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18.11.2002 15:09

Mit Mäusen Krankheiten auf der Spur

Dr. Jörg Wadzack Geschäftsstelle des Wiss. Koordinierungskomitees
Deutsches Humangenomprojekt

    Modellorganismen helfen beim Aufklären der molekularen Ursachen von Krankheiten.

    Das Studium von Modellorganismen zur Analyse der Funktionen der Gene ist ein international anerkannter und praktizierter Ansatz. Die Erkenntnisse aus diesen Tiermodellen lassen sich häufig unmittelbar auf den Menschen übertragen.
    Im Rahmen des vom Deutschen Humangenomprojekt (DHGP) geförderten, groß angelegten ENU-Mutagenese Vorhabens suchen die beteiligten Wissenschaftler unter Leitung von Dr. Martin Hrabé de Angelis, GSF - Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit, München sowie Prof. Dr. Eckhard Wolf, Ludwig-Maximilian-Universität München, gezielt nach Mausmutanten mit erblich bedingten Erkrankungen. Diese Modelle ermöglichen es dann, die molekularen Grundlagen der Krankheiten beim Menschen besser zu verstehen.

    Ein beispielhaftes spektakuläres Ergebnis dieses Projekts ist ein Mausmodell mit dem sich ein weit verbreitetes Altersphänomen der progressive Gehörverlust genauer untersuchen lässt. Diese Form der altersbedingten Taubheit, bedingt durch eine zunehmende Degeneration von Haarzellen im Innenohr, wird in der Fachterminologie auch als Presbyacusis bezeichnet.

    Mit der Mausmutante Beethoven (Bth) konnte nun erstmals eine Tiermodell für diese spezielle Form des progressiven Gehörverlusts isoliert werden. Eine winzige Veränderung im Buchstabencode eines Gens der Maus Tmc1, bei dem ein T durch ein A ausgewechselt ist, führt zu einem veränderten Protein durch einen Aminosäureaustausch. Diese Proteinvariante führt bei Beethoven Mäusen erst ab einem Alter von etwa 30 Tagen zu einem zunehmenden Gehörverlust (siehe Abb.). In Zusammenarbeit mit der Universität in Tel Aviv, Israel und dem MRC Institut für Hörforschung in Nottingham, Großbritannien wurden Beethoven Mäuse genauer untersucht. Im Alter von etwa 20 Tagen ließen sich im Innenohr von diesen veränderten Mäusen deutliche Anzeichen einer progressiven Degeneration sowohl von inneren als auch äußeren Haarzellen diagnostizieren. Beethoven Mäuse unterscheiden sich von allen anderen Mausmodellen für Taubheit dadurch, dass ihre Haarzellen offensichtlich völlig normal arbeiten bevor sie beginnen zu degenerieren. Die Beethoven Mutante ermöglicht nun erstmals einen tieferen Einblick in die Faktoren, die für ein langes Überleben von Haarzellen notwendig sind. Beethoven Mäuse können auch dazu beitragen, unser Verständnis der Haarzell-Degeneration bei altersbedingtem progressiven Gehörverlust entscheidend zu verbessern.

    Auch beim Menschen stehen Veränderungen im tcm1 Gen in Verbindung mit altersbedingter Taubheit, wie eine amerikanische Arbeitsgruppe um Andrew Griffith zeigte. Beide Arbeiten wurden in derselben Ausgabe von Nature Genetics publiziert. (Zitat: Nature Genetics 2002, 30, 257-258 und 277-282)

    Seit Beginn des ENU-Mutagenese Vorhabens im DHGP wurden Mäuse auf eine Vielfalt von medizinisch relevanten Parametern untersucht. Dabei konnten bislang bereits 442 neue mutante Mauslinien etabliert werden, darunter mehr als 45 Linien mit rezessivem Phänotyp erklären. Darunter sind beispielsweise auch Mausmodelle für rheumatoide Arthritis und verschiedene neurodegenerative Erkrankungen
    Etablierte Mutanten werden mit einer kurzen Beschreibung des Phänotyps im Internet veröffentlicht (http://www.gsf.de/ieg/groups/enu/mutants/index.html) und anderen Forschungsinstituten sowie Industrieunternehmen zur Verfügung gestellt. Ein Großteil der Mutanten wurde kartiert und deren ursächliche Mutation molekular charakterisiert.


    Weitere Informationen:

    http://www.gsf.de/ieg/groups/enu/mutants/index.html
    http://www.dhgp.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Chemie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Informationstechnik, Medizin
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsprojekte, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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