak war, dass von ihm kein Licht nach außen dringen konnte.

    Wie weit man aber rein theoretisch im Zeitalter des Universums zurückblicken müsste, um das Stadium vor dem Urknall beobachten und damit das Alter des Weltalls angeben zu können, lässt sich aus dem "dramatischen", weil polar entgegenwirkenden Wechselspiel zwischen Expansion und Gravitation berechnen. Aus der Ausdehnungsgeschwindigkeit und dem von der trägen Masse bewirkten Abbremsungskoeffizienten ergibt sich eine bis heute 15,7 Milliarden Jahre währende Existenz des Weltalls.

    Und das Weltall wird sich nicht nur weitere Jahre weiter ausdehnen, es legt zu allem Überfluss noch einen Gang zu. Durch eine fortgesetzte beschleunigte Expansion des Universums rücken die beobachtbaren Objekte am Himmel aus unserem Horizont hinaus, weil sie sich irgendwann schneller von uns entfernen, als ihr Licht uns erreichen kann. So leert sich in Äonen der romantisch verklärte Nachthimmel. Sicher ein Grund mehr, ihn nicht als selbstverständlich hinzunehmen und ihn noch viel bewusster wahrzunehmen.


    Bilder

    Prof. Dr. Tammann
    Prof. Dr. Tammann

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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Mathematik, Physik / Astronomie
    regional
    Buntes aus der Wissenschaft
    Deutsch


     

    Prof. Dr. Tammann


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