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20.11.2002 16:38

Wissenschaftler aus Kaiserslautern und Tübingen bei Medizintechnik-Innovationswettbewerb erfolgreich

Thomas Jung Universitätskommunikation
Technische Universität Kaiserslautern

    Blutgruppen und Antikörper auch im Notfall schnell und sicher nachweisen. Professorin Christiane Ziegler, Universität Kaiserslautern, und Professor Hinnak Northoff, Universitätsklinik Tübingen, präsentieren erfolgreiches Projekt beim Medizintechnik-Innovationswettbewerb 2002.

    Einen elektronischen Sensor zur raschen Blutgruppenbestimmung entwickelt eine Forschergruppe, in der Physiker aus Kaiserslautern und Mediziner aus Tübingen eng kooperieren. Mit dieser Idee gehören die Wissenschaftler zu den diesjährigen Preisträgern des Innovationswettbewerbs zur Förderung der Medizintechnik des Bundesministeriums für Bildung und Forschung.

    Herzstück des Sensors ist ein beschichteter Schwingquarz, der sowohl Blutgruppen als auch Antikörper gegen Bakterien oder Viren im Blut nachweisen kann. Ziel ist es ein kompaktes Gerät zu entwickeln, das insbesondere in der Notfallmedizin aber auch beim Hausarzt zum Einsatz kommen soll. Denn die Blutgruppenbestimmung samt Rhesusfaktor, Untergruppen und serologischer Besonderheiten ist heute immer noch Speziallabors vorbehalten und dauert im Notfall einfach zu lange.

    Die heutige Elektronik ist ohne eine präzise Takterzeugung nicht mehr denkbar - dies betrifft Schaltungen in einer Waschmaschine ebenso wie in Uhren, Garagentoröffnern, dem ABS im Auto, Telefonen, Stereoanlagen, Herzschrittmachern, Computern und vielem mehr. Schwingquarze sorgen in all diesen Geräten und Alltagsgegenständen für den richtigen Takt. Sie schwingen mit Hilfe einer geringen Stromversorgung, zum Beispiel einer Uhrknopfzelle, jahrelang zuverlässig und mit absolut regelmäßiger Frequenz. Schwingquarze sind heute ein Massenprodukt und damit ein kostengünstiges Bauteil.

    Diese Zuverlässigkeit und Präzision der Schwingquarze nutzt das Forscherteam von Professorin Christiane Ziegler, Universität Kaiserslautern, und Professor Hinnak Northoff, Universitätsklinik Tübingen, aus. Beschwert man einen Schwingquarz beispielsweise mit einem biologischen Substrat - ändert sich seine Frequenz. Je mehr Masse am Schwingquarz anlagert, desto langsamer ist seine Schwingung. Genau dieser Effekt ist messbar, so dass Schwingquarze auch als Mikrowaagen fungieren und als Sensoren dienen.

    Zur Blutgruppenbestimmung binden die Forscher mit Hilfe einer biologischen Klebeschicht spezielle Antikörper an die Oberfläche des Quarzes. Bindet man zum Beispiel Antikörper gegen die Blutgruppe A an den Sensor und gibt nun eine Blutprobe der Blutgruppe A hinzu, docken die roten Blutkörperchen der Probe nach dem Schlüssel-Schlossprinzip am Antikörper fest an. Da die Antikörper wiederum am Schwingquarz kleben, bewirkt die Masse der "eingefangenen" Blutkörperchen eine Massenverschiebung auf der Oberfläche des Quarzes. "Dies wiederum führt zu einer deutlichen Frequenzerniedrigung, die wir messen können", erklärt Christiane Ziegler, Leiterin des Projekts an der Universität Kaiserslautern. "Der Quarz schwingt langsamer - er wird durch das Gewicht quasi träger. Zur Bestimmung der Blutgruppe wird genau dieser Effekt ausgenutzt. In Vorversuchen konnten wir zeigen, dass unsere, mit entsprechenden Antikörpern beschichteten, Schwingquarze die Blutgruppen A, B und Null sowie den Rhesusfaktor aus einem Millionstel Liter Blut einfach, schnell und sicher erkennen", bestätigt die Wissenschaftlerin die bisherigen Erfolge.

    Ziel der nun beginnenden Arbeiten ist es, das System soweit zu verfeinern, dass weitere wichtige Eigenschaften des Blutes gemessen werden können. Beispielsweise gehört der so genannte "Antikörper-Such-Test" bei heutigen Blutgruppenbestimmungen zur Routine - und muss daher auch im neuen Sensorsystem etabliert werden. Dieser Test weist spezielle Antikörper nach, die im Blut vieler Menschen zirkulieren. Die Antikörper richten sich hierbei gezielt gegen fremde rote Blutkörperchen und lassen sie verklumpen. Dies führt bei Transfusionen - trotz übereinstimmender Blutgruppe - zu schweren Komplikationen. Daher gilt es diese Antikörper exakt zu erkennen, um das optimale Spenderblut zu finden.

    Professor Hinnak Northoff ist zuversichtlich: "Wenn es uns gelingt, diese speziellen Antikörper im Blut nachzuweisen, kann unsere Technik auch auf andere Fragen der Blutanalytik ausgeweitet werden. Dadurch wäre zum Beispiel der direkte Nachweis von Antikörpern gegen Viren und Bakterien im Blutserum möglich. Gleichzeitig gelingt es uns mit dem System auch in kleinen Probenmengen - von nur wenigen Tropfen - Blutbestandteile voneinander zu trennen. Dies macht herkömmliche Trennschritte per Zentrifuge überflüssig."

    Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Christiane Ziegler, Frank Gehring, Technische Physik, Universität Kaiserslautern, Erwin-Schrödinger-Str. 56, 67663 Kaiserslautern, Tel.: 0631-205 2855, Fax: 0631-205 2854, e-mail: cz@physik.uni-kl.de

    Prof. Dr. Hinnak Northoff, Dr. Christof Weinstock, Universitätsklinik Tübingen, Transfusionsmedizin mit Blutbank, Otfried-Müller-Str. 4/1, 72076 Tübingen, Tel.: 07071-298 1601, Fax: 07071-295 240, e-mail: hinnak.northoff@med.uni-tuebingen.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Mathematik, Medizin, Physik / Astronomie
    überregional
    Forschungsprojekte, Personalia
    Deutsch


     

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