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20.11.2002 12:55

Versicherungsprodukte mathematisch modelliert

Peter Pietschmann Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Universität Ulm

    Versicherungsprodukte mathematisch modelliert
    SCOR-Preis für Aktuarwissenschaften 2002

    Wie schon in den Vorjahren hat SCOR DEUTSCHLAND auch 2002 drei Preise (im Gesamtwert von 12.000 Euro) für hervorragende Arbeiten zur Förderung des aktuarwissenschaftlichen Nachwuchses im deutschsprachigen Raum gestiftet. SCOR DEUTSCHLAND ist eine Tochtergesellschaft des französischen Rückversicherungskonzerns SCOR, eines der weltweit führenden Unternehmen der Branche. In Zusammenarbeit mit der Universität Ulm werden Arbeiten prämiiert, die sich mit Themen der Produkt- und Tarifentwicklung in der Personenversicherung und der Sachversicherung beschäftigen.

    Den 1. Preis erhält Johanna Gaier von der Universität Wien für ihre Arbeit über "Asymptotische Ruinwahrscheinlichkeiten und optimale Investmentstrategien für einen Versicherer". Gaier hat untersucht, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Versicherungsunternehmen langfristig insolvent werden kann. Während die bisherigen Modelle hierfür die Schäden recht genau berücksichtigen, wurden die Ergebnisse der Kapitalanlage üblicherweise nur durch einen festen Zinssatz beschrieben. Daß dies angesichts der Turbulenzen an den Börsen nicht mehr angemessen ist, liegt auf der Hand. Deswegen bezieht Gaier in ihrem Modell nunmehr auch den Aktienmarkt mit ein, und es gelingt ihr, auch für diesen deutlich allgemeineren Fall Ergebnisse für die Wahrscheinlichkeit zu gewinnen, mit der ein Versicherer insolvent wird. Die in der Arbeit verwendeten Techniken sind mathematisch sehr anspruchsvoll, weswegen die Jury ihr den 1. Preis zugesprochen hat.

    Die beiden weiteren Preise gehen an Absolventen der Universität Ulm. Den 2. Preis erhält Dipl.-Math. Tobias Dillmann für seine Untersuchungen über "Implizite Optionen in Lebensversicherungsverträgen". Hierbei handelt es sich um Wahlrechte für den Versicherungsnehmer, wie sie heute in beinahe jedem Lebensversicherungsvertrag enthalten sind. So kann der Kunde bei einer Rentenversicherung zum Beispiel am Ende der Ansparphase wählen, ob er vom Unternehmen eine lebenslange Rente oder das angesparte Kapital auf einmal ausgezahlt erhält (Kapitalwahlrecht). Diese Entscheidung beeinflußt natürlich die Geldflüsse des Unternehmens. Bisher werden solche Wahlrechte bei der Kalkulation von Versicherungsprodukten außer acht gelassen. Daß dies gefährlich sein kann, zeigte in den letzten Jahren der Fall der Equitable Life in Großbritannien, die aufgrund derartiger Optionen unter einen solchen Druck geriet, daß sie ihr Neugeschäft vollständig einstellen mußte.

    In seiner Arbeit gibt Tobias Dillmann erstmalig ein umfassendes Modell an, mit dem für eine große Zahl derartiger Wahlrechte der jeweilige Wert berechnet werden kann. Er verwendet dafür sehr anspruchsvolle Modelle der modernen Finanzmathematik und zeigt anhand von Computersimulationen, daß die Wahlrechte teilweise einen erheblichen Wert repräsentieren können. Damit hat er zu einem hochaktuellen Gebiet einen grundlegenden Beitrag geliefert, der auf die Arbeit der Lebensversicherer erhebliche Auswirkungen haben wird.

    Den 3. Preis erhält Dipl.-Wirtsch.-Math. Jan-Christian Rosemeyer. In seiner Arbeit hat er ein neues Modell zur "Erdbebenrisikoeinschätzung in der Praxis (am Beispiel japanischer Industrierisiken)" entwickelt. Nicht erst seit dem verheerenden Erdbeben von Kobe ist klar, daß derartige Naturkatastrophen gravierende finanzielle Auswirkungen insbesondere auf die Versicherungsbranche und hier in erster Linie auf die Rückversicherer haben, die einen großen Teil dieser Risiken übernehmen. Japan mit seinen erdbebenaktiven Gebieten und zugleich einer hohen Dichte an Wirtschaftsstandorten stellt insoweit einen Risikoschwerpunkt dar. Da die Rückversicherer üblicherweise Teile der Risiken vieler Industrieanlagen versichern, ist es für sie besonders wichtig, das Gefährdungspotential abzuschätzen, das sich durch Erdstöße im Hinblick auf die Gesamtheit der von ihnen übernommenen Risiken in einer Region ergibt. Hierbei spielen neben der Lage und Stärke der Beben auch die Wahrscheinlichkeit für die Häufigkeit derartiger Ereignisse und die Einschätzung des Schadenpotentials für die einzelnen versicherten Objekte eine Rolle. Jan-Christian Rosemeyer entwickelt zum ersten Mal ein umfassendes Modell, das alle diese Aspekte berücksichtigt.

    Insgesamt wurden 13 Arbeiten für den diesjährigen SCOR-Preis eingereicht, die durchgängig ein hohes Niveau aufweisen und damit ein vorteilhaftes Bild von der Situation der Aktuarwissenschaften im deutschsprachigen Raum zeichnen. Die Preisverleihung findet in Anwesenheit der Führungsspitze von SCOR DEUTSCHLAND und des weltweiten Konzernvorstandes sowie weiterer namhafter Vertreter der Versicherungsbranche am 22. November 2002, 14.00 Uhr in der Universität Ulm, Villa Eberhardt, Heidenheimer Straße 80, 89075 Ulm, statt.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Mathematik, Physik / Astronomie, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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