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19.11.2002 17:24

Neue Behandlungswege bei Schizophrenie

Rüdiger Labahn Informations- und Pressestelle
Universität zu Lübeck

    Symposium zur kognitiv-behavioralen Therapie psychotischer Störungen

    Weltweit erkankt etwa einer von hundert Menschen im Laufe seines Lebens an einer Schizophrenie, dies sind in Deutschland jährlich 15.000 Menschen. Die Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Lübeck (Direktor Prof. Dr. Fritz Hohagen) veranstaltet am Sonnabend, dem 23. November 2002, ein international besetztes Symposium mit Workshop zur kognitiv-behavioralen Therapie bei psychotischen Störungen. Das Symposium, zu dem Interessierte herzlich eingeladen sind, findet in der Reihe der Lübecker Psychotherapietagungen statt (9 - 17 Uhr, Haus 34).
    Bei der kognitiv-behavioralen Therapie geht es darum, insbesondere mit Patienten, bei denen in chronischer Weise Symptome wie Wahn und Halluzinationen bestehen, eine alternative Interpretation der Symptome zu erarbeiten. Patienten sollen zum Beispiel erlernen, Zeichen, die sie sonst als Beweis für Verfolgungserleben interpretierten ("mein Nachbar guckt immer so komisch, wenn ich vorbeigehe"), neu zu deuten. Darüber hinaus werden Wege vermittelt, mit Stresssituationen anders umzugehen, um psychotische Symptome zu reduzieren.
    Hierzu berichten auf dem Lübecker Symposium Dr. Annette Schaub (München) und Dr. Nicolas Tarrier (Manchester) über die von ihnen entwickelten Therapiekonzepte. Neben den Vorträgen ist in Workshops Gelegenheit, Hinweise und Anregungen für die praktische Arbeit zu bekommen. Auch soll das Symposium dafür genutzt werden, die Therapiekonzepte für psychotische Patienten an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität zu Lübeck vorzustellen.
    Die Schizophrenie gehört zu einer Gruppe psychischer Erkrankungen, die zu tiefgreifenden Veränderungen der Wahrnehmung, des Denkens, Verhaltens und Gefühlserlebens führen. Bei der Ursache der Schizophrenie geht man heute von einer biologischen Vulnerabilität (Verletzlichkeit / Anfälligkeit) aus, die durch unterschiedliche Faktoren bedingt wird wie eine genetische Veranlagung, Infektionserkrankungen in der Schwangerschaft oder Geburtskomplikationen. Von entscheidender Bedeutung ist vermutlich eine Neurotransmitterstörung im Gehirn. Neurotransmitter sind chemische Botenstoffe, die Nervensignale im Gehirn weiterleiten. Viele Befunde deuten auf eine Überproduktion bzw. Überaktivität des Botenstoffs Dopamin hin. Eine akute Krankheitsepisode entwickelt sich häufig in einer belastenden Lebenssituation.
    Vincent van Gogh, Isaac Newton, August Strindberg, Friedrich Hölderlin, Nobelpreisträgers John F. Nash ("A beautiful mind") haben herausragende Werke geschaffen und litten mit großer Wahrscheinlichkeit an Schizophrenie - ein Beispiel dafür, dass Symptome der Schizophrenie mit hoher künstlerischer oder intellektueller Begabung einhergehen können. Dennoch assoziieren viele Menschen auch heute noch Schizophrenie mit Schwachsinn oder fortschreitendem geistigen Verfall.
    Erklärtes Ziel der Therapie schizophrener Psychosen ist die Optimierung der Lebensqualität. Ein Grundpfeiler der Behandlung schizophrener Erkrankungen ist daher die medikamentöse Therapie, die das gestörte Transmittergleichgewicht im Gehirn normalisieren soll. Die Medikamente können die Erkrankung zwar nicht heilen, aber die Symptome wie Erregung, Wahn oder Denkstörungen unterdrücken und damit dem Patienten helfen, wieder einen Bezug zur Realität herzustellen. Darüber hinaus verringern sie vor allem die Gefahr von Rückfällen.
    In der klinischen Praxis ist weniger bekannt, dass psychotische Störungen auch psychotherapeutisch erfolgreich behandelt werden können, so dass der Psychotherapie ein wichtiger Stellenwert im Gesamtbehandlungsplan zukommt. Ziel ist es, Strategien zu vermitteln, die Krankheit besser in den Griff zu bekommen, den Alltags besser zu bewältigen und bei Belastungen und in Krisensituationen richtig zu reagieren. Darüber hinaus sollen soziale Isolation und krankheitsbedingte Brüche in der persönlichen Entwicklung des Patienten vermieden bzw. so gering wie möglich gehalten werden.
    An der Universität Lübeck beschäftigt sich seit einigen Jahren die Arbeitsgruppe um Dr. Rebekka Lencer nicht nur mit biologischen Faktoren bei schizophrenen Patienten und deren Angehörigen wie der Veränderungen der Gehirnaktivität und Netzwerke von Nervenzellen im Gehirn, wodurch Rückschlüsse auf genetische Zusammenhänge gezogen werden können, und den möglicherweise genetisch bedingten Ursachen von Medikamentennebenwirkungen. Für die psychotherapeutische Arbeit mit schizophrenen Patienten wurde ein Gruppenangebot erstellt, in dem - geleitet von den Bedürfnissen und Fragen der Patienten - Information und Training im Umgang mit den Symptomen der Erkrankung erfolgen. Ziel ist es, die Betroffenen zu Experten ihrer Erkrankung zu machen.


    Weitere Informationen:

    http://www.psychiatry.uni-luebeck.de/veranst/psth_4.htm


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin, Psychologie
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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