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19.11.2002 12:19

Demokratische Macht als Kultur der Mäßigung.

Dr. Klauspeter Strohm Akademische Angelegenheiten, Weiterbildung
Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer

    Semestereröffnungsvortrag von Univ.-Prof. Dr. Paul Kirchhof an der DHV Speyer

    Zur feierlichen Semestereröffnung hatte die DHV Speyer am 19. November 2002 in die Aula geladen und 500 zum Teil sehr hochrangige Gäste waren der Einladung gefolgt. Im Mittelpunkt des Abends stand ein Festvortrag des Heidelberger Univ.-Professors Dr. Paul Kirchhof. Kirchhof, ehemals Richter am 2. Senat des Bundesverfassungsgerichts, gelang es, sein Auditorium mit seinen zum Teil recht kritischen Ausführungen zur "Reformfähigkeit des Staates durch Freiheit und Parlamentarismus" zu begeistern.

    Provokant beleuchtete er vor dem Hintergrund der Ereignisse des 11. September 2001, der Wirtschafts- und Arbeitsmarktkrise und der jüngsten rot-grünen Koalitionsvereinbarungen die Frage, ob wir dem Parlament überhaupt noch Sachverstand für die Lösung von Problemen zutrauen und welche Konsequenzen sich daraus für die Demokratie ergeben.

    Exemplarisch legte Kirchhof ausgehend von der Globalisierungsproblematik dar, dass aus der Entgrenzung des Denkens, des Raumes und des Kapitalverkehrs letztendlich die Gefahr eines Verlustes der grundlegenden Wertegemeinschaft drohe. Daraus wiederum erwüchsen weitere Gefahren für die Leistungsfähigkeit und damit für die Finanzierungs- und Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft.

    Eingehend ging Kirchhof auf die notwendigen Grenzen der Freiheit in einer sich entgrenzenden Gesellschaft ein und plädierte nachdrücklich für eine Rückbesinnung auf traditionelle Werte sowie für die Stärkung der Familie als Keimzelle der Gesellschaft von morgen. Insbesondere forderte er die stärkere Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten bei Rentenansprüchen und bei der Wiedereingliederung erziehender Väter oder Mütter in den Arbeitsmarkt. "Die Familie trägt als Produzent der Steuer- und Beitragszahler von morgen am meisten zum Erhalt des Staates und der Gesellschaft bei, findet aber keine dieser entscheidenden Funktion entsprechende Beachtung", so Kirchhof. Statt dessen sei der Sozialstaat durch ein Übermaß an staatlichem Dirigismus und eine Überproduktion von Normen in eine bedrohliche Schieflage geraten, die zu immer neuen und langfristig schädlichen Steuer- und Beitragserhöhungen führe.

    Kirchhof stellte als derzeitiger Direktor des Heidelberger Instituts für Finanz- und Steuerrecht fest, dass selbst niemand im Finanzministerium wisse, wie viele steuer- und abgabenbegründende Gesetze im Augenblick überhaupt gültig seien. Die aus dieser Überregulierung entstehenden internationalen Wettbewerbsnachteile würden insbesondere das Klein- und mittelständische Gewerbe bedrohen, da sich diese nicht wie Großunternehmen durch Umverteilung oder Globalisierung dieser Misere entziehen könnten.

    Abschließend forderte Kirchhof eine Rückbesinnung der Politik auf den Grundsatz der demokratischen Macht als Kultur der Mäßigung.

    Das Publikum dankte Kirchhof seinen eloquenten und fesselnden Vortrag mit ungewöhnlich langem Applaus. Bei dem anschließenden Empfang der Hochschule ergab sich dann noch so manche Gelegenheit für interessante Fragen und Gespräche.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Gesellschaft, Politik, Recht
    regional
    Buntes aus der Wissenschaft
    Deutsch


     

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